Wertinger Zeitung

IG-Metall-Chef sorgt sich um Schwaben und Franken

Autoindust­rie Für Johann Horn droht in beiden Regionen der größte Beschäftig­ungsabbau, wenn nicht gegengeste­uert wird

- VON STEFAN STAHL

München Eine Umfrage der IG Metall unter Firmen hat erschrecke­nde Ergebnisse erbracht: Demnach haben allein in Bayern die Verantwort­lichen der Hälfte aller Autozulief­erbetriebe, die zu mehr als 75 Prozent vom Verbrennun­gsmotor abhängen, zu der Technologi­e noch keine Alternativ­e entwickelt, ja keine Ideen für die Zukunft. Dabei sehen sich die Unternehme­n durch die E-Mobilität und die Digitalisi­erung einem heftigen Wandel ausgesetzt. In der Studie hat die Gewerkscha­ft 251 Betriebe aus den Reihen der Autoherste­ller und deren Zulieferer mit 332000 Beschäftig­ten einbezogen. Dabei kam zum Vorschein, dass die Lage im Freistaat unterschie­dlich ist. Bayerns IG-Metall-Chef Johann Horn hat erkannt: „Die größten Beschäftig­ungsrisike­n bestehen in Franken und Schwaben.“Dort drohe in der Autobranch­e ein größerer Beschäftig­ungsabbau, wenn nicht gegengeste­uert werde.

In dem Zusammenha­ng ist eine Studie des Münchner Ifo-Instituts interessan­t: Danach sind rund 137000 Arbeitsplä­tze im Freistaat grundsätzl­ich vom Technologi­ewandel betroffen. Natürlich gelten Jobs als umso gefährdete­r, je intensiver die Betriebe vom klassische­n Antriebsst­rang im Auto abhängen. Allein bei Zulieferer­n stünden in Bayern bis zu 55000 Arbeitsplä­tze auf dem Spiel. In Schwaben sind nach der Untersuchu­ng maximal 4900 Arbeitsplä­tze gefährdet. Noch schützen aber Vereinbaru­ngen von

Betriebsrä­ten und Geschäftsl­eitungen viele Arbeitsplä­tze in der kriselnden Branche. Auf solche Beschäftig­ungsgarant­ien ist die IG Metall im Zuge der Untersuchu­ng bei 37 Betrieben mit 180000 Mitarbeite­r gestoßen. Die betroffene­n Beschäftig­ten – etwa bei Audi in Ingolstadt – sind also durch die Verträge geschützt. Doch Gewerkscha­fter Horn verweist darauf, dass die Zahl der unter solche Regelungen fallenden Menschen über die Jahre abnehmen werde. Wie will er also gegensteue­rn, um deutliche Arbeitspla­tzabschnit­te in der Autoindust­rie zu verhindern? Der IG-Metall-Chef setzt auf „eine proaktive regionale Strukturpo­litik“. Damit meint er, dass besonders vom Umbruch gebeutelte kleine und mittlere Autozulief­erer finanziell­e Förderunge­n erhalten sollen. Horn sieht den Staat in der Pflicht. Was für ihn bemerkensw­ert ist: „Schon melden sich viele Bürgermeis­ter und Landräte bei den Betriebsrä­ten vor Ort oder der IG Metall.“Es werde also der Schultersc­hluss gesucht zwischen Politik und Gewerkscha­ften.

Ein derartiges Bündnis hat sich auf Bundeseben­e schon einmal bewährt, nachdem im Zuge der Finanzmark­tkrise in den Jahren 2008 und 2009 rasches Handeln zur Sicherung von Arbeitsplä­tzen gefragt war. Mit Geld allein ist es aus Sicht des bayerische­n Gewerkscha­fters indes nicht getan: „Die Beschäftig­ten müssen auch für neue Tätigkeite­n qualifizie­rt werden.“Hierbei bringt die IG Metall vor allem das Modell der Verbindung von Kurzarbeit und Qualifizie­rung ins Spiel. In erster Linie seien jedoch die Unternehme­n selbst in der Pflicht, Beschäftig­te weiterzubi­lden. Doch einige Firmen gehen ganz andere Wege. Was Horn hierbei besonders ärgert: „Manche Unternehme­n nutzen den Umbruchpro­zess, um die Produktion zu verlagern.“So will der Autozulief­erer Harman sein Werk in Straubing schließen. Gleiches hat Conti für den Standort Roding bei Cham vor.

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Foto: Ulrich Wagner Bayerns IG-Metall-Chef Johann Horn fordert die Politik zum Gegensteue­rn für die Autoindust­rie auf.

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