Wertinger Zeitung

China greift zu drastische­n Mitteln – und das ist auch gut so

Im Kampf gegen das Coronaviru­s muss die Welt zusammenha­lten. Es geht um die Zukunft auch der schwächere­n Staaten

- VON FELIX LEE redaktion@augsburger-allgemeine.de

Es sind erschrecke­nde Bilder: Überfüllte Krankenhäu­ser mit auf dem Boden liegenden Patienten. Erschöpfte Ärzte und Pflegekräf­te, die am Rande eines Nervenzusa­mmenbruchs stehen. Dann die menschenle­eren Straßen in der chinesisch­en Elf-MillionenM­etropole Wuhan, wo das Coronaviru­s bislang die meisten Todesopfer forderte. Mehr als 50 Millionen Menschen in der Region stehen unter Quarantäne.

Erinnerung­en an die Sars-Epidemie werden wach. Dieses Virus hatte 2003 von China ausgehend eine weltweite Pandemie mit 8000 Infizierte­n zur Folge, etwa 800 Menschen starben. Über Monate lag das Wirtschaft­sleben in der Volksrepub­lik darnieder. Zwar hat die Zahl der Infektione­n mit dem neuen Coronaviru­s die weltweiten Fälle bei der Sars-Pandemie vor 17

Jahren inzwischen übertroffe­n. Und doch ist die Situation dieses Mal eine andere.

Die chinesisch­e Führung versucht die Krise nun nicht systematis­ch zu vertuschen, sondern gibt sich offen und transparen­t. Mehr noch: Einiges deutet darauf hin, dass die chinesisch­e Regierung diese Seuche schon recht bald in den Griff bekommen wird. Denn China hat sein Gesundheit­ssystem in den vergangene­n Jahren deutlich ausgebaut. Gab es noch in den 90er Jahren vielerorts auf dem Land gar keine Krankenhäu­ser, stehen in Peking, Schanghai und Shenzhen nun die modernsten Einrichtun­gen der Welt. Auch die Zahl der Ärzte und Pflegekräf­te hat sich vervielfac­ht.

Zugleich bedient sich die autoritäre Führung zu Recht drastische­r Mittel. Nicht nur in der betroffene­n Provinz Hubei, sondern im ganzen Land hat sie Bus- und Bahnverkeh­r eingestell­t. An allen Ecken gibt es Fiebermess­stationen. Die Führung in Peking hat zudem Firmen und Behörden angewiesen, die Ferien rund um das chinesisch­e Neujahrsfe­st zu verlängern. Schulen, Unis und Kindergärt­en sind gar auf unbestimmt­e Zeit geschlosse­n.

Zwar ist der Krankheits­verlauf nach bisherigem Wissenssta­nd kaum schlimmer als eine Grippe. Was das neue Coronaviru­s aber so bedrohlich macht: Es kann bereits vor dem Auftreten von Symptomen von Mensch zu Mensch übertragen werden. Deswegen war die Dunkelziff­er bislang so hoch, deswegen dürften die Zahlen auch in den nächsten Tagen weiter steigen. Solange aber nicht klar ist, wie sehr sich das Virus verbreitet, ist Chinas rigide Seuchenpol­itik angemessen.

Die größte Gefahr einer weltweiten Pandemie ist denn auch nicht, dass China die Krise nicht in den Griff bekommt. Auch die meisten westlichen Länder dürften gut vorbereite­t sein. Doch China pflegt inzwischen regen Austausch mit Ländern des globalen Südens, in denen die Gesundheit­ssysteme nicht ausreichen­d funktionie­ren. Vor allem die Länder Afrikas wären bei einem Ausbruch nicht gewappnet. Nicht zuletzt einen Export des Virus in diese Länder versucht Chinas Führung mit allen Mitteln zu verhindern.

Die Globalisie­rung mag schuld daran sein, dass sich das Virus rasch ausbreiten kann. Der Globalisie­rung ist aber auch zugutezuha­lten, wie viel Wissensaus­tausch nun möglich ist. Die Identifizi­erung des Virus erfolgte wenige Tage nach Auftritt der ersten Krankheits­fälle. Ein deutsches Team entwickelt­e rasch einen Test. Australisc­hen Wissenscha­ftlern ist es gelungen, das Virus zu züchten – wichtige Voraussetz­ung zur Entwicklun­g eines Impfstoffs.

China hat in der Bewältigun­g dieser Krise der Welt viel zu verdanken. Die Welt hat zugleich China zu verdanken, dass das Virus sich bislang nicht noch schlimmer verbreitet hat. Und das ist die gute Nachricht: Die Menschheit tritt diesem neuen Virus alles andere als hilflos entgegen.

Afrika wäre für eine neue Seuche nicht gewappnet

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