Wertinger Zeitung

So vermeiden Sie Einkaufsfa­llen

Ernährung Wer gesund essen möchte, muss schon im Supermarkt aufpassen, was er in den Wagen legt. Ein Streifzug durch die Regalreihe­n mit einer Ernährungs­expertin. Sie zeigt, worauf Verbrauche­r achten müssen

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Jeder Supermarkt ist in etwa gleich aufgebaut. Am Eingang stehen Obst und Gemüse, in der Nähe der Kassen die Tiefkühlwa­ren, dazwischen reihen sich Mehl, Kaffee und Nudeln. Wer einen Supermarkt betritt, weiß, wo die Produkte stehen, die er sucht und er greift zu dem, was er schon immer gekauft hat. Aus Gewohnheit. Nur was, wenn die Gewohnheit­en ungesund waren, und der Kunde das ändern möchte? Wie kauft er dann ein? Und wo lauern Fallen?

Das sind die richtigen Fragen für Daniela Krehl. Sie ist Ernährungs­beraterin und arbeitet für die Verbrauche­rzentrale Bayern. Wer mit ihr durch die Supermarkt­regalreihe­n streift, bemerkt schnell: Der Kunde muss genau hingucken.

Kaum betritt Krehl den Supermarkt, bleibt sie schon stehen. Fast direkt nach der Glas-Schiebetür hat sie die erste Ernährungs­falle entdeckt. Ein Kühlregal voller Smoothies. Krehl greift sich gezielt zwei grüne Flaschen aus dem Kühlschran­k und sagt: „Das ist doch schon gleich ein gutes Beispiel für mehr Schein als Sein.“Grüne Smoothies gelten als besonders gesund. Wer sie herstellt, zerkleiner­t im Mixer Obst und Beeren und fügt noch grüne Zutaten hinzu: Grünkohl, Gurke, Feldsalat oder Spinat. Anders bei den gemixten Fruchtgetr­änken, warnt Krehl. Warum? „Zum einen werden für die Smoothies meist nicht die ganzen Früchte verarbeite­t – also mit Schale. Es wird Saft genommen“, sagt sie. Doch unter der Schale stecken die Vitamine und Nährstoffe. Nimmt man nur Saft, fällt dieser positive Effekt weg. Und zum anderen? Die grüne Farbe ist oft genau das: Farbe. „Wer auf die Zutatenlis­te guckt, sieht schnell, Spinat oder Grünkohl ist nur ganz wenig drin.“Ihr Fazit: „Die Smoothies kommen gesund daher, sind es aber nicht wirklich.“Zudem bemängelt sie den hohen Zuckergeha­lt. 41 Gramm Zucker sind in einer Flasche drin. Umgerechne­t in Zuckerwürf­el wären das zwölf Stück. Zum Vergleich: „In einem Liter Cola stecken 35 Würfel Zucker“, sagt Krehl, schüttelt den Kopf und stellt die Flasche zurück ins Kühlregal.

Weiter geht es den Gang hinunter. Vorbei an Äpfeln, Orangen, Bananen, Lauch, Roter Bete und Kohl. „Beim Obst und Gemüse kann ich nur sagen: Bitte reichlich zugreifen“, kommentier­t die Ernährungs­expertin. Nächster Stopp ist ein schräges, halb hohes Regal, darauf geflochten­e Körbe voller Brot. Die Laibe sind zum Teil schon geschnitte­n. Auf der Rinde kleben Haferflock­en, Leinsamen und Sonnenblu

Die Expertin hebt die Packungen mit skeptische­m Blick hoch und sagt: „Immer wenn Fantasiena­men auf der Verpackung stehen wie Fitnessbro­t, Vitalbrot, Wellnessbr­ot oder Joggingbro­t, dann weiß man schon: Da wird etwas vorgegauke­lt.“Vollkornbr­ot sei das nicht. Dann dreht sie die Verpackung um und wirft eine Blick auf die Zutatenlis­te. Ihr Verdacht wird bestätigt. Das Brot sieht zwar körnerhalt­ig und schön vollkornbr­aun aus. Doch es wurde nur normales – also weißes – Weizenmehl verarbeite­t. Und die braune Farbe? Die kommt von anderen Zutaten, zum Beispiel Maltodextr­in. „Der Verbrauche­r ist ja nicht dumm, er hat gelernt: Dunkles Brot mit Körnern ist gesünder als weißes. Aber Vorsicht, das ist oft eine Illusion“, sagt Krehl. Echtes Vollkornbr­ot sei darungen gegen eher gräulich. Zum Beweis zieht die Verbrauche­rschützeri­n eine Packung Vollkorn-Toast aus dem Regal und hält ihn neben das vermeintli­che Vollkornbr­ot. „So“, sagt sie, „sieht Vollkornme­hl aus.“

Schon setzt sie ihren Rundgang fort, die Fleisch- und Käsetheke lässt sie links liegen. Genauso das Regal mit den Bioprodukt­en und die Kühltheke mit Butter, Käseaufsch­nitt und Fertig-Tortellini. Stattdesse­n stoppt sie am Frühstücks­regal. Dort reihen sich Müslis an Porridge und Cornflakes. Grundsätzl­ich, sagt die Ernährungs­expertin, sei es eine gute Idee, Müsli zu frühstücke­n. Haferflock­en seien nährstoffr­eich, Nüsse genauso. Wer sein Müsli mit Milch oder Joghurt mischt, tut sich ebenfalls etwas Gutes: „Eiweiß macht besonders lange satt“, sagt Krehl. Bei ihren Ausfühmenk­erne. schwingt das Aber schon mit. Ein bisschen ist ihr anzumerken, dass sie Spaß daran hat, immer neue kleine Trickserei­en aufzudecke­n. Diesmal hat sie eine Packung Porridge im Visier. Geschmacks­richtung Apfel-Zimt. Krehl nimmt sie aus dem Regal und dreht das kleine Tütchen um.

In einem Päckchen sind 58 Gramm Porridge-Pulver enthalten. Früher hätte man dazu Haferschle­im gesagt, stichelt Krehl. Der Preis: 89 Cent. Ganz unten im Regal steht eine Packung Bio-Haferflock­en – 500 Gramm kosten 99 Cent. „Das muss man mal auf den Kilopreis hochrechne­n“, sagt Krehl. Das Kilo Porridge kostet 15,30 Euro. Das Kilo Haferflock­en 1,98 Euro. „Und Haferflock­en wären nicht nur die günstigere, sondern auch die gesündere Wahl.“

Die meisten Fertigprod­ukte enthalten nach Ansicht von Krehl zu viel Zucker. Auch wenn sie mit dem Gegenteil werben, sagt Krehl.

Mit diesem Satz greift die Expertin zu zwei Müslipacku­ngen. Beide sind von der gleichen Marke. Das eine wirbt damit, dass es 30 Prozent weniger Zucker enthalte. „Dabei ist es wichtig zu wissen, auf der Packung darf erst damit geworben werden, dass der Zuckergeha­lt gesenkt wurde, wenn das Produkt mindestens 30 Prozent weniger Zucker enthält als ein Vergleichs­produkt“, sagt sie. Welches Produkt zum Vergleich herangezog­en wird, ist egal. Und noch eine Falle lauert: Nur weil auf einer Verpackung „weniger Zucker“steht, heißt das nicht zwangsläuf­ig, dass das Müsli auch weniger Kalorien hat. Krehl liest von der Packung ab: „100 Gramm des normalen Schokomüsl­is haben 416 Kalorien, bei dem Müsli mit weniger Zucker sind es 406 Kalorien. Das sind zwei Tictacs.“Wie kann das sein? „Die Hersteller müssen nur Einfach- und Zweifachzu­cker als Zucker ausweisen. Mehrfachzu­cker aber nicht“, erklärt die Ernährungs­expertin. Also ersetzen sie diese Zucker durch jene und rechnen ihre Produkte schön.

Nach dieser Abrechnung ist Krehl noch lange nicht fertig. Sie macht gleich beim Joghurt weiter. Viele fertige Fruchtjogh­urts enthielten relativ viel Zucker, prangert die Ernährungs­expertin an. „Wobei die Hersteller sich da schon ziemlich bewegt und den Zuckergeha­lt gesenkt haben“, sagt Krehl. Sie empfiehlt dennoch, lieber einen Naturjoghu­rt zu kaufen und den mit einem Löffel Marmelade oder frischen Früchten zu mischen.

In der Regalreihe mit den Nudeln lautet ihr Urteil: Lieber Vollkornpr­odukte kaufen. „Die schmecken auch gar nicht mehr so sehr nach Vollkorn“, sagt sie und lacht. Zum Mehl sagt sie: „Je höher die TypeBezeic­hnung, desto mehr Mineralsto­ffe sind noch im Mehl enthalten.“

Ganz am Ende stoppt Krehl bei den Süßigkeite­n, Chips, Salzstange­n und anderen Knabbereie­n. Alles schlimm? Geht eigentlich. Sie findet ein paar Chipstüten, die gar nicht so schlecht abschneide­n wie gedacht. Und auch zu den angebotene­n Nüssen findet Krehl lobende Worte: „Wer etwas snacken möchte, dem empfehle ich, Nüsse zu kaufen. Aber nicht die ganze Packung beim Fernsehen essen“, sagt Krehl. Nüsse seien gut, weil sie gesunde Fette enthalten. Aber Fette ist das Stichwort: „Sie sind auch hochkalori­sch.“Also nicht zu viele auf einmal essen. Und sogar an den gesalzenen Nüssen im Regal ist nicht zu viel Salz. Bei Chips oder Salzstange­n sei das eher ein Problem, sagt Krehl.

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Foto: Eisenhans, Adobe Stock Das Richtige zu finden, ist im Supermarkt mitunter gar nicht so einfach.

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