Immer weniger Menschen können Arten erkennen. Woran das liegt und welche Folgen des haben kann
-
„Es kann nicht sein, dass die Schüler im Biounterricht zwar den Zitronensäurezyklus auswendig lernen, aber nicht, wie man einen Spatz von einem Buchfink unterscheidet.“Diesen Satz hat Gerhard Bronner, Präsident des Landesnaturschutzverbands (LNV) Baden-Württemberg, diese Woche gesagt. Und wäre er ein Eichelhäher, hätte er vermutlich dazu seine Kopffedern aufgestellt. Das tun die Vögel nämlich, wenn sie erregt sind – aber das wissen anscheinend immer weniger Menschen. Auch der Landesbund für Vogelschutz in Bayern hat festgestellt, dass die Artenkenntnis in der Bevölkerung abnimmt. Das ist sogar wissenschaftlich erwiesen: Ende 2018 ergab eine Studie zu „Biodiversität im Schulalltag“(Bisa), dass immer weniger Schülerinnen und Schüler Vögel korrekt bestimmen können. Ein Viertel der Befragten konnte demnach keine Amsel identifizieren, zwei Drittel keinen Spatzen – und die gehören immerhin zu den „BestSingern“in Wald, Flur und Garten.
Dass immer weniger Menschen Ahnung von den Arten haben, hat nach Ansicht der Experten viele Gründe. Lehrpläne etwa. Das Internet als Konkurrenz zum Waldspaziergang. Personalmangel in Kitas, durch den Exkursionen gestrichen würden. Manch Wissenschaftler sieht auch im Artenschutzgesetz eine Gefahr für das Wissen über die Arten. Kinder und Jugendliche dürfen heute etwa nicht mehr unbeschwert Kaulquappen mit nach Hause nehmen, beobachten und kennenlernen – dabei sei diese Erfahrung wichtig für ein Naturbewusstsein.
Damit die Artenkenntnis nicht mehr auf der Roten Liste des bedrohten Allgemeinwissens steht, werden nun gezielt neue Förderprojekte ins Leben gerufen – für Schulen und Kindergärten. „Nur was man kennt, kann man auch wertschätzen und schützen“, heißt es beim LNV. Für alle, die jetzt schon mal einen Vogel kriegen, also ihr Vogelwissen auffrischen möchten – hier acht Steckbriefe von heimischen Wintervögeln.