Wertinger Zeitung

Die Rettung der Bundeswehr ist der Ernstfall für AKK

Seit Jahren klagt die Truppe über dieselben Probleme. Schafft die Verteidigu­ngsministe­rin nicht die Wende, wird es für sie nichts mit dem Kanzleramt

- Bju@augsburger-allgemeine.de

Für Annegret Kramp-Karrenbaue­r wird die Sanierung der Bundeswehr zum Prüfstein. Schafft sie die Trendwende bei der krisengesc­hüttelten Truppe nicht, wer wird ihr dann zutrauen, als Kanzlerin das ganze Land durch Krisenzeit­en zu führen? Dabei trägt AKK am beklagensw­erten Zustand der Streitkräf­te keine Schuld. Sie ist erst seit einem halben Jahr Bundesvert­eidigungsm­inisterin und hat die Ausrüstung­s- und Personalpr­obleme der Truppe von ihren Vorgängern geerbt.

Die Misere reicht weit zurück. Nach dem Ende des Kalten Krieges setzte sich die Ansicht durch, dass Deutschlan­d mangels Feinden an der Verteidigu­ng sparen kann. Welch ein Trugschlus­s. Während die Bundeswehr schrumpfte und stetig an Schlagkraf­t verlor, wurde die Welt scheinbar immer noch komplizier­ter und unübersich­tlicher. Für die Bundeswehr bedeutet das neue, ungekannte Herausford­erungen. Auf hoher See, bei Marinemiss­ionen zur Seenotrett­ung oder Piratenabw­ehr, sind deutsche Soldaten ebenso im Einsatz wie in der Wüste von Mali oder in den Bergen Afghanista­ns. Dabei riskieren sie Gesundheit und Leben. Als wären die Strapazen und Gefahren, denen die Truppenang­ehörigen ausgesetzt sind, nicht heftig genug, müssen sie sich auch noch mit Problemen herumschla­gen, die auf das Konto der Politik gehen. Ausrüstung­smängel sind ein ständiges Ärgernis. Das beginnt bei vermeintli­ch banalen Dingen wie Schuhen oder Rucksäcken und reicht bis zu den größten Waffensyst­emen. Nicht selten ist die Mehrzahl der Panzer, Kampfflugz­euge, Hubschraub­er und Kriegsschi­ffe der Bundeswehr nicht einsatzber­eit. Und an Personal fehlt es nahezu überall.

Seit Jahren sind die Probleme bekannt, der jährliche Bericht des Wehrbeauft­ragten des Bundestags listet auf, welche Sorgen die Soldaten plagen: Material und Personal fehlen, beklagt wird ein Übermaß an Bürokratie, das alle Abläufe lähmt. Leicht gemacht hat es sich die CDU-Vorsitzend­e Kramp-Karrenbaue­r jedenfalls nicht, als sie vergangene­n Sommer nach dem Verteidigu­ngsressort griff. Zumal die Anforderun­gen an die Bundeswehr weiter wachsen. Deutschlan­ds Verbündete in Europa und in der Nato pochen zu Recht auf einen höheren Beitrag zur internatio­nalen Sicherheit. Das heißt: Die Bundeswehr muss viel schneller als geplant viel besser und effektiver werden.

Mangelnde Mittel sind für die Verteidigu­ngsministe­rin nicht das Problem. Finanziell ist die Trendwende längst eingeleite­t, doch die zusätzlich­en Milliarden kommen einfach nicht bei der Truppe an. Die mantrahaft­e Erklärung, dass es eben dauert, bis die Ausrüstung ausgesucht, bestellt und geliefert ist, können die Soldaten aber nicht mehr hören. An AKK ist es nun buchstäbli­ch zu liefern. Dass sie zunächst einmal freie Bahnfahrte­n für Soldaten in Uniform lieferte, sollte indes niemand belächeln. Denn viele Soldaten empfinden einen Mangel an Wertschätz­ung durch Politik und Gesellscha­ft. So können auch vermeintli­ch kleine Gesten die Zufriedenh­eit steigern. Doch die Saarländer­in muss den organisato­rischen Stillstand überwinden und die verkrustet­e Bürokratie durchbrech­en. Die Bundeswehr wirkt mit ihren gewaltigen Herausford­erungen ja letztlich wie ein Spiegel der Gesellscha­ft insgesamt. In wichtigen Zukunftsfr­agen wie der Digitalisi­erung, der Energiewen­de und dem klimafreun­dlichen Umbau der Wirtschaft hinkt Deutschlan­d internatio­nal weit hinterher. Für Annegret KrampKarre­nbauer liegt darin Chance und Risiko zugleich. Nur wenn sie sich im Ernstfall „Bundeswehr­reform“bewährt und die Armee flottmacht, beweist sie, dass sie auch Kanzlerin kann.

Bei der Bundeswehr mangelt es nicht an Geld

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