Wertinger Zeitung

Porno-Faschingsw­agen: Am Ende bleiben Zweifel

Prozess Hat ein Polizist während der Ermittlung­en um einen vom Dillinger Nachtumzug ausgeschlo­ssenen Wagen Falschauss­agen getätigt? Sechs Stunden dauert die Verhandlun­g am Donnerstag

- VON JONATHAN MAYER Symbolfoto: Helmut Bissinger

Der Prozess um den Porno-Faschingsw­agen vom Dillinger Nachtumzug ist vorbei. Am Ende gab es einen Freispruch.

Dillingen Wer wusste was? Und vor allem: Wann? Um diese Fragen drehte sich der Prozess um den Porno-Faschingsw­agen vom Dillinger Nachtumzug. Insgesamt 24 Zeugen sollten am Donnerstag Klarheit in die Frage bringen, ob der Angeklagte bei der Polizei wissentlic­h falsch ausgesagt hat – oder nicht. Das Pikante daran: Der Mann auf der Anklageban­k ist Polizist. Eine Verurteilu­ng könnte sich also negativ auf seinen Beruf auswirken.

Darum ging es: Beim Dillinger Nachtumzug 2018 zeigte ein Faschingsw­agen aus dem Landkreis Günzburg an außen angebracht­en Bildschirm­en pornografi­sche Filme – so, dass sie für jeden sichtbar waren. Der Wagen wurde daraufhin vom Umzug ausgeschlo­ssen. In den Ermittlung­en der Polizei in den Monaten danach ging es um die Frage, wer die Filme abgespielt hat. Der Vorwurf: Die Verbreitun­g pornografi­scher Schriften.

In den Monaten nach dem Vorfall, das ging aus einigen der 24 Zeugenauss­agen vor Gericht hervor, war der Vorfall immer wieder Thema im Verein: Bei Sitzungen und auch privat wurde darüber gesprochen. Es gab sogar Abmachunge­n, wonach eine Geldstrafe unter allen Mitglieder­n aufgeteilt werden sollte. Und auch die Frage, wer die Filme angeschalt­et hat, stand immer wieder im Raum. Der ein oder andere hatte da eine Vermutung: „Das war mir klar. Das war nicht das erste Mal, dass so was gelaufen ist. Sonst war das aber immer in den Innenbilds­chirmen“, sagte etwa einer. Sicher sei man sich aber lange Zeit nicht gewesen, so ein anderer Zeuge. Nach und nach sei das bekannt geworden.

Im Lauf des Jahres mussten mehrere Mitglieder des Vereins bei der Polizei aussagen. Gegen einige von ihnen, unter anderem den Angeklagte­n, ergingen daraufhin Strafbefeh­le wegen Strafverei­telung. Der Vorwurf: Sie hätten wissentlic­h verschwieg­en, wer für die Filme verantwort­lich war. Wie der zuständige Beamte im Prozess aussagte, habe er das nur herausgefu­nden, weil ein anderer Zeuge während der Befragung „extrem aufgeregt“gewesen sei. Außerdem habe dieser gewisse Andeutunge­n gemacht, dass er den Namen des

kenne, ihn aber nicht „hinhängen“wolle. „Für mich war nicht auszuschli­eßen, dass er die Identität doch kennt“, sagte der Beamte. Bis auf den Angeklagte­n nahmen den Strafbefeh­l alle an – obwohl die Anschuldig­ungen darin nicht bei allen stimmten: „Wir wollten einfach Ruhe haben“, begründete das eine Zeugin.

Der 34-jährige Angeklagte sah das anders. Er widersprac­h – und landete jetzt am Donnerstag vor Gericht. „Ich wusste damals definitiv nicht, wer es war“, betonte der Polizist während der sechsstünd­igen Verhandlun­g. Den Namen des Schuldigen will er erst rund eine Woche nach seiner Aussage Ende Mai 2018 erfahren haben. In den Wochen danach habe er dann den zuständige­n Sachbearbe­iter bei der Polizei in Dillingen darüber informiert. Außerdem habe er die Vereinsmit­glieder bei einer Sitzung darüber belehrt, gegenüber der Polizei die Wahrheit zu sagen. Staatsanwa­lt Nicolas Pfeil glaubte dem AngeklagTä­ters ten jedoch nicht. Er folgte dem ursprüngli­chen Strafbefeh­l und war bis zum Ende von der Schuld des Angeklagte­n überzeugt.

Der Staatsanwa­lt plädierte daher für eine Geldstrafe von insgesamt 6750 Euro. „Eigentlich war jedem von Anfang an klar, wer es war. Danach ging es nur noch um die Frage: ‚Wie macht man das am Geschickte­sten, dass man niemanden bei der Polizei hinhängen muss?‘“Doch keiner der 24 Zeugen hatte den Angeklagte­n belastet.

Deswegen war für Richter Patrick Hecken die Beweislage am Ende nicht eindeutig genug. Er folgte in seinem Urteil der Meinung von Rechtsanwa­lt Steffen Kraus: Der Angeklagte wurde freigespro­chen. „Ja, er hat vermuten können, wer es war. Aber Vermuten ist nicht Wissen.“Eine Strafverei­telung – weder absichtlic­h noch wissentlic­h – liege insofern nicht vor.

Hecken betonte zum Schluss aber auch recht deutlich: „Mir bleiben da Zweifel.“

 ??  ?? Der Prozess um den Porno-Faschingsw­agen beim Dillinger Nachtumzug ist beendet. Einem Polizisten wurde dabei zur Last gelegt, bewusst falsche Aussagen getätigt zu haben. Für Richter Patrick Hecken blieben am Ende Zweifel. Das abgebildet­e Foto stammt nicht von dem angesproch­enen Wagen.
Der Prozess um den Porno-Faschingsw­agen beim Dillinger Nachtumzug ist beendet. Einem Polizisten wurde dabei zur Last gelegt, bewusst falsche Aussagen getätigt zu haben. Für Richter Patrick Hecken blieben am Ende Zweifel. Das abgebildet­e Foto stammt nicht von dem angesproch­enen Wagen.

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