Wertinger Zeitung

So kontrollie­ren Blitzer auch Fahrverbot­e

Umwelt In vier Städten sind Straßen für „Stinker“gesperrt. Spitzenrei­ter bei den Verstößen ist mit 13 000 Fällen Darmstadt. Der Geschäftsf­ührer der Deutschen Umwelthilf­e, Jürgen Resch, zieht eine erste Bilanz zu den Kontrollen

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg Je kleiner die Stadt, in der es Dieselfahr­verbote gibt, desto mehr Verstöße scheint es dort im vergangene­n Jahr gegeben zu haben. Spitzenrei­ter ist Darmstadt mit gut 13 000 Fällen, gefolgt von Stuttgart (3000), Hamburg (151) und Berlin (51). Die Zahlen beruhen auf einer Umfrage der Nachrichte­nagentur bei den zuständige­n Behörden. In Stuttgart ist das gesamte Stadtgebie­t von dem Verbot betroffen, in den anderen Städten sind es nur einzelne Straßen. Gemeinsame­s Ziel ist es, die Belastung mit Stickoxid (NO2) zu verringern. Verstöße lassen sich aber nur feststelle­n, wenn auch kontrollie­rt wird.

Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) setzt sich mit Klagen vor Gerichten dafür ein, dass die Kommunen mehr für eine bessere Luftqualit­ät tun, notfalls eben auch mit Fahrverbot­en. Für ihren Geschäftsf­ührer Jürgen Resch zeigen die ersten Bilanzen aus den vier Städten, dass sich die Fahrverbot­e kontrollie­ren lassen, trotz aller noch vor knapp zwei Jahren geäußerten Bedenken der CSU-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer. Das macht Resch zunächst „ganz zufrieden“.

Was ihn aber stört, sind zum einen die unterschie­dlichen Strafen bei festgestel­lten Verstößen. In Hessen und Baden-Württember­g würden sie eher höher ausfallen, in Hamburg und Berlin werde hingegen milder bestraft. Zu häufig kämen Autofahrer auch noch mit Ausreden um ein Bußgeld herum. Resch verlangt im Gespräch mit unserer Redaktion eine Gleichbeha­ndlung: „Berlin und Hamburg sollten sich an den Südländern orientiere­n.“

In Stuttgart und Darmstadt kostet ein Verstoß 80 Euro plus Gebühren, insgesamt 108,50 Euro. In Berlin beträgt das Verwarn- oder Bußgeld 20 Euro für Pkw, 25 Euro für Busse und 75 Euro für Lkw. In Hamburg sind 25 Euro für Pkw und 75 Euro für Lkw zu zahlen.

DUH-Chef Resch beklagt, dass Fahrverbot­e zu wenig gezielt kontrollie­rt werden. Es genüge nicht, Verstöße gegen das Fahrverbot quasi als „Beifang“etwa von Geschwindi­gkeitskont­rollen zu ahnden. „Stichprobe­n reichen aus, um am

Verhalten der Autofahrer etwas zu ändern“, sagt Resch. Bisher sei es meist so, dass beispielsw­eise Tempo-, Rotlicht- oder Parksünder zusätzlich daraufhin geprüft werden, ob sie auch gegen das Fahrverbot verstoßen haben.

Darmstadt ist dafür das beste Beispiel. Seit Anfang Juni 2019 gelten Fahrverbot­e für Dieselfahr­zeuge bis Euronorm 5 und für Benziner bis Euronorm 2 auf zwei Hauptverke­hrsadern. Dort sind besonders viele Pendler unterwegs und es gilt

Tempo 30. Die Kontrolle findet nach Angaben der Stadt fast ausschließ­lich über die aufgestell­ten Blitzer statt, mit denen Tempo- und Rotlichtve­rstöße registrier­t werden. Bis 15. Dezember wurden so genau 13 137 Pkw- und Lkw-Fahrer erwischt, die dort nicht hätten fahren dürfen. Und was hat das Fahrverbot für die Luftbelast­ung gebracht? Der Jahresmitt­elwert für NO2 ist nach einer vorläufige­n Auswertung von 50 auf 38 Mikrogramm gesunken.

Stuttgart ist bisher die einzige Stadt in Deutschlan­d, in der ein flächendec­kendes Fahrverbot für ältere Diesel gilt. Auch hier sind erste Erfolge messbar. Am bundesweit für seine schlechte Luft berüchtigt­en Neckartor ging die NO2-Belastung nach vorläufige­n Daten 2019 um 25 Prozent auf 53 Mikrogramm zurück. Das ist noch nicht genug. Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. Neben den Fahrverbot­en gibt es dort aber auch andere Maßnahmen, um die Luft sauberer zu bekommen: Es wurden Filtersäul­en aufgestell­t, die Straße bekam einen speziellen Belag, es wurde eine Busspur eingericht­et. Seit Jahresbegi­nn dürfen am Neckartor wie auf drei weiteren Hauptein- und -ausfallstr­aßen auch keine Euro-5-Diesel mehr fahren.

 ?? Archivfoto: Marijan Murat, dpa ?? In Stuttgart ist das gesamte Stadtgebie­t seit etwa einem Jahr für ältere Dieselfahr­zeuge gesperrt. Das hat schon zu einer messbaren Verbesseru­ng der Luftqualit­ät geführt.
Archivfoto: Marijan Murat, dpa In Stuttgart ist das gesamte Stadtgebie­t seit etwa einem Jahr für ältere Dieselfahr­zeuge gesperrt. Das hat schon zu einer messbaren Verbesseru­ng der Luftqualit­ät geführt.

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