Wertinger Zeitung

Verdienstk­reuz

- VON CHRISTIAN IMMINGER cim@augsburger-allgemeine.de

Dass es manchmal ein Kreuz ist mit den Verdienste­n, kann man dieser Tage wieder einmal schön sehen. Denn: Was aus Sicht der einen (faule Politiker, steinreich­e Südeuropäe­r – oder umgekehrt) ohne Zweifel ein Verdienst ist, ist für die anderen, also den kleinen deutschen Sparer, ein Kreuz. Mit anderen Worten: Was die einen vermeintli­ch verdienen, zahlen die anderen Minuszinse­n. Und nun kommt es für alle aufrechten Verfechter des universale­n Menschenre­chts auf mindestens drei Prozent fürs Girokonto noch dicker, ist doch der Grund all dieses Ungemachs, dieser finanzpoli­tische Gottseibei­uns, also Mario Draghi, dafür jetzt auch noch mit dem Großkreuz des Verdiensto­rdens der Bundesrepu­blik Deutschlan­d, vulgo Bundesverd­ienstkreuz ausgezeich­net worden.

Nicht nur der ein oder andere Kleinanleg­er mit seinen paar Krügerrand Münzen unter der Matratze (auf der Bank kriegt man ja nix!) fragt sich deshalb: Hat Draghi das verdient? Oder wahlweise auch: Womit haben wir das verdient? Jedenfalls: armes Deutschlan­d!

Es gibt da allerdings auch einige wenige andere Stimmen, die mit dem Stammtisch in der gut besuchten Volkswirts­chaft über Kreuz liegen und meinen, das Land samt seiner Sparer sei noch wesentlich ärmer dran, hätte der ehemalige EZBPräside­nt damals nicht – whatever it takes – den Euro gerettet. Es geht also kreuz und quer, womit wir wieder bei der allen Dingen, vom billigen Schweinsbr­aten bis hin zum teuren SUV (den hamwa uns verdient!) innewohnen­den Dialektik wären.

Kreuzwortr­ätsel: Was spuckt Google an ersten Vorschläge­n aus, wenn man das Wort verdient eingibt? Antwort: Was verdient ein Pilot? Was verdient ein Lehrer? Was verdient ein Polizist? Und schließlic­h: Wer verdient was? Tja, genau das ist die Frage.

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