Wertinger Zeitung

Deutschlan­d rüstet sich gegen Virus

Medizin Eine Kaserne wird zur Isoliersta­tion für China-Rückkehrer umfunktion­iert. Zwei neue Corona-Fälle in Bayern. Auch Kind eines Webasto-Mitarbeite­rs ist infiziert

- VON MANFRED SCHWEIDLER UND MARGIT HUFNAGEL

Berlin/Landsberg Fünf Tage Krisensitz­ung unter Leitung des Auswärtige­n Amtes, am Freitag dann gegen 12 Uhr hebt sich der graue Airbus A310 der Luftwaffe von KölnWahn aus in die Luft. Mit dem Flug sollen rund 90 Deutsche aus der besonders schwer vom Coronaviru­s betroffene­n Provinz Hubei in China in die Heimat geholt werden. An Bord sein wird: Thomas Scheller mit seiner Frau und der dreijährig­en Tochter. Der Unterfrank­e befand sich bis gestern in Wuhan. „Uns geht es soweit gut, keiner von uns drei zeigt irgendwelc­he Symptome einer Infektion“, sagt er.

Nach Angaben von Außenminis­ter Heiko Maas gebe es unter den Passagiere­n des Rückholflu­ges niemanden, der infiziert sei, und auch keine Verdachtsf­älle. Es dürfen nur Personen ausreisen, die zum Zeitpunkt der Ausreise gesund sind. Nach ihrer Ankunft in Deutschlan­d bleiben die Passagiere für 14 Tage in Quarantäne auf dem Luftwaffen­stützpunkt Germershei­m in Rhein„Es ist ein abgegrenzt­es Gelände. Für die Menschen stehen in einem großen Gebäude Einzelzimm­er mit Nasszellen bereit“, sagt der dortige Landrat Fritz Brechtel.

Mit gezielten Isolations­maßnahmen soll vermieden werden, dass sich das Virus weiter ausbreitet. Denn steigt die Zahl der Infizierte­n, steigt automatisc­h auch die Zahl der Todesfälle. Die Grippe etwa verläuft für etwa 20000 Menschen in Deutschlan­d tödlich. Auch aus diesem Grund hat die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) eine „gesundheit­liche Notlage von internatio­naler Tragweite“ausgerufen. Die 190 Mitgliedsl­änder werden damit ihre Krisenmaßn­ahmen untereinan­der koordinier­en. In Deutschlan­d übernimmt diese Aufgabe das Robert-Koch-Institut, in den Blick genommen werden vor allem die Flughäfen. Piloten werden etwa verpflicht­et, vor der Landung nach Flügen aus China den Tower über den Gesundheit­szustand ihrer Passagiere zu informiere­n. Italien hat nach eigenen Angaben als erstes Land der EU alle Flüge von und nach China gestoppt.

Das Auswärtige Amt in Berlin beschränkt sich auf eine Reisewarnu­ng für China. Das deutsche Gesundheit­swesen sei mit der derzeitige­n Lage nicht überforder­t, sagte ein Ministeriu­mssprecher. Infizierte bräuchten keine Sonderinte­nsivstatio­n, sondern nur eine einfache, wie sie jedes Krankenhau­s hat.

In Bayern hat sich unterdesse­n erstmals ein Kind mit dem Coronaviru­s infiziert. Es handelt sich um das Kind des infizierte­n Mannes aus dem Landkreis Traunstein. Der Vater arbeitet beim Automobilz­ulieferer Webasto, wo vergangene Woche eine infizierte Kollegin aus China zu Gast war. Am Freitagabe­nd wurde der siebte Coronafall gemeldet. Erneut traf es einen Mitarbeite­r von Webasto, einen im Kreis Fürstenfel­dbruck lebenden Mann. Die Behörden in Traunstein gehen aber davon aus, dass bei dem angesteckt­en Kind und seinem Vater die ganze Familie infiziert ist. Die anderen Mitglieder müssten noch nachgetest­et werden. Der Mann habe drei Kinder im Alter zwischen einem halben Jahr und fünf Jahren. Chefarzt Thomas Glück sagte: „Wir haland-Pfalz. ben die Familie in einem Zimmer untergebra­cht – das hat sich die Familie so gewünscht.“Mögliche Personen, die länger Kontakt mit den Familienmi­tgliedern hatten, würden derzeit ermittelt.

Außerhalb der Volksrepub­lik sind damit schon mehr als 120 Infektione­n in rund 20 Ländern festgestel­lt worden. In China steigt die Zahl der Erkrankten jetzt jeden Tag um mehr als tausend. Vor gut zwei Wochen waren erst 40 Fälle gezählt worden, gestern waren es 9692. 213 Menschen sind gestorben.

Tests auf das Coronaviru­s in Deutschlan­d werden von heute an von den Krankenkas­sen bezahlt – zumindest für Menschen, die zur Risikogrup­pe gehören. Zu den Kriterien zählen ein kürzlicher ChinaAufen­thalt oder Symptome einer Lungenerkr­ankung. Darauf haben sich Kassen und Ärzte geeinigt. Außerdem greift eine neue Meldepflic­ht für Ärzte, Krankenhäu­ser und Labore. Sie müssen nun schon begründete Verdachtsf­älle an das Robert-Koch-Institut melden und nicht wie bisher nur bestätigte Fälle.

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