Zweite Chance für einen Besessenen
Super Bowl Für die Kansas City Chiefs und Cheftrainer Andy Reid geht eine lange Wartezeit zu Ende. Am Sonntag spielen sie um den Titel in der NFL. Seine Laufbahn prägen Rückschläge
Miami/Augsburg Andy Reids Karriere ist geprägt von Niederlagen, nicht nur auf dem Feld. Dabei ist der Kalifornier eigentlich ein Gewinner, hat von rund 350 Spielen in der NFL fast 230 gewonnen, nur sechs Trainer in der Geschichte haben eine bessere Bilanz. Fast immer gehörten seine Teams zu den Besten der Liga und schafften es in die Play-offs. Doch jährlich scheiterten sie dort, mal früher, mal später. Reid ist der erfolgreichste Trainer der NFL, der nie Meister wurde. Zum zweiten Mal steht er im Super Bowl, im ersten Versuch 2005 hatte er mit den Philadelphia Eagles gegen die New England Patriots verloren. Es war eine Niederlage, wie sie typisch ist für Andy Reid: Bloß drei Punkte fehlten, selten ist es weniger, was Sieger und Verlierer im Football trennen. Nun hat er wieder eine Chance auf den Titel. Sollte er in der Nacht zum Montag die wichtigste Trophäe im American Football tatsächlich gewinnen, bekommt seine Geschichte noch ihr Happy End.
Seit sieben Jahren ist der 61-Jährige in Kansas City, das Team und vor allem Spielmacher Patrick Mahomes gehören zu den Attraktionen der Liga. Dabei begann Reids Zeit bei den Chiefs am Tiefpunkt – für Klub und Trainer. 2012, kurz bevor Reid übernahm, erschoss ein Verteidiger der Chiefs erst seine Freundin und dann sich selbst – auf dem Trainingsgelände. Sportlich war das Team das schlechteste der ganzen Liga. Reid war da noch in Philadelphia, doch die von ihm trainierten Eagles nur mickrige zwei Siege besser als Kansas City. Während der Saison starb sein drogenabhängiger Sohn an einer Überdosis Heroin. Nach 14 Jahren in Philadelphia ließ das Management seinen Vertrag auslaufen. Vier Tage lang war der heute 61-Jährige arbeitslos – dann folgte der Vertrag bei den Chiefs.
Kollegen beschreiben Reid als einen Besessenen, doch damit ist er nicht alleine unter den Trainern der NFL. 16-Stunden-Tage sind für viele keine Ausnahme. Bei Reid werden es manchmal sogar noch ein paar Stunden mehr. „Er muss effizienter werden“, sagt David Akers, ein ehemaliger Spieler Reids. „Auch, um sich um die wirklich wichtigen Dinge kümmern zu können. Im Leben geht es um mehr als darum, ein fantastischer Coach zu sein.“Das ist Reid ohne Frage. Immer wieder gelang es ihm, schwierige Typen in seine Teams zu integrieren: Michael Vick zum Beispiel, der Hundekämpfe organisiert hatte und deshalb zwei Jahre im Gefängnis gesessen war. Oder Tyreek Hill, der wegen häuslicher Gewalt auf Bewährung war und im Halbfinale vor zwei Wochen zwei TouchdownPässe fing.
Gleich im ersten Jahr richtete Reid die am Boden liegenden Chiefs auf, führte sie in die Play-offs. Fünf Jahre in Folge haben sie es nun dorthin geschafft. Teils brillanten Football hat Reid in Kansas City etabliert, aber auch immer wieder schmerzhafte Niederlagen erlebt. Vor einem Jahr platzte der SuperBowl-Traum erst in der Verlängerung des Halbfinales.
Heuer waren es Mahomes, im Vorjahr noch zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt, eine starke Offensive und eine solide Defensive, die Reid seine zweite Super-BowlTeilnahme einbrachten. 15 Jahre musste er darauf warten. Für seinen Arbeitgeber waren es sogar 51. Immerhin: Ihren bis dato letzten Super-Bowl-Auftritt gewannen die Chiefs.
Wenn sie es am Montag um 0.30 Uhr (Pro Sieben) in Miami mit den San Francisco 49ers aufnehmen, wartet der schwerstmögliche Gegner. Kein Team hielt die gegnerischen Spielmacher besser in Schach, mit acht Siegen in Serie startete San Francisco in die Saison. Liganeuling Nick Bosa und der erfahrene Richard Sherman führen die Verteidung an, in ihrem Schatten könnte der Ansbacher Mark Nzeocha zum dritten deutschen Super-Bowl-Sieger werden. Die Offensive der 49ers ist weniger beeindruckend als ihre Verteidigung – und doch die viertbeste der Liga.
Dass Spielmacher Jimmy Garoppolo jetzt um den Titel spielt, steht symptomatisch für das Ende einer Ära: Bis 2017 war er Ersatzmann von Seriensieger Tom Brady bei den Patriots. Der ist inzwischen 42 Jahre alt, hatte mit der Meisterschaft in diesem Jahr nichts zu tun, nun wird über seine Zukunft spekuliert. Doch Garoppolo spielt weniger spektakulär als sein Super-Bowl-Gegner Mahomes, ist in San Francisco einer von vielen Top-Akteuren.
Die 49ers werden Trainer Reid auch in Miami wieder zum tragischen Helden machen wollen. Der lässt indes keinen Zweifel daran, dass für ihn nur die Meisterschaft zählt, vorher gibt es keinen Grund zu feiern. „Ich hatte einen Cheeseburger und bin ins Bett“, sagte er nach dem Finaleinzug. Seinen Platz in der Geschichte des Sports hat er schon – bis jetzt als Gescheiterter. Mit einem Sieg in Miami könnte Reid das ändern. » TENNIS Australian Open Eurosport, 5.55 Uhr Finale MännerDoppel, 9.30 Uhr Finale Männer, aus Melbourne
» WINTERSPORT ZDF, 10.15 – 17 Uhr
» SNOOKER World Main Tour Eurosport, 14/20 Uhr German Masters: Finale aus Berlin
» EISHOCKEY NHL
Sport1, 20.45 Uhr Montréal Canadiens – Columbus Blue Jackets
» AMERICAN FOOTBALL Pro7, 22.45 Uhr NFL Super Bowl: Kansas City Chiefs – San Francisco 49ers
» RADSPORT Vuelta a San Juan Eurosport, 23 Uhr 7. Etappe
» BLICKPUNKT SPORT
BR, 21.45 Uhr u.a. Fußball, Wintersport