Söders und Putins erstes Mal
Politik Während seines Besuchs in Moskau muss sich der CSU-Chef auf dem internationalen Parkett beweisen. Russland schätzt seinen Gast – wirtschaftlich und kulturell. Trotzdem ist es keine leichte Aufgabe für Markus Söder
Moskau Noch ganz im weihnachtlich-märchenhaften Festschmuck präsentiert sich die russische Hauptstadt beim Besuch von CSU-Chef Markus Söder. Er war zwar schon mehrfach in Moskau, aber sein vierter Besuch ist der bisher wichtigste. Erstmals trifft er Präsident Wladimir Putin im Kreml persönlich. Die festliche Deko am Roten Platz und sonst überall, sagt Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin mit feierlichem Lächeln, stehe und hänge noch immer – extra für den Gast aus München. Söder hat bayerisches Bier als Gastgeschenk für Putin und Sobjanin dabei. Aber er ist nicht gekommen, um nur Freundlichkeiten auszutauschen.
Es ist dem Regierungschef aus Bayern anzumerken, dass er mit gemischten Gefühlen angereist ist. Eine Einladung von Putin schlägt niemand aus. Trotzdem sind die Zeiten für solche Treffen nicht ideal. Der Mord an einem Georgier in Berlin im August 2019 – womöglich im staatlichen russischen Auftrag – belastet die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Söder spricht das an. Auch die Sanktionen im Ukraine-Konflikt hängen wie die dunklen Wolken an diesem grauen Moskauer Wintertag über dem deutsch-russischen Verhältnis.
Für Söder ist die Reise ein Balanceakt. Er weiß um die wirtschaftlichen Interessen bayerischer Konzerne in Russland – Siemens ist groß hier. Die Russen fahren auch gern Autos aus dem Freistaat. Zugleich muss er betonen, dass die Sanktionen bleiben, solange es keine echten Fortschritte gibt bei der Lösung des blutigen Konflikts in der Ostukraine. Darin unterscheidet er sich etwa von den ostdeutschen Ministerpräsidenten, die für ein Ende der Sanktionen plädieren – und für Putin daher die angenehmeren Gäste sind.
Söder will die Linie der deutschen Außenpolitik mit seinem Besuch verstärken, wie er sagt. Er hat sich mehrfach mit Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) abgesprochen. Dabei bewegt sich Söder hier auch auf dem großen diplomatischen Parkett – immer mit dem versierten deutschen Botschafter in Moskau, Géza Andreas von Geyr, als Sicherheitsnetz an seiner Seite. Aus München hat er sich auch noch Diplomat Wolfgang Ischinger zur Unterstützung mitgebracht. Söder, der wie Ischinger eigentlich Transatlantiker ist, hebt auch Russlands starke Rolle bei dem Versuch hervor, Konflikte wie in Syrien und Libyen zu lösen.
Aber warum hat Putin Söder eingeladen? Die Russen schätzen Bayern – nicht nur wegen der wirtschaftlichen Stärke. Beliebt sind auch bayerisches Brauchtum, Bier und Weißwürste. Und nicht zuletzt ist Söders Besuch bei Putin Futter für das russische Staatsfernsehen. Als Söder in der Früh mit einer Kranzniederlegung an den Sieg der Sowjetunion über den Hitlerfaschismus erinnert, sind die russischen Kameras ganz nah dran. Kremlchef Putin hat Söder aber nicht deshalb zu sich gerufen. Zum einen gibt es eine lange Tradition der Besuche von CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten in Moskau. Ein persönliches Treffen mit ihnen ist für alle russischen Präsidenten stets eine politische Kür. Zum anderen ist Russland dringend auf Investitionen angewiesen. Wirtschaftlich geht es dem Land wegen der seit mehr als fünf Jahren geltenden Sanktionen und wegen der vergleichsweise niedrigen Ölpreise schlecht wie seit Jahren nicht. Putin hat Reformen angekündigt. Es gibt eine neue Regierung – und mit ihr die Hoffnung, dass deutsche und andere westliche Geldgeber wieder mehr investieren. Söder macht in Moskau deutlich, dass viel mehr möglich sei in den deutsch-russischen Beziehungen. Er betont aber, dass sich vor allem Russland dafür bewegen müsse. Nicht nur im Ukraine-Konflikt.
Der CSU-Chef trifft vor seinem Besuch im Kreml auch Menschenrechtler, die zunehmenden Repressalien ausgesetzt sind. Er mahnt demokratische Freiheiten an. Mit Bürgermeister Sobjanin vereinbart er, dass Bayern und die größte Stadt Europas mit ihren mehr als zwölf Millionen Einwohnern wirtschaftlich enger zusammenarbeiten wollen. Es bleibt aber ein Besuch der kleinen Schritte, wie Söder einräumen muss. Ulf Mauder, Marco Hadem,