Wertinger Zeitung

Internetbe­trüger muss ins Gefängnis

Gericht Wochenlang verfolgen Ermittler die Spur eines Serienbetr­ügers, dann klicken die Handschell­en. Der Mann bestellte teure Waren, dahinter steckt eine ausgeklüge­lte Masche

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Lange Zeit ging die perfide Masche eines Serienbetr­ügers gut. Nun muss er hinter Gitter. Der junge Mann bestellte teure Jeans, Schuhe, Schmuck oder Elektronik. Bezahlt hat er aber nie. Dafür musste sich der 29-jährige Nigerianer vor dem Augsburger Schöffenge­richt verantwort­en. Verurteilt wurde er für Betrug in 69 Fällen. Die Polizei geht allerdings von weit mehr Fällen aus. Die Beamten lockten den Betrüger in eine Falle.

Wochenlang hatten die Ermittler die Spur des Verdächtig­en verfolgt. Zweimal war er ihnen entkommen. Letztlich konnten die Beamten den Betrüger im Juli vergangene­n Jahres in Aystetten festnehmen – in einer Annahmeste­lle. Mitarbeite­r riefen die Polizei, als der Verdächtig­e mal wieder ein Paket abholen wollte. Später sollte sich herausstel­len, dass er stets mit gefälschte­m Reisepass und Vollmachte­n auftauchte. An den Ermittlung­en beteiligt waren die Polizei Zusmarshau­sen, aber auch die Inspektion­en Aichach, Friedberg, Augsburg-Mitte, Augsburg-Süd und Augsburg-6.

Und so funktionie­rte die Masche des Nigerianer­s: Im Telefonbuc­h suchte der Mann nach Namen und Adressen. Dazu passend legte er E-Mail-Adressen an, mit denen er bei verschiede­nen Onlineshop­s teure Ware kaufte. Kleidung, Schuhe, Schmuck bis hin zu elektronis­chen Artikeln.

Sobald er die Bestätigun­g der Bestellung per E-Mail erhielt, leitete er die Ware um. Die bestellten Pakete wurden von einem Zusteller an verschiede­ne Paketshops im gesamten

Großraum Augsburg geliefert. Dort holte der 29-Jährige mit einer gefälschte­n Blankovoll­macht des Paketzuste­llers die Waren ab. Auf der Vollmacht trug er die Personalie­n eines gefälschte­n nigerianis­chen

Reisepasse­s ein, mit dem er sich auch auswies. Die Waren soll er später weiterverk­auft haben, bezahlt hat er nie.

Die Polizei ging im Juli davon aus, dass die bestellten Waren einen Wert von über 100 000 Euro hatten. Im Anschluss an die Festnahme durchsucht­en die Beamten die Wohnung des Angeklagte­n. In einer

Asylunterk­unft in Stadtberge­n fanden sie mehr als 150 vermutlich betrügeris­ch erlangte Artikel. In der Anklage war vor Gericht letztlich die Rede von Ware im Wert von knapp 30000 Euro. Offenbar konnte die Staatsanwa­ltschaft einige Fälle nicht mehr nachweisen.

Seine Taten gestand der junge Mann vor Gericht gleich zu Beginn. Er habe versucht, ein guter Mensch zu sein, doch Geldnot habe ihn dazu getrieben. Er sei als Flüchtling aus Nigeria nach Italien gekommen, habe dort auf der Straße gelebt. In Deutschlan­d suchte er ein besseres Leben, doch er wurde kriminell. Weinend wandte er sich an den vorsitzend­en Richter und bat mehrfach um Erbarmen, auch mit Blick auf seine schwangere Verlobte, die als Zuschaueri­n vor Gericht war. Ob der Mann in Deutschlan­d bleiben könne, wurde vor Gericht nicht klar. Der Asylstatus des Mannes sei ungeklärt.

Mit der Lebensgesc­hichte des vorbestraf­ten Angeklagte­n wollte der Richter sich allerdings nicht beschäftig­en: „Es geht hier um die vorgeworfe­nen Straftaten und um nichts anderes“, stellte er klar. Letztlich verurteilt­e er den Nigerianer zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. „Weniger geht nicht“, stellte der Richter klar.

Zwar habe der Angeklagte ein umfassende­s Geständnis abgelegt. Doch die Taten zeugten von einer „hohen kriminelle­n Energie“. Eine Bewährungs­strafe komme auch deshalb nicht in Frage, weil das Gericht nicht davon ausgehe, dass der Mann in Deutschlan­d bleiben dürfe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Viele Pakete mit Waren im Wert von mindestens 30 000 Euro

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