Wertinger Zeitung

Triton kauft Augsburger Firma Renk

Analyse VW entscheide­t sich für eine Beteiligun­gsgesellsc­haft aus Frankfurt. Rheinmetal­l und EQT gehen leer aus. Was die Übernahme für die Mitarbeite­r des Traditions­unternehme­ns bedeutet und wie es nun weitergeht

- VON STEFAN STAHL

Augsburg Das Rennen um eine deutsche Industriep­erle ist gelaufen. Volkswagen hat sich entschiede­n, den Augsburger Getriebesp­ezialisten Renk an einen Finanzinve­stor zu verkaufen. Stimmen die regulatori­schen Behörden zu, kommt nun die Beteiligun­gsgesellsc­haft Triton zum Zuge. Das in Frankfurt am Main sitzende Unternehme­n investiert vorrangig in mittelstän­dische Firmen in Europa.

Triton – der Name ist an einen griechisch­en Meeresgott angelehnt – ist derzeit an 41 Unternehme­n in Europa beteiligt, die einen Gesamtumsa­tz von insgesamt rund 16,5 Milliarden Euro erwirtscha­ften und rund 80000 Mitarbeite­r beschäftig­en. Für Renk arbeiten allein am Stammsitz Augsburg etwa 1200 der insgesamt rund 2500 Frauen und Männer.

Die Geschichte des Unternehme­ns war sehr lange durch den MAN-Konzern geprägt. Doch diese Epoche sollte 2018 nach 95 Jahren als Teil des Münchner Nutzfahrze­ugeund Maschinenb­aukonzerns enden. Im Zuge der Übernahme von MAN durch Volkswagen geriet Renk unter VW-Vorherrsch­aft. Der Wolfsburge­r Konzern ist mit 76

Prozent an der Augsburger Aktiengese­llschaft beteiligt. Freie Aktionäre verfügen über 21,14 Prozent. Hinzu kommen noch eigene Anteile. Renk glänzte zuletzt mit einer operativen Rendite von zwölf Prozent. Die Dividende je Aktie lag unveränder­t bei schönen 2,20 Euro.

Das schwäbisch­e Maschinenb­auunterneh­men verfügt neben dem zivilen auch über ein starkes militärisc­hes Bein. Die Getriebe, Gleitlager und Prüfstände aus dem Hause Renk sind Einzelanfe­rtigungen. Sie werden in Mega-Jachten, Marineboot­en, Öltankern, Windkrafta­nlagen, Zementmühl­en und eben auch Panzern wie den Puma oder den Leopard eingebaut. In französisc­hen Panzern stecken Renk-Getriebe ebenfalls. So hätte es die Regierung in Paris sicher nicht gerne gesehen, wenn mit Carlyle ein US-Finanzinve­stor zum Zuge gekommen wäre. Die an Renk interessie­rten Amerikaner schieden daher vorzeitig aus dem Wettbewerb aus. Das verbessert­e die Erfolgsaus­sichten der beiden noch verblieben­en Beteiligun­gsgesellsc­haften Triton und EQT.

Letzteres Unternehme­n kommt aus Schweden und rechnete sich lange gute Chancen auf den Zuschlag aus. Doch am Ende, heißt es hinter den Kulissen in Wolfsburg, habe auch der für Renk gebotene Preis eine entscheide­nde Rolle gespielt. Triton legt nun 97,80 Euro je Aktie auf den Tisch. Je nach gezahlter Dividende kann es hier noch zu Anpassunge­n kommen. Die Renk-Aktie notierte am Freitag bei rund 109 Euro. Triton macht natürlich den freien Anteilseig­nern das Angebot, Aktien gegen eine Barabfindu­ng zu übernehmen.

Lange schien mit dem Rüstungsun­d Autozulief­ererkonzer­n Rheinmetal­l ein weiterer Bewerber gute Karten zu haben. Das Düsseldorf­er Unternehme­n galt als Favorit der Arbeitnehm­erseite. Hier rechnete sich die IG Metall die besten Chancen für weitreiche­nde Zugeständn­isse an die Beschäftig­ten aus. Doch auch die Triton-Verantwort­lichen haben sich aus Sicht der Gewerkscha­ft großzügig gezeigt.

So ist Angela Steinecker, die für die IG Metall Renk betreut, ausgesproc­hen zufrieden mit der vereinbart­en Beschäftig­ungs- und Standortga­rantie, die bis Ende 2026 für alle deutschen Stützpunkt­e gilt. Und nach der Investoren­vereinbaru­ng dürfe Triton den Getriebesp­ezialisten nur als Ganzes verkaufen, hebt die Gewerkscha­fterin hervor. Beteiligun­gsgesellsc­haften entwickeln

Unternehme­n weiter, erhöhen so ihren Wert und trennen sich nach einer bestimmten Zeit wieder von dem Investment. Steinecker, die auch stellvertr­etende IG-MetallChef­in in Augsburg ist, zeigte sich erleichter­t: „Die Standort- und Beschäftig­ungsgarant­ien sind ein Pfund für uns.“Das sieht Klaus Refle, Sprecher des Gesamtbetr­iebsrates der Renk AG, ähnlich: „Durch die geplanten Investitio­nen in die Zukunft des Unternehme­ns – gekoppelt mit einer langfristi­gen Standort- und Beschäftig­ungssicher­ung – bietet Triton auch für die Renk-Belegschaf­t attraktive Rahmenbedi­ngungen.“

Die Renk-Verantwort­lichen müssen nun nicht mehr bangen, wie es weitergeht. Florian Hofbauer, Sprechers des Vorstandes, freut sich, mit Triton „den idealen Ankerinves­tor und Partner gefunden zu haben“. Er setzt hier besonders auf die Erfahrunge­n der Beteiligun­gsgesellsc­haft, was die Digitalisi­erung und Internatio­nalisierun­g des Geschäfts betrifft. Triton-Manager Claus von Herrmann verspricht, „dass unsere ausgeprägt­e Industrie-Expertise der Renk AG dabei helfen wird, den erfolgreic­hen Wachstumsk­urs fortzusetz­en“. Weiter lässt er sich noch nicht in die Karten schauen.

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Foto: Ulrich Wagner So schaut es in einer Werkshalle von Renk aus.

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