Auffi muaß i, oawe muaß i
Wenn der Berg ruft, der Watzmann zumal, dann gibt es kein Entrinnen. Die Versuchung ist überwältigend. Sie wird, so erzählt es das Kultmusical der Herren Ambros, Tauchen und Prokopetz aus dem Jahr 1974, phasenweise nur noch übertroffen von den Verführungskünsten der „Gailtalerin“, die dem Mannsvolk in den Bergen den Verstand raubt. „Auffi muaß i“, sagt der Bub zum Vater. „Unterkriang“muss er ihn, den Berg, sagt er. Und dass der ewig rufende Watzmann kein Einsehen hat, das will er nicht glauben. Das Ende ist bekannt: „Mit voller Wucht haut’s den Buam in die Schlucht...“
Dass sich die hochalpine Risikobereitschaft im 21. Jahrhundert in neue Sphären entwickelt, konnten die österreichischen Barden nicht ahnen. Zwar soll sich schon Anfang des 20. Jahrhunderts ein Österreicher mit einem – dummerweise fluguntauglichen – „FledermausAnzug“vom Eiffelturm gestürzt haben. Der „Wingsuit“(Flügelanzug) in seiner modernen Form aber wurde erst in den 1990er Jahren entwickelt und angeblich erstmals 1997 erfolgreich bei einem Sprung von einem Berg eingesetzt.
Der Watzmann ruft immer noch. Ein 31-jähriger Flügelanzugflieger konnte seinem Ruf nicht widerstehen. Er sagte sich „oawe muaß i“, stürzte sich von der Mittelspitze in die Tiefe und stellte sich bei der Landung am Ufer des Königsees so geschickt an, dass er überlebte. Der Berg hat ein Einsehen gehabt, nicht aber das Landratsamt Berchtesgaden. Ein Bußgeld ist fällig, weil solche Aktionen im Nationalpark verboten sind und weil es keine Nachahmer geben soll. Ob damit der Ruf des Berges verstummt?
Lesen Sie dazu auch „Sprung vom Watzmann wird teuer“auf der zweiten Bayern-Seite.