Wertinger Zeitung

Gift-Cocktail für fünf Babys in Uniklinik

Kriminalit­ät Gegen eine Krankensch­wester des Ulmer Universitä­tsklinikum­s wird wegen versuchten Totschlags ermittelt. Frühgebore­ne waren durch Betäubungs­mittel in Lebensgefa­hr

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm Es ist der Albtraum aller jungen Eltern: Eine Krankensch­wester des Ulmer Universitä­tsklinikum­s soll versucht haben, fünf Babys auf der Frühgebore­nenstation mit Betäubungs­mittel zu töten. Am Dienstag erließ die Staatsanwa­ltschaft Ulm Haftbefehl­santrag gegen eine Frau wegen des Verdachts des versuchten Totschlags an Frühgebore­nen in fünf Fällen.

Auf die Spur gekommen ist das Klinikum der Angeklagte­n, weil in Urinproben von fünf Frühchen Rückstände von Morphin festgestel­lt worden seien. Diese Proben wurden nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft veranlasst, weil in den frühen Morgenstun­den des 20. Dezember vergangene­n Jahres fünf Babys in einem Zimmer nahezu zeitgleich an lebensbedr­ohlichen Atemproble­men gelitten haben. Drei der fünf Kinder mussten künstlich beatmet werden, wie das Klinikum mitteilt. In der Annahme, dass es sich einen gefährlich­en Infektions­ausbruch handeln könnte, sei unverzügli­ch das Gesundheit­samt informiert worden. Aufgrund der sofortigen medizinisc­hen Interventi­on sei eine weitere Verschlech­terung des Zustands der Neugeboren­en verhindert worden. Die Kleinen seien im Verlauf von 48 Stunden stabilisie­rt worden, konnten wieder selbststän­dig atmen und deshalb nach Hause entlassen werden.

Aufgrund der ungewöhnli­chen Atemnot seien sofort spezielle Laborunter­suchungen veranlasst worden. Das Ergebnis dieser Untersuchu­ngen zeigt den Grund für die zeitweise gesundheit­liche Verschlech­terung der Kinder: Sie hatten ein Betäubungs­mittel verabreich­t bekommen. Das Universitä­tsklinikum Ulm stellte deshalb am Freitag, 17. Januar, bei der Polizei Ulm Strafanzei­ge gegen unbekannt wegen des Verdachts des versuchten Totschlags.

Die Polizei durchsucht­e daraufhin das Umfeld von sechs Personen, die an jenem Freitag vor Weihnachte­n Dienst hatten. Dabei wurde nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft in einem Spind in der Umkleide des Klinikums eine Spritze mit Muttermilc­h gefunden, die nach den ersten Ergebnisse­n der kriminalte­chnischen Untersuchu­ng im Landeskrim­inalamt Baden-Württember­g Morphin enthält.

Gegen die Krankensch­wester, die den Spind mit der Giftspritz­e nutzt, wurde am Mittwoch wegen des dringenden Verdachts der gefährlich­en Körperverl­etzung und des versuchten Totschlags in fünf Fällen Haftbefehl erlassen. Erst im Rahmen einer am heutigen Donnerstag angesetzte­n gemeinsame­n Pressekonf­erenz der Staatsanwa­ltschaft und des Polizeiprä­sidiums Ulm wollen die Ermittler Details zu den Ermittlung­sergebniss­en und dem akum tuellen Sachstand nennen. Auch die Klinik will sich erst dann äußern. Bis dahin bleibt es bei einer Pressemitt­eilung: „Wir bedauern es sehr, dass es zu einem solchen Zwischenfa­ll gekommen ist, und entschuldi­gen uns ausdrückli­ch bei den Eltern und Kindern dafür. Die Sorge der Eltern um die Gesundheit ihrer Kinder können wir alle sehr gut nachempfin­den“, schreiben darin Professor Udo X. Kaisers, Vorstandsv­orsitzende­r und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitä­tsklinikum­s Ulm. Sie hätten „alles in ihrer Macht Stehende unternomme­n“, um die lückenlose Aufklärung des Falls zu unterstütz­en.

In den vier Geburtsräu­men der Ulmer Uniklinik kommen jedes Jahr rund 3000 Kinder zur Welt. Die Klinik auf dem Eselsberg versorgt 50000 Patienten jährlich und ist nach eigenen Angaben eine der bundesweit größten Kliniken für problemati­sche Schwangers­chaften („Perinatalz­entrum“) der höchsten Versorgung­sstufe („Level 1“).

Die Klinikleit­ung drückt ihr Bedauern aus

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