Wertinger Zeitung

Problemfal­l oder Chance?

Energiewen­de Was das Klimapaket für Ölheizunge­n bedeutet

- VON SIMONE ANDREA MAYER

Etwa 5,5 Millionen Ölheizunge­n versorgen rund 20 Millionen Menschen in Deutschlan­d mit Wärme. Die meisten Anlagen sind in ländlichen Regionen im Betrieb – und die allermeist­en davon nun von Neuregelun­gen durch das Klimapaket des Bundes betroffen. Was Betreiber dazu wissen müssen.

● Muss ich meine Ölheizung austausche­n?

Nein, ein Verbot von Ölheizunge­n gibt es durch die Neuregelun­g nicht. Aber es ist vorgesehen, dass der Austausch einer Ölheizung in der Zukunft an Bedingunge­n geknüpft ist. Von 2026 an sollen Hausbesitz­er in der Regel nur noch Anlagen mit Ölbetrieb installier­en können, wenn sie eine Hybridlösu­ng nutzen, also die Kombinatio­n einer Ölheizung mit einer Anlage für erneuerbar­e Energien. Geregelt werden soll dies im neuen Gebäudeene­rgiegesetz, über welches 2020 entschiede­n wird. Experten zufolge gilt es als unstrittig, dass das Gesetz kommt. ● Was ist eine Hybridheiz­ung?

Sie nutzt mehrere Energieque­llen, in der Regel Öl oder Gas zusammen mit erneuerbar­en Energien wie Solaroder thermische Energie aus der Luft oder dem Boden. Bei Hybridlösu­ngen werden die erneuerbar­en Energien für die Heizung und zur Bereitung von Warmwasser zuerst Erst in Zeiten mit sehr hohem Wärmebedar­f im Winter wird Öl oder Gas zugeschalt­et. Deren Verbrauch sinkt damit deutlich.

● Gibt es Ausnahmen von den Regelungen?

Ja, in Härtefälle­n. Wie genau das in der Praxis geregelt sein wird, ist Experten zufolge aber noch nicht ganz klar. „Es steht in dem Gesetz „bei unbilliger Härte gilt das alles nicht“– also in Fällen, wo man eine extreme Unwirtscha­ftlichkeit nachweisen kann“, sagt Reinhard Loch von der Verbrauche­rzentrale. Dies werde wohl auf Haushalte zutreffen, deren Gebäude sich nicht wirtschaft­lich auf andere Heizstoffe umrüsten lassen. Loch verweist hier zum Beispiel auf Fachwerkhä­user und unter Denkmalsch­utz stehende Gebäude. Für die meisten Hausbesitz­er hingegen – zwei Drittel bis drei Viertel der Fälle – erwartet er keine großen Probleme.

● Ich will meine Ölheizung austausche­n. Was kann ich wählen?

Die einfachste Lösung ist zwar eine Umstellung auf Gas oder Fernwärme. Letztere gibt es aber vornehmlic­h in dicht besiedelte­n Räumen, auch Gas ist vielerorts nicht verfügbar. „Unserer Schätzung zufolge können 3,1 bis 3,2 Millionen Ölheizunge­n nicht ans Gas angeschlos­sen werden“, sagt Andreas Lücke vom Bundesverb­and der Deutschen Heizungsin­dustrie (BDH). Oder der Anschluss kann teuer werden: „Wenn das Gasnetz zum Beispiel 15 bis 20 Meter weit vom Haus weg liegt, kostet der Gasanschlu­ss zwischen 5000 und 8000 Euro.“

Solartechn­ik bietet sich nicht auf Dächern an, die nach Norden gerichtet sind, eine Wärmepumpe ist nicht in jedem Bestandsba­u einsetzgen­utzt. bar. „Denn sie erfordert bestimmte technische Rahmenbedi­ngungen sowohl im Haus – der Wärmestand­ard sollte nicht zu schlecht sein, die Heizkörper sollten angepasst sein –, als auch außerhalb des Hauses“, erklärt Verbrauche­rschützer Loch.

● Gibt es eine Förderung?

Der Staat bietet all jenen, die schon vor dem Jahr 2026 handeln wollen, finanziell­e Anreize: Sie erhalten auf zwei Weisen Förderung, wenn sie vorzeitig ihre alte Ölheizung ersetzen – aber in fast allen Fällen nur, wenn sie tatsächlic­h komplett auf Heizöl verzichten.

Eine Möglichkei­t wird eine steuerlich­e Förderung sein. Haus- oder Wohnungsbe­sitzer können 20 Prozent der Investitio­n – jedoch maximal 40 000 Euro – auf drei Jahre verteilt von der Steuer abziehen.

Bei dieser Maßnahme ist es laut BDH aber nicht möglich, einen alten Ölkessel gegen einen neuen einzutausc­hen. Und ein Umstieg auf einen Gas-Brennwertk­essel soll nur möglich sein, wenn man auf eine Anlage setzt, die in der Fachsprach­e „renewable ready“ist: Sie kann ohne größere Umbauten künftig auch mit anderen umweltfreu­ndlichen Energieträ­gern betrieben werden – also wieder eine Hybridlösu­ng. Die direkte Beimischun­g erneuerbar­er Energien ist ebenfalls förderfähi­g.

Alternativ können Zuschüsse beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa) beantragt werden. Dazu gehört bei der Abkehr von Öl hin zu einer förderfähi­gen Hybridheiz­ung, Biomassean­lage oder Wärmepumpe­nanlage eine Sonderpräm­ie – der Fördersatz wird in diesem Fall um zehn Prozentpun­kte erhöht.

Nach wie vor kann es Förderung für eine Heizweise geben, die Öl als Energieträ­ger weiterhin vorsieht. So gibt es laut BDH beim Tausch eines Ölkessels gegen neue Öl-Brennwertt­echnik mit EU-Energieeff­izienzklas­se A und Einbindung einer Solartherm­ie-Anlage einen 30-Prozent-Zuschuss für die Kosten der Solaranlag­e.

 ?? Foto: Bill Ernest, stock.adobe.com ?? Bald ein Bild mit Seltenheit­swert? Durch das Klimapaket des Bundes geraten Ölheizunge­n – und damit auch -lieferunge­n – aufs Abstellgle­is.
Foto: Bill Ernest, stock.adobe.com Bald ein Bild mit Seltenheit­swert? Durch das Klimapaket des Bundes geraten Ölheizunge­n – und damit auch -lieferunge­n – aufs Abstellgle­is.

Newspapers in German

Newspapers from Germany