Strafen und kontrollieren Ein Tempolimit auf Autobahnen?
Leserbriefe extra Dafür oder dagegen? Unsere Leserschaft zeigt sich auf unsere Berichte zu Überlegungen einer Geschwindigkeitsbeschränkung hin ziemlich gespalten. Und sehr aktiv. Weil uns in den vergangenen Tagen so viele Zuschriften zum Thema erreicht ha
Ja, die Schwere der Unfälle mit Schnellfahrerbeteiligung wird abnehmen und damit die Zahl der Toten und Schwerverletzten. Oberstes Ziel, keine Frage! Die Zahl der Unfälle aber wird eher steigen, weil die Unfallursache nicht die Geschwindigkeit per se ist, sondern meist Aufmerksamkeits- und Fahrfehler: Spurwechsel ohne Rücksicht, bremsende Gaffer, am Handy oder Navy spielend „aus ungeklärter Ursache“von der Fahrspur abkommen oder ein Stauende übersehen, Geisterfahrt … All das müsste man intensiv bekämpfen, ein generelles Tempolimit taugt dafür nicht! Deshalb: Erhöhung von Kontrollen und Strafen bei Verletzung der geltenden Regeln, verpflichtende Fahrsicherheitstrainings und Beeinflussungsanlagen an viel befahrenen Abschnitten. Letztere erzielen einen vielfach höheren Effekt und damit größere Akzeptanz, weil auch bei Störungen angepasst geregelt und die Strecke bei wenig Verkehr und guten Bedingungen auch mal freigegeben werden kann. Norbert Kraus, Langweid
Einfach ausprobieren
Es wurden also bereits Geschwindigkeitsbegrenzungen auf einzelnen Streckenabschnitten durchgeführt mit dem Ergebnis, dass die Anzahl schwerer Unfälle zurückging und weniger Tote zu beklagen waren. Wie können unsere „christlichen“Parteien CDU und CSU trotz dieser Erkenntnisse an der „freien Fahrt für freie Bürger“festhalten? In den Niederlanden ging die Zahl der schweren Unfälle nach Einführung eines allgemeinen Tempolimits (was laut Verkehrsminister Scheuer jeglichem gesunden Menschenverstand widerspricht) auf 130 km/h signifikant zurück. Es wäre doch so einfach: Einführung eines Tempolimits auf allen Autobahnen in Deutschland befristet auf ein halbes Jahr. Dann hätte man es schwarz auf weiß. Aber davor fürchten sich unsere Volksvertreter sowie die Autolobby. Denn das Ergebnis würde sie zum Handeln zwingen.
Walter Hampp, Waltenhofen
Keine Stimmungsmache
Ich wohne an der A96 in Altmannshofen. Und nein, ich bin keine Autobahngegnerin, in meinen Kindheitserinnerungen schlängelte sich auf der damaligen B18 eine Blechlawine mit Dreck und Lärm durch meinen Heimatort. Deshalb ist es gut, dass es die A96 gibt. Aber: Der Lärm eines einzigen Fahrzeugs mit hoher Geschwindigkeit kann viele Menschen in der Umgebung in einen Stresszustand versetzen. Haben die Damen und Herren aus der CSU darüber auch schon mal nachgedacht? Und meine morgendliche Anfahrt zu meinen Arbeitsort in Memmingen ist immer wieder sehr abenteuerlich und gefährlich. Leider ist zwischen 7 und 8 Uhr die Autobahn belegt mit Lkw auf der rechten und rasenden Vertrieblern auf der linken Fahrbahn. Leider sind das meistens genau die, die in ihrem Heimatland Tempolimit und Mautpflicht haben! Also, liebe Politiker, das ist nicht „gezielte Stimmungsmache gegen das Auto“!
Das ist eher ein Zustand, der meines Erachtens nicht mehr tragbar ist.
Rosemarie Sturm, Altmannshofen
Der historische Vergleich
Unter anderem steht hier, die Überprüfungen von Streckenabschnitten zeigten, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung die Zahl schwerer Unfälle senkt und dort weniger Menschen sterben. Im Jahr 1964 waren in Deutschland 8,5 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen. Die wenigsten Fahrzeuge erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Verkehrstote: 14 496. Im Jahr 2018 waren in Deutschland 47,5 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen. Die meisten Fahrzeuge erreichten Höchstgeschwindigkeiten von 180 km/h und deutlich darüber. Verkehrstote: circa 3000. Doch sehr erstaunlich …
Siegfried Mitterer, Gundelfingen
Wo ist die Vernunft?
Was geht in uns Menschen vor? Wir brauchen für teures Geld Schilderbrücken auf der Autobahn und am besten auf Landstraßen, die uns dann mitteilen, dass es mehr Verkehr hat oder es schneit oder vielleicht doch Nebel. Rings um Deutschland gibt es ein Tempolimit. Das bedeutet: Einfach Schilder aufstellen und nicht für Millionen Schilderbrücken bauen, die dann auch noch jede Menge Unterhalt kosten. Wir zahlen das ja alles. Als vernünftiger Autofahrer muss ich mein Tempo der Umgebung anpassen und nicht auf Aufforderungen irgendwelcher Schilderbrücken warten. Wenn ich dem nicht gewachsen bin, sollte man überlegen, ob ich überhaupt geeignet bin, ein Fahrzeug zu führen. Es gehört auch viel mehr bestraft, wenn ich mich nicht an die Verkehrsregeln halte. Mittlerweile ist es wirklich ein Sechser im Lotto, wenn man nach einer Fahrt auf der A8 auch wieder heil nach Hause kommt.
Gisela Schuster, Konzenberg
Wer hielte sich dran?
Es dürfte Ihnen doch klar sein, dass sich die wenigsten Fahrer an ein Tempolimit halten werden. Jeden Tag ist im Straßenverkehr zu beobachten, dass Regeln nur dazu da sind, um sie zu brechen. Zum Beispiel nicht blinken beim Abbiegen. Selbst wenn man die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 10 km/h überschreitet, wird man noch als Verkehrshindernis betrachtet und dementsprechend bedrängt. Werner Obermeier, Augsburg
Dagegen
Ich bin ein Gegner von starren Geschwindigkeitsbeschränkungen auf gut ausgebauter Autobahn! Aber nein, ich bin kein Raser, ich halte mich für einen verantwortungsbewussten Autofahrer, der häufig mit Richtgeschwindigkeit die Autobahn befährt, aber bei widrigen Straßenverhältnissen auch mal nur mit 60 oder 80 km/h unterwegs ist. Aber warum soll ich, wenn es die Verkehrsverhältnisse und Witterungsbedingungen zulassen, auf gut ausgebauter Strecke nicht auch schneller fahren, 170 oder 180 km/h, wenn ich noch 500 oder 600 km vor mir habe? Das Problem auf dreispurigen Autobahnen ist doch: Die rechte Spur ist frei, auf der mittleren Spur sind alle Oberlehrer, Hausfrauen, Urlauber, Gelegenheitsfahrer, Pensionäre und Rentner in ihrem Möchtegern-SUV unterwegs – und was macht jetzt der Fahrer, der auf der freien rechten Spur mit 135 ankommt? Was verbessert da eine starre Geschwindigkeitsbegrenzung? Besser wäre weniger Ich und mehr Wir, mehr Miteinander und mehr Rücksichtnahme. Schließlich ist jeder Unfall, der im Straßenverkehr „passiert“, auf in der jeweiligen Situation nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen. Und erst bei der Geschwindigkeit 0 wird es wohl keine Verkehrsunfälle mehr geben. Otfried Bohle, Aystetten
Dafür
Wenn die meisten Deutschen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen befürworten, dann spricht das doch für sich. Zudem sollte klar sein, dass mit dem Klimawandel ein Umbruch begonnen hat, der uns noch viel mehr abverlangen wird, als nur ein bisschen vom Gas zu gehen. Ein Tempolimit wäre da nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine (kosten-)günstige ErsteHilfe-Maßnahme, eine Möglichkeit, endlich anzufangen und den Worten wirksame Taten folgen zu lassen: die Unfallzahlen zu verringern und ein paar Tonnen unnötiger CO2-Emissionen zu vermeiden. Wohin indes das Verkehrsministerium steuern will, sagt dessen Sprecher Alois Rainer: „Es soll bleiben, wie es ist.“Heißt: Die Überholspur als unfallträchtige Rennstrecke beibehalten und den Herstellern PSstrotzender Karossen auch künftig nicht das aus der Zeit fallende Geschäftsmodell verhageln. Bravo! Michael Bahr, Amberg
Seit Jahrzehnten Diskussionen über das längst überfällige Tempolimit, nun der große Knall: Unterstützung durch keinen Geringeren als den ADAC – mir fehlen die Worte! Dazu der große Aufschrei des Entsetzens natürlich von der Firma Porsche. Und dann, völlig daneben, ganz neu die Sparte „Umweltschutz“.
Denn die Emissionseinsparungen für unseren angeschlagenen Planeten verpuffen nahezu wirkungslos, wenn 130 in unserem kleinen Deutschland eingeführt werden. Das für mich größte Argument für ein Tempolimit sind die inzwischen zu Höllenmaschinen mutierten Autos (nicht nur die SUVs) mit irren PS-Zahlen und Höchstgeschwindigkeiten bis 300 km/h und mehr. Obwohl ich selbst gern mal flott mit über 130 unterwegs bin, aber dieser Geschwindigkeitswahn hat auf öffentlichen Straßen absolut nix zu suchen. Wie wäre es mal mit einem ein Jahr dauernden Versuch von Tempo 160, da kann jeder, der „etwas“flotter fahren will, gerne das tun und alle anderen brauchen dann keine Schweißausbrüche bekommen, wenn sie mal auf die linke Spur mit 130 wechseln, um einen Lkw zu überholen.
Ulrich Götzfried, Friedberg
Ungebremste Neurosen
Unser Innenminister Joachim Herrmann sollte nicht nur das Tempolimit auf der A8 zwischen Augsburg und Ulm-Elchingen einer eingehenden Prüfung unterziehen, sondern auch auf seinen Kollegen im Bund im Hinblick auf alle deutschen Autobahnen zugehen. Ein Tempolimit ist mehr als überfällig. Dann gäbe es nicht nur auf der A8 zwischen Augsburg und Ulm-Elchingen weniger Tote, sondern im ganzen Land. Deutschland ist das einzige Land in Europa, in dem die Autofahrer ihre Neurosen ungebremst ausleben können. Deutlich punkten würde eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung in Sachen Klimaschutz. Ein Tempolimit von 130 km/h ergäbe ein CO2-Einsparpotenzial von bis zu zwei Millionen Tonnen pro Jahr, so die Berechnungen des Umweltbundesamtes. Das sind knapp zwei Prozent der gesamten CO2-Emissionen des Pkw-Verkehrs.
Monika Nuber, Kempten
Ein wenig Rücksicht
Um die gefährlichen Situationen zu vermeiden, wäre schon viel geholfen, wenn alle Hobbyautobahnfahrer ihre vorhandenen Spiegel regelmäßig benutzen würden, um den Verkehr hinter ihnen zu beobachten. Dann kann es auch nicht passieren, dass plötzlich aus dem Nichts ein Auto von hinten angerast kommt, wie immer wieder behauptet wird. Ich fahre im Jahr circa 60000 km und auch gerne schneller als die 130 km/h, und das seit über 30 Jahre ohne selbst verschuldeten Unfall. Auch wenn ich mich an die 130 halte, kann ich mich nicht daran erinnern, wann mir das letzte Mal die Lichthupe gezeigt wurde. Wenn jeder ein wenig Rücksicht auf den anderen nehmen würde, wären viele Unfälle auch ohne Tempolimit vermeidbar. Martin Wassermann, Ronsberg
Konzentration, bitte
Sicher ist jeder Unfall einer zu viel. Aber die Ursache liegt meist nicht in überhöhter Geschwindigkeit, sondern in mangelnder Aufmerksamkeit der Autofahrer. Anstelle sich auf das Fahren zu konzentrieren, lassen sich viele zu sehr von anderen Dingen ablenken (Handy usw.). Als langjähriger Vielfahrer kann ich dies recht gut beurteilen. Wenn jeder sich auf das Fahren selbst konzentriert, ist die Unfallgefahr, egal bei welcher Geschwindigkeit, auf ein Minimum beschränkt.
Ernst Vogt, Senden
Besser Lkw regulieren
Ein generelles Tempolimit zur Senkung der Unfallzahlen wäre kontraproduktiv. Die meisten Unfälle auf Bundesautobahnen entstehen durch Unachtsamkeit, insbesondere durch plötzliche Spurwechsel bei Überholvorgängen, und bei mittleren Geschwindigkeiten von 80 bis 130 km/h. Bei einem Tempolimit würden potenziell noch mehr Ablenkungen eher zu höheren Unfallzahlen führen. Beleg hierfür sind die im Vergleich höheren Unfallzahlen in vielen anderen Ländern, beispielsweise den USA trotz sehr strengem Tempolimit von je nach Bundesstaat 90 bis 110 km/h und viel geringerem Verkehrsaufkommen. Besser wären klar gekennzeichnete, abschnittsweise LkwÜberholerlaubnisse, ansonsten aber grundsätzliches Lkw-Überholverbot.
Gregor Braun v. Stumm. Augsburg
Wäre nichts wert
Welchen Sinn sollte ein Tempolimit auf Autobahnen haben, wenn es kaum überwacht werden kann? Ich fahre seit fast 50 Jahren Auto und stelle seitdem einen fortschreitenden Abbau jeglicher polizeilicher Überwachung im Straßenverkehr fest. Polizisten räumten dies mir gegenüber auch schon unverhohlen ein, da sie anderweitig ohnehin völlig überbelastet seien. Gesetze, die nicht überwacht werden (können), sind aber nichts wert! Dies entspricht einem allgemein zu beobachtenden Trend: Aus reinem Aktionismus werden ständig neue Verbote verhängt und nicht wirklich durchgesetzt.
Siegfried Tannheim, Leipheim
Die Unfallzahlen
Was sagt die Statistik? Unfälle im gesamten Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord im Jahr 2018 gab es 27 345 – davon waren gerade einmal 3,6 % auf Autobahnen: 984. Nun könnte man argumentieren, dass bei hoher Geschwindigkeit auf Autobahnen bestimmt schwerere Unfälle passieren – aber auch hier schafft ein Blick in die Originalstatistik Klarheit: Auf der Autobahn gab es bei Geschwindigkeiten über 130 km/h 122 von insgesamt 4888 Verkehrsverletzten, 2,5 %. Und ein Mensch kam 2018 auf der Autobahn ums Leben, von insgesamt 25 Verkehrstoten, 4 %. Die Verkehrspolitik hätte wirklich dringendere Themen als ein Tempolimit auf der Autobahn.
Klaus Weber, Bonstetten
Gschmäckle
An ein Tempolimit auf unseren Autobahnen, insbesondere auf der A8, ist vermutlich nicht zu denken, denn: Das erhöhte Unfallgeschehen ergibt für die Autoindustrie eine verlässliche Absatzgröße, nicht nur durch den Verkauf neuer Autos. Einen ergiebigen Umsatz durch den Verkauf von Ersatzteilen will man sich sicher auch nicht entgehen lassen. Dass unsere Politiker, insbesondere die drei CSU-Verkehrsminister stets versuchen, uns vom Gegenteil zu überzeugen, das hat schon ein Geschmäckle. Sind die übrigen europäischen Länder und auch Länder in Übersee doof, dass sie die Weisheit unserer Verkehrspolitik nicht verstehen, oder haben die einfach mehr Respekt vor Leben und Gesundheit?
Klaus-Peter Schubert, Augsburg
Lächerlich
Der Minister sollte zuerst die Ursachen für dieses Verkehrsaufkommen prüfen. Diese Autobahn ist verkommen zu einer Lastenbahn, auf der sich endlose ein- bis zweispurige Lkw-Schlangen bewegen und den Pkw-Verkehr behindern. Für den größten Anteil der schweren Unfälle sind nicht „Schnellfahrer“verantwortlich, das sind vornehmlich die Lkw und die Ausweichmanöver um sie herum. Jetzt springt auch noch der ADAC auf diesen Unfug auf (ist sofort gekündigt). Gestraft wird erneut der Steuerzahler, der Finanzier dieser „Pseudo-Schnellstraßen“… Nachbarländer lachen über uns – dort wird der Lkw auf der Schiene transportiert.
Dr. Rudi Sedlmeier, Rettenbach