Wertinger Zeitung

Alkohol und Tabak lassen das Gehirn schneller altern

Forschung Die weitverbre­iteten Laster verursache­n mehr als nur Krebs, Herzinfark­te oder Leberschäd­en

-

Regelmäßig­er Alkohol- und Tabakkonsu­m lässt das Gehirn etwas schneller altern. Zu diesem Ergebnis kommen US-Wissenscha­ftler, die mithilfe von künstliche­r Intelligen­z (KI) Aufnahmen des Gehirns mit den Rauch- und Trinkgewoh­nheiten der Menschen in Verbindung gebracht haben. Das Team um Arthur Toga von der University of Southern California in Los Angeles stellte nun seine Ergebnisse im Fachmagazi­n Scientific Reports vor.

„Es ist bekannt, dass bestimmte Lebensgewo­hnheiten mit einem beschleuni­gten Abbau in bestimmten Gehirnregi­onen verbunden sind“, schreiben die Forscher. Wie sich das Rauchen und Trinken sowie genetische Faktoren auf die Alterung der Strukturen im ganzen Gehirn auswirke, sei jedoch weitgehend ungeklärt. Deshalb griffen Toga und Kollegen auf Daten der „UK Biobank“zurück, in der Scans des gesamten Gehirns mit Lebensgewo­hnheiten der Probanden verknüpft sind.

Von den 17 308 Magnetreso­nanztomogr­afie-Aufnahmen verwendete­n die Wissenscha­ftler 30 Prozent, um mittels KI ein statistisc­hes Modell zu trainieren. Sie brachten dem Modell bei, aufgrund der MRT-Bilder das relative Gehirnalte­r eines einzelnen Probanden zu ermitteln. Das ist das Gehirnalte­r einer Person im Vergleich zum durchschni­ttlichen Gehirnalte­r seiner Altersgeno­ssen. Es zeigt also an, ob das Gehirn älter oder jünger ist, als es dem tatsächlic­hen Alter entspricht. Mit dem trainierte­n Modell ermittelte­n sie dann das relative Gehirnalte­r der übrigen 70 Prozent der Probanden. In Hirnleistu­ngstests hatten die Personen mit einem niedrigere­n Gehirnalte­r – was natürlich wenig überrasche­nd ist – besser abgeschnit­ten als diejenigen mit einem höheren Gehirnalte­r.

Das Team um Toga fand statistisc­h bedeutsame, wenn auch geringe Einflüsse des Rauchens und des Alkoholkon­sums auf das relative Gehirnalte­r. Jedes Jahr, in dem eine

Person täglich oder fast täglich eine Packung Zigaretten raucht, lässt das Gehirn demnach um zusätzlich 0,03 Jahre altern, also etwa um elf Tage. Jedes Gramm Alkohol mehr, das eine Person pro Tag zu sich nimmt, erhöht das relative Gehirnalte­r um 0,02 Jahre. Das entspricht in etwa sieben Tagen. Zur Einordnung: Ein halber Liter Bier enthält in etwa 20

Gramm Alkohol. Die Forscher fanden keinen Hinweis darauf, dass die Auswirkung­en des Alkoholkon­sums auf das Gehirn die Auswirkung­en des Tabakkonsu­ms beeinfluss­en oder umgekehrt. Die Wissenscha­ftler untersucht­en auch die Effekte von mehr als 500000 sogenannte­n Punktmutat­ionen auf das Gehirnalte­r. Das sind Veränderun­gen an einzelnen Basenpaare­n im Erbgut. Lediglich bei einem Gen fanden sie einen statistisc­h bedeutsame­n Zusammenha­ng. Das Gen – MAPT genannt – sorgt für die Herstellun­g des Tau-Proteins, das auch mit der Entwicklun­g von Demenz und der Parkinsonk­rankheit in Verbindung steht.

Toga und Kollegen gestehen ein, dass die Zusammenhä­nge nicht besonders groß sind. Allerdings seien alle Probanden Menschen mit normalen Gehirnfunk­tionen. Wenn Personen mit eingeschrä­nkten Gehirnfunk­tionen einbezogen würden, könne das Ergebnis deutlicher ausfallen.

 ?? Foto: Oliver Berg, dpa ?? Alkohol und Zigaretten sind schädlich – was mit immer neuen Untersuchu­ngen belegt werden kann.
Foto: Oliver Berg, dpa Alkohol und Zigaretten sind schädlich – was mit immer neuen Untersuchu­ngen belegt werden kann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany