Porno-Faschingswagen: Am Ende bleiben Zweifel
Prozess Hat ein Polizist während der Ermittlungen um einen vom Dillinger Nachtumzug ausgeschlossenen Wagen Falschaussagen getätigt? Sechs Stunden dauert die Verhandlung am Donnerstag
Der Prozess um den Porno-Faschingswagen vom Dillinger Nachtumzug ist vorbei. Am Ende gab es einen Freispruch.
Dillingen Wer wusste was? Und vor allem: Wann? Um diese Fragen drehte sich der Prozess um den Porno-Faschingswagen vom Dillinger Nachtumzug. Insgesamt 24 Zeugen sollten am Donnerstag Klarheit in die Frage bringen, ob der Angeklagte bei der Polizei wissentlich falsch ausgesagt hat – oder nicht. Das Pikante daran: Der Mann auf der Anklagebank ist Polizist. Eine Verurteilung könnte sich also negativ auf seinen Beruf auswirken.
Darum ging es: Beim Dillinger Nachtumzug 2018 zeigte ein Faschingswagen aus dem Landkreis Günzburg an außen angebrachten Bildschirmen pornografische Filme – so, dass sie für jeden sichtbar waren. Der Wagen wurde daraufhin vom Umzug ausgeschlossen. In den Ermittlungen der Polizei in den Monaten danach ging es um die Frage, wer die Filme abgespielt hat. Der Vorwurf: Die Verbreitung pornografischer Schriften.
In den Monaten nach dem Vorfall, das ging aus einigen der 24 Zeugenaussagen vor Gericht hervor, war der Vorfall immer wieder Thema im Verein: Bei Sitzungen und auch privat wurde darüber gesprochen. Es gab sogar Abmachungen, wonach eine Geldstrafe unter allen Mitgliedern aufgeteilt werden sollte. Und auch die Frage, wer die Filme angeschaltet hat, stand immer wieder im Raum. Der ein oder andere hatte da eine Vermutung: „Das war mir klar. Das war nicht das erste Mal, dass so was gelaufen ist. Sonst war das aber immer in den Innenbildschirmen“, sagte etwa einer. Sicher sei man sich aber lange Zeit nicht gewesen, so ein anderer Zeuge. Nach und nach sei das bekannt geworden.
Im Lauf des Jahres mussten mehrere Mitglieder des Vereins bei der Polizei aussagen. Gegen einige von ihnen, unter anderem den Angeklagten, ergingen daraufhin Strafbefehle wegen Strafvereitelung. Der Vorwurf: Sie hätten wissentlich verschwiegen, wer für die Filme verantwortlich war. Wie der zuständige Beamte im Prozess aussagte, habe er das nur herausgefunden, weil ein anderer Zeuge während der Befragung „extrem aufgeregt“gewesen sei. Außerdem habe dieser gewisse Andeutungen gemacht, dass er den Namen des
kenne, ihn aber nicht „hinhängen“wolle. „Für mich war nicht auszuschließen, dass er die Identität doch kennt“, sagte der Beamte. Bis auf den Angeklagten nahmen den Strafbefehl alle an – obwohl die Anschuldigungen darin nicht bei allen stimmten: „Wir wollten einfach Ruhe haben“, begründete das eine Zeugin.
Der 34-jährige Angeklagte sah das anders. Er widersprach – und landete jetzt am Donnerstag vor Gericht. „Ich wusste damals definitiv nicht, wer es war“, betonte der Polizist während der sechsstündigen Verhandlung. Den Namen des Schuldigen will er erst rund eine Woche nach seiner Aussage Ende Mai 2018 erfahren haben. In den Wochen danach habe er dann den zuständigen Sachbearbeiter bei der Polizei in Dillingen darüber informiert. Außerdem habe er die Vereinsmitglieder bei einer Sitzung darüber belehrt, gegenüber der Polizei die Wahrheit zu sagen. Staatsanwalt Nicolas Pfeil glaubte dem AngeklagTäters ten jedoch nicht. Er folgte dem ursprünglichen Strafbefehl und war bis zum Ende von der Schuld des Angeklagten überzeugt.
Der Staatsanwalt plädierte daher für eine Geldstrafe von insgesamt 6750 Euro. „Eigentlich war jedem von Anfang an klar, wer es war. Danach ging es nur noch um die Frage: ‚Wie macht man das am Geschicktesten, dass man niemanden bei der Polizei hinhängen muss?‘“Doch keiner der 24 Zeugen hatte den Angeklagten belastet.
Deswegen war für Richter Patrick Hecken die Beweislage am Ende nicht eindeutig genug. Er folgte in seinem Urteil der Meinung von Rechtsanwalt Steffen Kraus: Der Angeklagte wurde freigesprochen. „Ja, er hat vermuten können, wer es war. Aber Vermuten ist nicht Wissen.“Eine Strafvereitelung – weder absichtlich noch wissentlich – liege insofern nicht vor.
Hecken betonte zum Schluss aber auch recht deutlich: „Mir bleiben da Zweifel.“