Wertinger Zeitung

Für die Bundeswehr wäre das „Ikea-Prinzip“besser

Verteidigu­ng Der Wehrbeauft­ragte Hans-Peter Bartels kritisiert die nach wie vor schlechte Ausstattun­g der Streitkräf­te

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Seit Jahren plagen deutsche Soldaten die gleichen Sorgen, in Kurzform lauten sie: „Zu wenig Material, zu wenig Personal, zu viel Bürokratie“und, laut Hans-Peter Bartels, dem Wehrbeauft­ragten des Bundestage­s, hat sich daran auch 2019 kaum etwas geändert. „Für die enormen Kosten, die Deutschlan­ds Steuerzahl­er für ihre Streitkräf­te aufwenden, ist die Bundeswehr als Ganzes bemerkensw­ert wenig einsatzfäh­ig“, lautet das Fazit seines Jahresberi­chts. Andere Armeen vergleichb­arer Größe seien deutlich besser aufgestell­t. Noch immer fehle es an Soldaten, mehr als 20000 Dienstpost­en oberhalb der Mannschaft­sebene seien unbesetzt. Die

Zahl der jährlich neu eingestell­ten Soldaten bleibe auf einem AllzeitTie­f. Und beim Thema Ausrüstung verweist der SPD-Politiker auf eine Aussage des Verteidigu­ngsministe­riums: Es sei „bisher nicht gelungen, die materielle Einsatzber­eitschaft der Hauptwaffe­nsysteme deutlich zu verbessern“. Auch weiterhin ist der Alltag der Truppe geprägt von Kampfflugz­eugen, die nicht fliegen, Panzern, die nicht fahren, und Kriegsschi­ffen, die nicht schwimmen. Während bei der Luftwaffe zumindest leichte Verbesseru­ngen spürbar seien, sei die Marine derzeit am härtesten getroffen, zahlreiche Schiffe befänden sich in den Werften statt im Einsatz.

Die Bundeswehr als Ganzes, so Bartels, sei nicht gut aufgestell­t für die Herausford­erungen der Verteidigu­ng und der zahlreiche­n Auslandsei­nsätze. Das Problem seien nicht die Finanzen, seit einigen Jahren stünden ausreichen­d Mittel bereit. Es gelinge der Bundeswehr aber nicht, „offensicht­lich dysfunktio­nal gewordene Strukturen auf der Amtsseite“zu überwinden. Im Beschaffun­gswesen etwa empfiehlt Bartels in vielen Fällen das „Ikea-Prinzip“: „Aussuchen, bezahlen und mitnehmen. Ausrüstung­steile,

„vom Rucksack bis leichten Verbindung­shubschrau­ber“,

müssten nicht immer wieder erst in einem umständlic­hen Prozess „neu erfunden werden“. Bartels: „Man kann es auch einfach kaufen.“Er warnt: „Ohne innere Reformen werden die Trendwende­n trotzdem scheitern.“Unklar ist, ob Bartels auch in den kommenden Jahren als Ansprechpa­rtner der Soldaten die Bundeswehr auf den Prüfstand stellen kann. Denn seine Amtszeit läuft im Frühjahr nach fünf Jahren aus. Er würde nach eigenen Angaben gerne verlängern, bekommt es offenbar aber mit Konkurrenz aus dem eigenen

Lager zu tun. Berichten zufolge zeigt auch der SPD-Haushaltse­xperte Johannes Kahrs großes Interesse an diesem Posten. Im Haushaltsa­usschuss hat er demnach bereits vier zusätzlich­e Stellen für den Stab des Wehrbeauft­ragten durchgeset­zt – ohne dass Bartels davon wusste. Und aus der Union kommen Stimmen, die Bartels’ Amtsführun­g kritisiere­n und das Amt für das eigene Lager reklamiere­n. So sagte der verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der Unionsfrak­tion im Bundestag, Henning Otte (CDU), die Auffassung, der Wehrbeauft­ragte solle immer von dem Koalitions­partner gestellt werden, der nicht das Verteidigu­ngsministe­rium führe, sei „ohne Rechtsgrun­dlage und zu sehr parteipoli­tisch ausgericht­et“.

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Hans-Peter Bartels

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