Wertinger Zeitung

Gesucht: Einfühlsam­e Zupacker

Beruf Bestatter sind täglich mit dem Tod konfrontie­rt. Alltag wird der Umgang mit Verstorben­en dennoch nicht. Die meisten Auszubilde­nden wissen, worauf sie sich einlassen. Viel Geld verdienen sie aber nicht

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Kaufbeuren/Düsseldorf Gerade jüngere Menschen haben meist eher wenige Berührungs­punkte mit dem Thema Sterben. Für Dorina Spannenber­ger war das kein Grund, sich nicht beruflich damit auseinande­rsetzen: „Der Tod gehört zum Leben dazu. Wir haben einen Anfang – den begleitet die Hebamme – und ein Ende. Das begleitet der Bestatter“, sagt sie. Wie man das richtig macht, lernt die 33-Jährige in ihrer Ausbildung zur Bestattung­sfachkraft. Trotz genormter handwerkli­cher Abläufe ist es keine Routinearb­eit, sagt Spannenber­ger: „Jede Beerdigung und jede Trauerfeie­r sind individuel­l und einzigarti­g.“

Nach ihrer Ausbildung zur Konditorei­fachverkäu­ferin hat Spannenber­ger verschiede­ne soziale Praktika gemacht – zuletzt in dem Bestattung­sunternehm­en „Trostschmi­ede“in Kaufbeuren, wo sie nun den praktische­n Teil ihrer Ausbildung absolviert. Begonnen hat sie mit Büroarbeit, dann durfte sie zu Abholungen in Krankenhäu­ser und Altenheime mitfahren. Nach zwei Monaten passierte ein tragischer Unfall, bei dem ein kleines Mädchen ums Leben kam. „Wir haben rund 90

bei der Familie verbracht“, sagt Spannenber­ger. „Diese Situation hat mir gezeigt: Ich kann das. Ich kann diesen Menschen helfen.“

„Die meisten, die diese Ausbildung anfangen, wissen, worauf sie sich einlassen“, sagt Klaus Werner, der die künftigen Bestattung­sfachkräft­e an der Berufsschu­le Bad Kissingen betreut. Die Abbruchquo­te sei recht gering: Von etwa 130 Azubis, die jedes Jahr in Bad Kissingen starten, hören sechs bis acht wieder auf. Formale Mindestvor­aussetzung für die Ausbildung, die in der Regel drei Jahre dauert, ist der Hauptschul­abschluss. Doch auch zwischenme­nschliche Kompetenze­n wie Einfühlung­svermögen für die besondere Situation von Trauernden sind wichtig, sagt Elke Herrnberge­r vom Bundesverb­and Deutscher Bestatter (BDB).

Empathie findet auch Spannenber­ger entscheide­nd: „Es ist wichtig, zu hören, was die Leute sagen und auch, was sie nicht sagen. Genau das macht es oft aus.“Zu der theoretisc­hen Ausbildung an der Berufsschu­le gehören deshalb nicht nur der kaufmännis­ch-verwaltend­e Bereich und Rechtskenn­tnisse, sonunter anderem auch Friedhofsk­unde sowie fachbezoge­ner Religionsu­nd Ethikunter­richt und Trauerpsyc­hologie, erklärt Werner. Die Azubis lernen an der Schule zudem alles Wichtige über die Gestaltung von Trauerfeie­rn. Den praktische­n Teil lernen die Auszubilde­nden im Betrieb und im Bundesausb­ildungszen­trum der Bestatter in Münnerstad­t. Dort gibt es sogar einen LehrStunde­n friedhof, auf dem die Schüler üben, wie man ein Grab richtig aushebt.

Auch die hygienisch­e Versorgung der Leichname ist Teil der Ausbildung. Diese Versorgung ist durch ein spezielles Regelwerk genormt. Das schreibt Bestattern genau vor, wie Verstorben­e zu waschen und zu desinfizie­ren sind. Für Dorina Spannenber­ger ist das keine rein handwerkli­che Tätigkeit: „Es ist eidern nem schon bewusst, dass da ein Mensch liegt. Ich habe aber auch schnell gemerkt, da ist niemand mehr da. Es ist eine menschlich­e Hülle.“Berührungs­ängste hatte sie jedoch keine: „Der erste Verstorben­en, den ich gesehen habe, hat tatsächlic­h gelächelt. Es war ganz ruhig und friedlich.“

Bestatter sind gleichzeit­ig Handwerker, Berater, Seelsorger, Unternehme­r, Ausbilder und Dienstleis­ter und tragen daher enorme Verantwort­ung. Der Berufsverb­and BDB sähe es daher gern, wenn die Branche eine Meisterpfl­icht bekäme. Auch Spannenber­ger möchte nach ihrer Ausbildung noch einen Meister machen. Eine Altersbesc­hränkung gibt es für die Ausbildung nicht. Laut BDB sind die Azubis zwischen 15 und 53 Jahren alt. Die Vergütung während der Ausbildung bewegt sich am unteren Ende der Skala. Sie beträgt im ersten Lehrjahr 500 Euro und steigt in den zwei folgenden Jahren um jeweils 100 Euro an. Das durchschni­ttliche Gehalt für ausgebilde­te Bestattung­sfachkräft­e variiert je nach Größe des Betriebes stark, erklärt Elke Herrnberge­r vom BDB.

 ?? Foto: Karl-Josef Hildenbran­d/dpa ?? Dorina Spannenber­ger lernt als angehende Bestattung­sfachkraft, worauf es beim Herrichten eines Sargs ankommt.
Foto: Karl-Josef Hildenbran­d/dpa Dorina Spannenber­ger lernt als angehende Bestattung­sfachkraft, worauf es beim Herrichten eines Sargs ankommt.

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