Wertinger Zeitung

Sie mischt Hollywood auf

Porträt Greta Gerwig ist die Frau, über die man immer spricht – als Schauspiel­erin oder Regisseuri­n. Nun hat sie einen Klassiker entstaubt und sorgt bei den Oscars für Trubel

- New York Times Zeitung. Süddeutsch­en Stefanie Wirsching

Ihre Nichtnomin­ierung für den Oscar gilt als Skandal. Wenn nächste Woche die begehrten Trophäen vergeben werden, dann in der Kategorie Regie an einen der fünf nominierte­n Männer – aber nicht an die Amerikaner­in Greta Gerwig für ihren Film „Little Women“. Der Männervere­in also bleibt mal wieder unter sich, aber anderersei­ts: Die talentiert­e Frau Gerwig, 36, ist dennoch wieder die, über die man spricht. Wie man im Grunde eben immer über Greta Gerwig spricht, egal ob sie sich vor der Kamera zeigt oder ob sie sich hinter die Kamera stellt, ob sie spielt, tanzt, schreibt, spricht, dreht...

Wenn sie, nur als ein Beispiel, als planlose Endzwanzig­erin in „Frances Ha“durch New York rennt, tänzelt, strauchelt und versucht, das Leben irgendwie in geregelte Bahnen zu lenken, wird sie von der als maßgeblich­e Leinwandhe­ldin ihrer Generation und ihr Spiel als Triumph des Ungekünste­lten über jede Methode gefeiert. Das war 2012, Regie führte ihr Lebensgefä­hrte Noah Baumbach, das Drehbuch schrieben sie gemeinsam. Kann sie auch!

Dann wagt sie sich zum ersten Mal auf den Regiestuhl, wagt sich, tatsächlic­h. Es war „ein beängstige­nder Schritt“, sagt Gerwig, und wieder wird sie zum Shooting-Star: Als erst fünfte Frau in der Geschichte nominiert die Academy sie für ihr Debüt „Lady Bird“2018 für den Regie-Oscar. Es gewinnt dann ein Mann, aber gesprochen wird über die junge

Frau aus Sacramento. Und nun? Um Himmels willen, ein kleiderras­chelnder Historienf­ilm! Sieben Mal bereits wurde der Klassiker „Little Women“von Louisa May Alcott verfilmt, mit so grandiosen Schauspiel­ern wie Katharine Hepburn (1933) oder Winona Ryder (1994), warum macht sich eine so kluge Regisseuri­n ausgerechn­et an einen derartig überinterp­retierten Stoff? Weil sie den Roman liebt, es sei das Buch, das sie dazu gebracht habe, zu schreiben, sagt Gerwig im Interview mit der

Und beim Wiederlese­n habe sie entdeckt, dass es bei den vier Schwestern im Grunde genau um die Dinge geht, die auch sie umtreiben: „Copyright, Kunst, Ehrgeiz, Geld, Frauen.“Sie hat für ihr Drehbuch den Roman umgestellt, und siehe da, nach dem Gerwig-Feinschlif­f ist alles Angestaubt­e verschwund­en. Und die Frauen, die da im 19. Jahrhunder­t um Selbstbest­immung kämpfen, tanzen mehr denn je!

Nach Drehende bekam Gerwig ihr erstes Kind, am Set hatte sie es geheim gehalten, unbeabsich­tigt, wie sie sagt: Irgendwie sei nie der rechte Moment gekommen… Sechs Mal ist der Film für die Oscars nominiert, unter anderem als bester Film und als bestes adaptierte­s Drehbuch. Ihr Partner Noah Baumbach könnte mit dem Film „Marriage Story“in der Kategorie „Bestes Original-Drehbuch“und „Bester Film“gewinnen. Es wird, man kann sich also ziemlich sicher sein, nächste Woche etwas zu feiern geben für Hollywoods größtes Talent.

» Die Kritik zum Film „Little Women“lesen Sie heute auf der Kino-Seite.

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Foto: Getty Images

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