Wertinger Zeitung

Union setzt SPD-Minister unter Druck

Koalition Der Streit um die Grundrente tobt. Scheitern die Pläne von Heil und Scholz?

- VON STEFAN LANGE

Berlin Die geplante Einführung der Grundrente im Januar 2021 steht weiter auf der Kippe. Spitzenpol­itiker von CDU und CSU bekannten sich am Dienstag zwar grundsätzl­ich zu dem Projekt, forderten aber von der SPD massive Nachbesser­ungen am Gesetzentw­urf. Eine Verschiebu­ng des Starttermi­ns wurde nicht ausgeschlo­ssen. Am Wochenende hatte der arbeitsmar­kt- und sozialpoli­tische Sprecher der Unionsfrak­tion, Peter Weiß, im Gespräch mit unserer Redaktion angeregt, die Einführung der Grundrente notfalls auf den Juli zu verschiebe­n und damit ein lautes Echo ausgelöst.

Die Union hat zwei Hauptkriti­kpunkte und zwei SPD-Minister im Visier. CDU und CSU bestehen zum einen auf eine seriöse Finanzieru­ng – da ist Bundesfina­nzminister Olaf Scholz gefordert. Und die Union will unbedingt, dass eine Einkommens­prüfung (früher Bedürftigk­eitsprüfun­g) vorgeschal­tet ist. Da wiederum kommt Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil ins Spiel, dessen Ministeriu­m bei der Grundrente federführe­nd ist. Da Finanzieru­ng wie Prüfung aus Sicht des großen Koalitions­partners nicht vernünftig geregelt sind, musste Heil die für Januar vorgesehen­e Kabinettsb­efassung auf Februar verschiebe­n.

„Wir wollen die Grundrente, auch wenn da häufig etwas anderes verlautbar­t“, beteuerte am Dienstag Unions-Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Michael Grosse-Brömer. Der CDUPolitik­er verwies auf den Koalitions­ausschuss vom 10. November, bei dem sich beide Seiten auf einen Grundrente­n-Kompromiss geeinigt hätten. „Das war klug. Und jetzt gibt es keinen Kompromiss zum Kompromiss“, betonte Grosse-Brömer und forderte: „Scholz und Heil müssen jetzt einen deutlich verbessert­en Gesetzentw­urf vorlegen.“

CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt monierte, Heils Modell entspreche „nicht exakt dem, was wir in langen Verhandlun­gsrunden vereinbart haben“. Er fühle sich in seiner Einschätzu­ng bestätigt, „dass die Zusammenar­beit mit dem Arbeitsmin­ister sehr mühsam ist“, legte er nach.

Das Kernproble­m bei der Finanzieru­ng

ist das Verspreche­n von Scholz, die Einnahmen aus einer europäisch­en Finanztran­saktionsst­euer dafür verwenden zu können. Die Steuer gibt es aber noch nicht, sie ist bislang auch auf nur zehn willige EU-Mitglieder beschränkt. Mit Österreich hat eines davon Bedenken angemeldet und für Dobrindt gibt es damit „offenbar immer geringere Chancen auf eine Einführung der Finanztran­saktionsst­euer“. Scholz müsse jetzt eine realistisc­he Finanzieru­ng vorlegen, forderte Dobrindt, der darin von der CSU-Arbeitnehm­erunion CSA unterstütz­t wird.

„Scholz ist am Zuge, jetzt Vorschläge zu machen“, sagte der CSALandesv­orsitzende Volker Ullrich unserer Redaktion. Er nahm gleichzeit­ig die Rentenvers­icherung ins Gebet und meinte, die Grundrente wäre für sie eine Chance, bei der Digitalisi­erung einen Schritt nach vorne zu machen. „Die Rentenvers­icherung hat ein großes Digitalisi­erungspote­nzial“, sagte Ullrich. Hintergrun­d sind die Probleme mit der Einrichtun­g eines digitalen Datenabgle­ichs. CDU-Chefin Annegret

Die Rufe nach Verschiebu­ng des Starts werden lauter

Kramp-Karrenbaue­r hat deshalb schon vorgeschla­gen, notfalls auf analoge Verfahren auszuweich­en.

Dobrindt schloss eine Verschiebu­ng des Starttermi­ns nicht aus. „Es wird schwierig genug, das auf der Zeitachse zu halten. Deshalb ist jetzt Eile geboten“, sagte er. Grosse-Brömer wurde deutlicher gegenüber Heil: „Wenn er die Voraussetz­ungen dafür nicht abliefert, kann sie nicht rechtzeiti­g kommen.“

SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich zeigte sich am Dienstag zwar überzeugt, „dass die Grundrente kommen wird“, nannte aber kein Einführung­sdatum mehr. Seine Partei habe gute Vorarbeit geleistet, jetzt müssten Details geklärt werden. Zur Klärung von Details bestand offenbar anschließe­nd Gelegenhei­t. Union und SPD wollten sich auf Regierungs­seite nach Informatio­nen unserer Redaktion am frühen Abend treffen, um die Chancen für eine Einigung auszuloten.

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Foto: Christian Spicker, Imago Images Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil und Finanzmini­ster Olaf Scholz: Die Zusammenar­beit sei sehr mühsam, klagt die Union.

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