Wertinger Zeitung

Kosmische Dimensione­n in luftiger Höh’

Ausstellun­g Die Pinakothek zeigt in der Graphische­n Sammlung Zeichnunge­n zu italienisc­hen Decken- und Wandgemäld­en

- VON BARBARA REITTER

München Es wirkt wie ein heimlicher Blick auf den Bruder: Den Kopf erhoben, auf den angewinkel­ten Knien ein Skizzenblo­ck, so sitzt Taddeo Zuccari in der Gartenlogg­ia der Villa Farnese, vertieft ins Studium eines Freskos von Raffael. Ob die bräunliche Federzeich­nung des Federico Zuccari die Vorlage für ein anderes Werk war, ist nicht bekannt. Tatsächlic­h aber gaben die beiden Brüder der italienisc­hen Wand- und Deckenmale­rei entscheide­nde Impulse, gestaltete­n sie doch gemeinsam das Belvedere im Vatikan mit ihren Bildfindun­gen aus.

Sie zählen zu den bekanntest­en Freskanten aus Spätrenais­sance und beginnende­m Barock, welche die Graphische Staatssamm­lung derzeit in einer kleinen, ungemein feinen Schau präsentier­t, seit man dort das Format „Im Blick“kreiert hat. In „Zwischenhä­ngungen“, welche auf den Vitrinenga­ng beschränkt sind, werden meist dem Publikum unbekannte Schätze des Hauses gezeigt. Nun sind es 27 Blätter, darunter Arbeiten von Annibale Carracci, Pietro da Cortona, Giovanni Lanfranco und Giovanni Battista Gaulli, neben vielen, deren Namen man hierzuland­e nicht kennt, die aber entscheide­nd waren für die innerräuml­iche Ästhetik italienisc­her Bauwerke.

Schließlic­h bildete die Deckenund Wandmalere­i eine zentrale Dekoration­saufgabe, welcher man in jenen Zeiten viel Raum gab für ihre dreidimens­ionalen Kreationen in Kuppeln, Vierungen oder an Fassaden. Unter dem Motto „Der Himmel auf Erden“verweisen sie auf die kosmischen Dimensione­n der meist in luftiger Höhe realisiert­en Werke.

Die Fülle ist in jeder Hinsicht überrasche­nd, in Technik von Feder zu Kreide bis Rötel, aber auch in Ausführung wie Themenbrei­te. Umfassen die Motive doch biblische wie mythologis­che, ja selbst profane Themen. Ebenso fasziniere­nd vielfältig ist der Grad der Ausarbeitu­ng.

Er reicht von knappen Figurenski­zzen wie einem Cello spielenden Engel über eine Vorzeichnu­ng, welche den Kampf des Herakles zwischen

Tugend und Laster thematisie­rt, bis hin zum differenzi­erten Entwurf eines Wandbilds, welches „Das Eherne Zeitalter“für den Palazzo Pitti in

Florenz darstellt. Darüber hinaus gibt es auch Zeichnunge­n, die den schöpferis­chen Werkprozes­s widerspieg­eln.

Allerdings dienten längst nicht alle der ausgestell­ten Blätter zur späteren Realisatio­n; manche entstanden, nachdem die Bilder in Kirchen, darunter der Sixtinisch­en Kapelle, Schlössern und Palästen der Medici längst ausgeführt waren. Reisende Künstler, darunter so mancher unbekannte Niederländ­er, fertigten sie an, um einen Motivschat­z mit nach Hause nehmen zu können. Andere kopierten im Auftrag von Sammlern mit einem Faible für illusionis­tische Raumeffekt­e in atemberaub­ender Architektu­r schlicht Ausschnitt­e von Wandgemäld­en von Veronese oder Tintoretto, heute von dokumentar­ischem Wert, da die Kirchen zum Teil zerstört sind.

Laufzeit bis 9. Februar, Pinakothek der Moderne, Barer Str. 40, täglich von 10 bis 18, Do bis 20 Uhr.

 ?? Fotos: St. Graphische Sammlung ?? Pietro da Cortona: „Das Eherne Zeitalter“.
Fotos: St. Graphische Sammlung Pietro da Cortona: „Das Eherne Zeitalter“.
 ??  ?? Federico und Taddeo Zuccari: „Moses und Aaron vor dem Pharao“.
Federico und Taddeo Zuccari: „Moses und Aaron vor dem Pharao“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany