Salvini erlebt Debakel
Was die überraschend hohe Wahlniederlage für Italien bedeutet
Rom Matteo Salvini ist der lange Schatten der italienischen Politik. Im August kündigte der Chef der rechtsnationalen Lega das Regierungsbündnis in Rom mit der FünfSterne-Bewegung auf, weil er auf Neuwahlen spekulierte. Die kamen nicht. Stattdessen verbündeten sich die Sterne mit den Sozialdemokraten. Nun, bei den Regionalwahlen in der Emilia-Romagna und in Kalabrien, sollte der nächste Versuch folgen. Die politische Eroberung der früheren Hochburg der Linken in der Emilia-Romagna wollte der ehemalige Innenminister Salvini als Plebiszit über sich selbst verstanden wissen. Würden die Italiener ihm nun „die ganze Macht“anvertrauen, wie er gefordert hatte?
Nein, sie taten es nicht. In der Emilia-Romagna siegte Stefano Bonaccini, der Kandidat der Sozialdemokraten. Er setzte sich mit 51,4 Prozent der Stimmen gegen die Kandidatin der Lega, Lucia Borgonzoni durch, die mit ihrem Wahlbündnis 43,6 Prozent der Stimmen erreichte. Im politisch weniger beachteten Kalabrien hingegen gewann die Kandidatin des MitteRechts-Bündnisses Jole Santelli von der Berlusconi-Partei Forza Italia.
Salvinis Kalkül war, im Windschatten eines Erfolges in der traditionell linken Region Emilia-Romagna nun endlich das zu bekommen, was er schon seit Sommer anstrebt: Neuwahlen im ganzen Land. Daraus wird nun erst einmal nichts. Ob die amtierende Regierung das
Ende der Legislaturperiode im Jahr 2023 erreicht, steht auf einem anderen Blatt. Die sozialdemokratische PD kam in der Emilia-Romagna auf knapp 35 Prozent. Solche Werte fuhren die Sozialdemokraten seit Jahren nicht mehr ein. Aber es handelte sich eben auch um eine Region mit starker linker Tradition.
Salvini scheitert bisher daran, das seither bei den Wählern hinzugewonnene Kapital in bare Münze umzuwandeln. Doch die von ihm ausgehende Gefahr ist allerdings noch lange nicht gebannt. Die 32 Prozent, die die Lega in der EmiliaRomagna erzielte, sind ein klarer Hinweis: National gesehen handelt es sich bei der Salvini-Partei, die längst ihren Beinamen „Nord“abgelegt hat, weiterhin um die schlagkräftigste politische Kraft im Land.
Ihre Gegner können sich glücklich schätzen, dass es auch in Kürze wohl nicht zu Parlamentswahlen in Italien kommen wird. Für diesen Fall würde Salvini mit seinen Koalitionspartnern einen klaren Sieg einfahren. Diese Angst vor einem Erfolg des Lega-Chefs ist der stärkste Kitt der amtierenden Linksregierung in Rom. Die Kraft der Lega speist sich aus einer ideologischen Allianz gegen Schwache, insbesondere Flüchtlinge. Der zweite Faktor ist die Ungeduld, mit der die Italiener die unbefriedigenden Verhältnisse im Land beseitigt wissen wollen. Salvini bleibt damit trotz seiner Niederlage das gefährliche, aber für viele Italiener weiterhin attraktive politische Angebot. Seinen Schatten wird Italien so schnell nicht los.