So vermeiden Sie Einkaufsfallen
Ernährung Wer gesund essen möchte, muss schon im Supermarkt aufpassen, was er in den Wagen legt. Ein Streifzug durch die Regalreihen mit einer Ernährungsexpertin. Sie zeigt, worauf Verbraucher achten müssen
Augsburg Jeder Supermarkt ist in etwa gleich aufgebaut. Am Eingang stehen Obst und Gemüse, in der Nähe der Kassen die Tiefkühlwaren, dazwischen reihen sich Mehl, Kaffee und Nudeln. Wer einen Supermarkt betritt, weiß, wo die Produkte stehen, die er sucht und er greift zu dem, was er schon immer gekauft hat. Aus Gewohnheit. Nur was, wenn die Gewohnheiten ungesund waren, und der Kunde das ändern möchte? Wie kauft er dann ein? Und wo lauern Fallen?
Das sind die richtigen Fragen für Daniela Krehl. Sie ist Ernährungsberaterin und arbeitet für die Verbraucherzentrale Bayern. Wer mit ihr durch die Supermarktregalreihen streift, bemerkt schnell: Der Kunde muss genau hingucken.
Kaum betritt Krehl den Supermarkt, bleibt sie schon stehen. Fast direkt nach der Glas-Schiebetür hat sie die erste Ernährungsfalle entdeckt. Ein Kühlregal voller Smoothies. Krehl greift sich gezielt zwei grüne Flaschen aus dem Kühlschrank und sagt: „Das ist doch schon gleich ein gutes Beispiel für mehr Schein als Sein.“Grüne Smoothies gelten als besonders gesund. Wer sie herstellt, zerkleinert im Mixer Obst und Beeren und fügt noch grüne Zutaten hinzu: Grünkohl, Gurke, Feldsalat oder Spinat. Anders bei den gemixten Fruchtgetränken, warnt Krehl. Warum? „Zum einen werden für die Smoothies meist nicht die ganzen Früchte verarbeitet – also mit Schale. Es wird Saft genommen“, sagt sie. Doch unter der Schale stecken die Vitamine und Nährstoffe. Nimmt man nur Saft, fällt dieser positive Effekt weg. Und zum anderen? Die grüne Farbe ist oft genau das: Farbe. „Wer auf die Zutatenliste guckt, sieht schnell, Spinat oder Grünkohl ist nur ganz wenig drin.“Ihr Fazit: „Die Smoothies kommen gesund daher, sind es aber nicht wirklich.“Zudem bemängelt sie den hohen Zuckergehalt. 41 Gramm Zucker sind in einer Flasche drin. Umgerechnet in Zuckerwürfel wären das zwölf Stück. Zum Vergleich: „In einem Liter Cola stecken 35 Würfel Zucker“, sagt Krehl, schüttelt den Kopf und stellt die Flasche zurück ins Kühlregal.
Weiter geht es den Gang hinunter. Vorbei an Äpfeln, Orangen, Bananen, Lauch, Roter Bete und Kohl. „Beim Obst und Gemüse kann ich nur sagen: Bitte reichlich zugreifen“, kommentiert die Ernährungsexpertin. Nächster Stopp ist ein schräges, halb hohes Regal, darauf geflochtene Körbe voller Brot. Die Laibe sind zum Teil schon geschnitten. Auf der Rinde kleben Haferflocken, Leinsamen und Sonnenblu
Die Expertin hebt die Packungen mit skeptischem Blick hoch und sagt: „Immer wenn Fantasienamen auf der Verpackung stehen wie Fitnessbrot, Vitalbrot, Wellnessbrot oder Joggingbrot, dann weiß man schon: Da wird etwas vorgegaukelt.“Vollkornbrot sei das nicht. Dann dreht sie die Verpackung um und wirft eine Blick auf die Zutatenliste. Ihr Verdacht wird bestätigt. Das Brot sieht zwar körnerhaltig und schön vollkornbraun aus. Doch es wurde nur normales – also weißes – Weizenmehl verarbeitet. Und die braune Farbe? Die kommt von anderen Zutaten, zum Beispiel Maltodextrin. „Der Verbraucher ist ja nicht dumm, er hat gelernt: Dunkles Brot mit Körnern ist gesünder als weißes. Aber Vorsicht, das ist oft eine Illusion“, sagt Krehl. Echtes Vollkornbrot sei darungen gegen eher gräulich. Zum Beweis zieht die Verbraucherschützerin eine Packung Vollkorn-Toast aus dem Regal und hält ihn neben das vermeintliche Vollkornbrot. „So“, sagt sie, „sieht Vollkornmehl aus.“
Schon setzt sie ihren Rundgang fort, die Fleisch- und Käsetheke lässt sie links liegen. Genauso das Regal mit den Bioprodukten und die Kühltheke mit Butter, Käseaufschnitt und Fertig-Tortellini. Stattdessen stoppt sie am Frühstücksregal. Dort reihen sich Müslis an Porridge und Cornflakes. Grundsätzlich, sagt die Ernährungsexpertin, sei es eine gute Idee, Müsli zu frühstücken. Haferflocken seien nährstoffreich, Nüsse genauso. Wer sein Müsli mit Milch oder Joghurt mischt, tut sich ebenfalls etwas Gutes: „Eiweiß macht besonders lange satt“, sagt Krehl. Bei ihren Ausfühmenkerne. schwingt das Aber schon mit. Ein bisschen ist ihr anzumerken, dass sie Spaß daran hat, immer neue kleine Tricksereien aufzudecken. Diesmal hat sie eine Packung Porridge im Visier. Geschmacksrichtung Apfel-Zimt. Krehl nimmt sie aus dem Regal und dreht das kleine Tütchen um.
In einem Päckchen sind 58 Gramm Porridge-Pulver enthalten. Früher hätte man dazu Haferschleim gesagt, stichelt Krehl. Der Preis: 89 Cent. Ganz unten im Regal steht eine Packung Bio-Haferflocken – 500 Gramm kosten 99 Cent. „Das muss man mal auf den Kilopreis hochrechnen“, sagt Krehl. Das Kilo Porridge kostet 15,30 Euro. Das Kilo Haferflocken 1,98 Euro. „Und Haferflocken wären nicht nur die günstigere, sondern auch die gesündere Wahl.“
Die meisten Fertigprodukte enthalten nach Ansicht von Krehl zu viel Zucker. Auch wenn sie mit dem Gegenteil werben, sagt Krehl.
Mit diesem Satz greift die Expertin zu zwei Müslipackungen. Beide sind von der gleichen Marke. Das eine wirbt damit, dass es 30 Prozent weniger Zucker enthalte. „Dabei ist es wichtig zu wissen, auf der Packung darf erst damit geworben werden, dass der Zuckergehalt gesenkt wurde, wenn das Produkt mindestens 30 Prozent weniger Zucker enthält als ein Vergleichsprodukt“, sagt sie. Welches Produkt zum Vergleich herangezogen wird, ist egal. Und noch eine Falle lauert: Nur weil auf einer Verpackung „weniger Zucker“steht, heißt das nicht zwangsläufig, dass das Müsli auch weniger Kalorien hat. Krehl liest von der Packung ab: „100 Gramm des normalen Schokomüslis haben 416 Kalorien, bei dem Müsli mit weniger Zucker sind es 406 Kalorien. Das sind zwei Tictacs.“Wie kann das sein? „Die Hersteller müssen nur Einfach- und Zweifachzucker als Zucker ausweisen. Mehrfachzucker aber nicht“, erklärt die Ernährungsexpertin. Also ersetzen sie diese Zucker durch jene und rechnen ihre Produkte schön.
Nach dieser Abrechnung ist Krehl noch lange nicht fertig. Sie macht gleich beim Joghurt weiter. Viele fertige Fruchtjoghurts enthielten relativ viel Zucker, prangert die Ernährungsexpertin an. „Wobei die Hersteller sich da schon ziemlich bewegt und den Zuckergehalt gesenkt haben“, sagt Krehl. Sie empfiehlt dennoch, lieber einen Naturjoghurt zu kaufen und den mit einem Löffel Marmelade oder frischen Früchten zu mischen.
In der Regalreihe mit den Nudeln lautet ihr Urteil: Lieber Vollkornprodukte kaufen. „Die schmecken auch gar nicht mehr so sehr nach Vollkorn“, sagt sie und lacht. Zum Mehl sagt sie: „Je höher die TypeBezeichnung, desto mehr Mineralstoffe sind noch im Mehl enthalten.“
Ganz am Ende stoppt Krehl bei den Süßigkeiten, Chips, Salzstangen und anderen Knabbereien. Alles schlimm? Geht eigentlich. Sie findet ein paar Chipstüten, die gar nicht so schlecht abschneiden wie gedacht. Und auch zu den angebotenen Nüssen findet Krehl lobende Worte: „Wer etwas snacken möchte, dem empfehle ich, Nüsse zu kaufen. Aber nicht die ganze Packung beim Fernsehen essen“, sagt Krehl. Nüsse seien gut, weil sie gesunde Fette enthalten. Aber Fette ist das Stichwort: „Sie sind auch hochkalorisch.“Also nicht zu viele auf einmal essen. Und sogar an den gesalzenen Nüssen im Regal ist nicht zu viel Salz. Bei Chips oder Salzstangen sei das eher ein Problem, sagt Krehl.