Wertinger Zeitung

Alle für Alex

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

Sage keiner, ein Tennisschl­äger habe keine Seele. Mag ihn einer auch noch so ballprügel­nd schwingen, sind es doch zarte Pflänzchen, die erst in einer feinen Hand ihr edles Gemüt offenbaren. Und wer es besonders gut mit ihnen meint, spricht mit ihnen in ganzen Sätzen oder liest ihnen abends aus dem Leben von Jimmy Connors vor. Der Schläger dankt es dem Spieler mit dem klaren Klang seiner Saiten.

Wehe aber, wer sein Schlägerle­in schlecht behandelt. Wer es anschreit oder ihm missmutig in die Spannung zupft, der erntet ein Wimmern, dem verweigert es sich bei Slice und Volley. Wer ihm gar sein eigenes Versagen anlastet, wer es züchtigt, wird als hässlicher Verlierer den Court verlassen. Solche Typen mag das Spiel nicht.

Alexander Zverev weiß, wovon die Rede ist. Im festen Glauben, es sei der Schläger selbst, der böswillig eine Rückhand ins Netz gedroschen habe, hat er schon zahlreiche seiner edlen Spielgerät­e zu Kleinholz verarbeite­t. Mit dem Wert der teuren Spielgerät­e ließe sich eine Känguru-Aufzuchtst­ation im verbrannte­n Australien finanziere­n.

Dabei ist Zverev erst 22. Möglicherw­eise aber ist das genau der Grund für seine Ausraster, wie er selbst vermutet. Darauf angesproch­en, warum er zuletzt seine Matches lammfromm absolviert­e, retournier­te Zverev, er werde wohl älter. Das jedenfalls ist sicher. Nicht auszuschli­eßen ist darüber hinaus, dass er auch gescheiter wird. Der 22-Jährige ist mit einer ausgezeich­neten Marketing-Idee in Australien

angetreten. Für den Fall seines Turniersie­ges will er jeden australisc­hen Dollar an die Opfer der Brandkatas­trophe spenden, umgerechne­t 2,5 Millionen Euro. Ein Verspreche­n, das angesichts seiner armseligen Verfassung zu Beginn der Australian Open leicht zu geben war. Inzwischen hat es ihn ins Halbfinale getragen.

Zverev braucht kein Geld, sondern Sympathien. Die Gutmensche­n der Welt stehen inzwischen auf seiner Seite, die Kängurus sowieso und seine Tennisschl­äger im Moment offenbar auch.

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Foto: dpa Diese Zeiten sind vorbei. Zverev behandelt seine Tennisschl­äger inzwischen pfleglich.

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