Augsburger Labore stehen unter Verdacht
Justiz Synlab und Schottdorf sind große Nummern in der Medizinbranche. Nun soll im Frühjahr ein Prozess starten
Augsburg Eigentlich sollte bereits im Oktober 2018 ein Mammut-Prozess am Augsburger Landgericht starten. Angeklagt ist die Ex-Frau des bekannten Laborarztes Bernd Schottdorf, der im April 2018 gestorben ist. Es ging um den Vorwurf, dass mehrere hundert Kurierfahrer einer Schottdorf-Firma scheinselbstständig beschäftigt worden und die Sozialkassen auf diese Weise um rund 14,5 Millionen Euro geprellt worden sein sollen.
Zum Prozess gegen die heute 65-jährige Unternehmerin kam es dann allerdings erst einmal nicht. Das Landgericht setzte den MegaProzess völlig überraschend kurz vor Beginn ab, das Verfahren platzte, die Verhandlung sollte stattdessen dann 2019 starten. Doch auch das passierte nicht. Nun allerdings gibt es zumindest einen neuen Termin. Voraussichtlich Ende April soll die Hauptverhandlung beginnen, teilt das Landgericht auf Anfrage mit. Das Labor Schottdorf firmiert heute unter anderem Namen und gehört zu einem australischen Medizinkonzern, das Augsburger Labor ist alles andere als eine kleine Nummer. In seiner jüngsten Bilanz weist die Hauptgesellschaft einen Gewinn von fast 29 Millionen Euro aus, mehr als 1400 Mitarbeiter sind für sie beschäftigt.
Ebenfalls ein regelrechter Riese ist der Labordiagnostik-Konzern Synlab, dessen zentrale Holdinggesellschaft ihren Sitz in Augsburg hat, rund 400 Menschen arbeiten am Standort. Weltweit beschäftigt der Konzern mehr als 20000 Mitarbeiter. Die Augsburger Synlab-Zentrale liegt in Oberhausen nur wenige hundert Meter vom Schottdorf-Labor entfernt, einmal die Straße runter. Und noch eine Gemeinsamkeit existiert zwischen den beiden Großlaboren: Nicht nur die Ex-Frau von
Bernd Schottdorf steht unter Verdacht, sondern auch Führungspersonal von Synlab. Seit 2016 ermittelt die Augsburger Staatsanwaltschaft gegen Verantwortliche des Konzerns, auch in dem Fall geht es um den Verdacht von hinterzogenen Sozialabgaben, in dem Kurierfahrer als Scheinselbstständige beschäftigt worden sein sollen. Im März 2018 rückten die Ermittler zu einer Razzia aus und durchsuchten 31 Gebäude, etwa in Augsburg, München und Dachau. Sie beschlagnahmten massenweise Unterlagen.
Die Kurierfahrer transportieren Laborproben und Befunde zu anderen Laboren, Praxen oder Kliniken. Um welche Summen es gehen könnte, ist nach wie vor unklar, die Berechnung des möglichen Schadens offenbar kompliziert. Was klar ist: Die Ermittlungen der Augsburger Staatsanwaltschaft befinden sich tendenziell auf der Zielgeraden. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass sich umfangreiche, komplizierte Wirtschaftsstrafverfahren lange ziehen. Ein zweites Ermittlungsverfahren im Umfeld des Konzerns ist bereits seit Jahren anhängig und soll dem Vernehmen nach ebenfalls weit fortgeschritten sein. Zuständig in dem Fall ist die Staatsanwaltschaft München I, die seit März 2017 wegen eines Betrugsverdachts gegen Synlab ermittelt.
Um Kurierfahrer geht es dieses Mal nicht, sondern um den Verdacht, dass an externe Fremdlabore weitergeleitete Aufträge zu Unrecht als Eigenleistungen abgerechnet worden sein könnten. Offenbar gibt es bei den Beschuldigten der Münchner und der Augsburger Ermittlungen personelle Überschneidungen. Wann oder ob Anklage erhoben wird, ist in beiden Fällen allerdings nach wie vor offen. Es darf allerdings als wahrscheinlich gelten, dass beide Ermittlungsverfahren in diesem Jahr abgeschlossen werden.