Kosmische Dimensionen in luftiger Höh’
Ausstellung Die Pinakothek zeigt in der Graphischen Sammlung Zeichnungen zu italienischen Decken- und Wandgemälden
München Es wirkt wie ein heimlicher Blick auf den Bruder: Den Kopf erhoben, auf den angewinkelten Knien ein Skizzenblock, so sitzt Taddeo Zuccari in der Gartenloggia der Villa Farnese, vertieft ins Studium eines Freskos von Raffael. Ob die bräunliche Federzeichnung des Federico Zuccari die Vorlage für ein anderes Werk war, ist nicht bekannt. Tatsächlich aber gaben die beiden Brüder der italienischen Wand- und Deckenmalerei entscheidende Impulse, gestalteten sie doch gemeinsam das Belvedere im Vatikan mit ihren Bildfindungen aus.
Sie zählen zu den bekanntesten Freskanten aus Spätrenaissance und beginnendem Barock, welche die Graphische Staatssammlung derzeit in einer kleinen, ungemein feinen Schau präsentiert, seit man dort das Format „Im Blick“kreiert hat. In „Zwischenhängungen“, welche auf den Vitrinengang beschränkt sind, werden meist dem Publikum unbekannte Schätze des Hauses gezeigt. Nun sind es 27 Blätter, darunter Arbeiten von Annibale Carracci, Pietro da Cortona, Giovanni Lanfranco und Giovanni Battista Gaulli, neben vielen, deren Namen man hierzulande nicht kennt, die aber entscheidend waren für die innerräumliche Ästhetik italienischer Bauwerke.
Schließlich bildete die Deckenund Wandmalerei eine zentrale Dekorationsaufgabe, welcher man in jenen Zeiten viel Raum gab für ihre dreidimensionalen Kreationen in Kuppeln, Vierungen oder an Fassaden. Unter dem Motto „Der Himmel auf Erden“verweisen sie auf die kosmischen Dimensionen der meist in luftiger Höhe realisierten Werke.
Die Fülle ist in jeder Hinsicht überraschend, in Technik von Feder zu Kreide bis Rötel, aber auch in Ausführung wie Themenbreite. Umfassen die Motive doch biblische wie mythologische, ja selbst profane Themen. Ebenso faszinierend vielfältig ist der Grad der Ausarbeitung.
Er reicht von knappen Figurenskizzen wie einem Cello spielenden Engel über eine Vorzeichnung, welche den Kampf des Herakles zwischen
Tugend und Laster thematisiert, bis hin zum differenzierten Entwurf eines Wandbilds, welches „Das Eherne Zeitalter“für den Palazzo Pitti in
Florenz darstellt. Darüber hinaus gibt es auch Zeichnungen, die den schöpferischen Werkprozess widerspiegeln.
Allerdings dienten längst nicht alle der ausgestellten Blätter zur späteren Realisation; manche entstanden, nachdem die Bilder in Kirchen, darunter der Sixtinischen Kapelle, Schlössern und Palästen der Medici längst ausgeführt waren. Reisende Künstler, darunter so mancher unbekannte Niederländer, fertigten sie an, um einen Motivschatz mit nach Hause nehmen zu können. Andere kopierten im Auftrag von Sammlern mit einem Faible für illusionistische Raumeffekte in atemberaubender Architektur schlicht Ausschnitte von Wandgemälden von Veronese oder Tintoretto, heute von dokumentarischem Wert, da die Kirchen zum Teil zerstört sind.
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Laufzeit bis 9. Februar, Pinakothek der Moderne, Barer Str. 40, täglich von 10 bis 18, Do bis 20 Uhr.