Was macht Augsburg aus dem Welterbe?
Hintergrund Seit einem halben Jahr trägt die Stadt den Titel, doch im Alltag sichtbar ist das kaum. Dennoch könnte mittelfristig die ganze Region profitieren, sagen Kenner
Augsburg Gut ein halbes Jahr ist vergangen, seit Augsburg in die Reihen der Welterbestätten aufgenommen wurde. Im Juli verlieh die Unesco der Stadt den Titel für ihr historisches Wassermanagement-System. Über Jahrhunderte hinweg sicherte es der Ansiedlung zwischen Lech und Wertach frisches Trinkwasser sowie Antriebswasser für die Mühlen der Handwerksbetriebe. Der Aufstieg zum europäischen Handelszentrum und später zur Textilmetropole – ohne das Wasser wäre beides nicht denkbar gewesen.
Den Titel „Welterbestätte“darf Augsburg seit Juli tragen. Offiziell wird die Ernennung aber erst diesen Samstag: Im Rahmen eines Festakts überreicht Michelle Müntefering, Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik, der Stadt die offizielle Unesco-Urkunde. Es ist ein symbolischer Akt, eine finanzielle Unterstützung ist damit nicht verbunden. Wohl aber ein Auftrag, denn Welterbestätten erklären sich nicht nur bereit, die ausgezeichneten Denkmäler zu erhalten, sie nehmen mit dem Titel auch einen Bildungsauftrag an.
Wer dieser Tage nach Augsburg kommt, sieht nicht viel vom neuen Status: Die Prachtbrunnen in der Maximilianstraße und vor dem Rathausplatz – alle drei WelterbeDenkmäler – sind zum Schutz vor der Witterung eingehaust. Die Wassertürme am Roten Tor können nur im Rahmen von Führungen besichtigt werden, mehr als 15 Personen auf einmal dürfen sowieso nicht hinein; der Denkmalschutz schreibt es so vor. Auch die Wasserkraftwerke, viele von ihnen in Privatbesitz, können kaum besucht werden. Das Wassermanagement-System funktioniert noch heute und wo gearbeitet wird, dürfen Touristen nicht einfach ein- und ausgehen.
Dies und die Tatsache, dass sich ein komplexes System aus Kanälen, Brunnen und Wasserwerken schwerer erklären lässt als beispielsweise ein Altstadt-Ensemble, machen Augsburg die Vermittlung des Welterbe-Status schwer. Deshalb will die Stadt zunächst in ein einheitliches Informationssystem investieren: Vor jedem der 22 Welterbe-Denkmäler soll noch in diesem Jahr eine Infotafel aufgestellt werden, die die wichtigsten Zusammenhänge erklärt. Sukzessive sollen sich dann kleine, dezentrale Besucherzentren entwickeln, in denen Gäste mehr über Architektur, Natur, Technik und historische Zusammenhänge der Wasserversorgung erfahren können.
Große Summen in den Ausbau der Welterbe-Infrastruktur kann und will Augsburg nicht investieren. Gleich nach der Ernennung hatte die Stadtverwaltung betont, dass die wichtigsten Denkmäler saniert und in gutem Zustand seien. Man werde deshalb mit kleineren Investitionen auskommen. 2020 soll unter anderem ein Leitsystem entwickelt werden, anhand dessen interessierte Gäste zu den wichtigsten Orten der Welterbestätte geführt werden können. Intensiviert wurde die Zusammenarbeit mit Hochschule, Universität und weiteren Forschungseinrichtungen. Das Wasser – eine Ressource, die nicht unendlich ist – soll auch in diesem Bereich eine wichtigere Rolle spielen.
Die Zahl der Besucher, die wegen des Titels nach Augsburg kommen, hat seit Juli zugenommen. Touristiker bestätigen, dass es mehr Nachfragen speziell zum Welterbe gibt. Rund ein Jahr dauert es laut Augsburgs Tourismusdirektor Götz Beck, bis sich ein solcher Titel innerhalb Deutschlands herumspricht, bis zu fünf Jahre, bis er weltweit Publikum zieht.
Schon jetzt bescheren Touristen der Region Augsburg jedes Jahr einen Umsatz von rund einer Milliarde Euro, größter Nutznießer ist der Einzelhandel. Mehr und mehr haben sich zuletzt auch Hotelketten um Standorte in Augsburg bemüht. Ihre Auslastung liegt mit knapp 50 Prozent über dem bayerischen Durchschnitt. Der Welterbetitel, so Kenner, dürfte diese in Zukunft weiter beflügeln.
Große Summen will die Stadt nicht investieren