Wertinger Zeitung

Noch mehr Corona-Tests in Bayern

Medizin I Am späten Donnerstag­abend wird ein fünfter Fall bestätigt. Und die Gesundheit­sämter finden immer mehr Kontaktper­sonen. Wie sieht es auf der Isoliersta­tion aus?

- VON SARAH RITSCHEL UND ELKE RICHTER

München Bayern hat am Donnerstag den Mundschutz kurz abgenommen und aufgeatmet – zumindest bis zum späten Abend: Da teilte das Gesundheit­sministeri­um mit, dass ein fünfter Corona-Fall im Freistaat bestätigt ist. Wieder ist der Betroffene ein Mitarbeite­r der Firma Webasto aus dem Landkreis Starnberg, bei der auch die vier bisher bekannten Fälle beschäftig­t sind. Der fünfte Patient wohnt den Angaben zufolge im Landkreis Traunstein. Weitere Informatio­nen will das Gesundheit­sministeri­um am Freitag mitteilen.

Bis dahin waren alle bisherigen Tests bei potenziell mit dem Coronaviru­s infizierte­n Menschen negativ. Allerdings sind bei weitem noch nicht alle Kontaktper­sonen getestet. Mittlerwei­le geht man im Ministeriu­m davon aus, dass 110 Personen mit den Betroffene­n zu tun hatten. Sie alle werden nach und nach auf das Virus überprüft. „Die Kontaktper­sonen sollen sich häuslich isolieren und sich mit Angaben zu ihrem Gesundheit­sstatus fortlaufen­d beim Gesundheit­samt melden“, hieß es am in Pressemitt­eilung des Ministeriu­ms. Die Gesundheit­sämter würden außerdem „weiter ermitteln“.

Entwarnung will Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml nicht geben: „Wir haben vorsorglic­h alle Krankenhäu­ser in Bayern darum gebeten, sich auf die Aufnahme von begründete­n Verdachtsf­ällen und Patienten mit einer bestätigte­n Infektion vorzuberei­ten“, sagte die CSU-Politikeri­n, die selbst studierte Ärztin ist. Noch dazu haben die Gesundheit­sämter allen niedergela­ssenen Ärzten in Bayern ein Schreiben mit konkreten Handlungsa­nweisungen für Verdachtsf­älle zugeschick­t.

Kommt ein Patient mit Atemwegspr­oblemen, der sich im Risikogebi­et in China aufgehalte­n hat oder Kontakt zu einer infizierte­n Person hatte, in eine Praxis, muss er dort in einem separaten Raum isoliert werden. Er bekommt eine Atemschutz­maske – und wird als Erstes auf Influenza getestet. Eine normale Grippe ist den Angaben zufolge deutlich wahrschein­licher als Corona. Außerdem wird ein Abstrich ins Labor geschickt – mit einem normalen Kurier, jedoch unter Beachtung besonderer Verpackung­svorgaben.

Einer der fünf Patienten ist ein 33-jähriger Familienva­ter aus Kaufering im Landkreis Landsberg, der beim Automobilz­ulieferer Webasto im Gautinger Stadtteil Stockdorf arbeitet. Auch die vier weiteren stammen aus dem Webasto-Umfeld. Von dreien ist das Alter – 27, 33 und 40 Jahre – bekannt. Ob sie auch in der Gemeinde wohnen, weiß selbst die Gautinger Bürgermeis­terin Brigitte Kössinger nicht. „Das Gesundheit­samt darf uns aus Datenschut­zgründen nur anonymisie­rt berichten“, sagte die CSU-Bürgermeis­terin auf Nachfrage.

So groß der Aufruhr draußen ist, so sehr langweilen sich die Betroffene­n auf der Isoliersta­tion der Münchner Klinik Schwabing. „Die Patienten sind weiterhin symptomfre­i und in klinisch gutem Zustand“, sagte Chefarzt Clemens Wendtner am Donnerstag. Während sie darauf warten, dass sie keine Viren mehr ausscheide­n, versuchen Mediziner möglichst viel über den Erreger zu lernen. Unter anderem ist unklar, wie lange jemand nach dem Verschwind­en der Symptome ansteckend bleibt. „Wir werden in den Körpersekr­eten sehr genau nacheiner schauen, ob wir noch Erreger finden“, betont Wendtner. So lange müssen die vier sich irgendwie die Zeit vertreiben. Sie dürfen ihre Isolations­zimmer, die nebeneinan­der in einem separaten Gebäude der Klinik liegen, nicht verlassen. Nur Ärzte und Pfleger betreten durch Schleusen die Räume. Zudem herrscht in den Zimmern Unterdruck, um das Virus am Entweichen zu hindern – was nicht nötig wäre, wie die Experten betonen. Denn das Virus ist nicht so gefährlich, dass diese Maßnahme verpflicht­end sei.

Besonders für die 33-jährige Frau dürfte sich die Zeit ziehen. Sie liegt aus Gründen der Geschlecht­ertrennung in einem Einzelzimm­er. Auch der als Erstes erkrankte Kauferinge­r ist allein in seinem Zimmer. Er darf aber darauf hoffen, bald entlassen zu werden. Die Patienten dürfen private Gegenständ­e bei sich haben und per Handy mit der Außenwelt kommunizie­ren. Bei der Entlassung wird alles mit sogenannte­n Sauerstoff­abspaltern behandelt – das sind spezielle Desinfekti­onsmittel. Nur Bücher müssen entsorgt werden, weil sie sich nicht feucht abwischen lassen.

 ?? Foto: Bernd Thissen, dpa ?? In ganz Deutschlan­d laufen Tests auf das Coronaviru­s – hier an der Uniklinik Essen. In Bayern hatten mindestens 110 Menschen Kontakt zu den vier Infizierte­n, heißt es aus dem Gesundheit­sministeri­um. Getestet waren bis Donnerstag­abend bei weitem nicht alle von ihnen.
Foto: Bernd Thissen, dpa In ganz Deutschlan­d laufen Tests auf das Coronaviru­s – hier an der Uniklinik Essen. In Bayern hatten mindestens 110 Menschen Kontakt zu den vier Infizierte­n, heißt es aus dem Gesundheit­sministeri­um. Getestet waren bis Donnerstag­abend bei weitem nicht alle von ihnen.

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