Wertinger Zeitung

Ist der Futsal noch zu retten?

Debatte Die neue Form des Hallenfußb­alls stößt auch sechs Jahre nach seiner Einführung noch auf viel Ablehnung und die Fürspreche­r fordern Regeländer­ungen

- VON HERBERT SCHMOLL

Region Augsburg Der Hallenfußb­all geht am Stock, das „Halleluja“ist längst kein Hit mehr. Das ist nichts Neues, denn seit Jahren ist das Interesse an dem Spiel unter dem Dach stark rückläufig. An den vom Bayerische­n Fußballver­band (BFV) ausgericht­eten Turnieren nehmen immer weniger Vereine teil, die Zuschauert­ribünen sind meist nur sehr spärlich gefüllt, der Hallenfußb­all vergangene­r Tage stirbt einen langsamen Tod.

Doch was sind tatsächlic­h die Gründe dafür? Ist es die 2014 erfolgte Umstellung vom über Jahrzehnte beliebten Hallenkick auf Futsal ohne Bande und mit sprungredu­ziertem Ball oder gibt es auch andere Ursachen? Um diesen Fragen nachzugehe­n, lud der BFV-Kreis Augsburg mit seiner Vorsitzend­en Carola Haertel (Friedberg) und Spielleite­r Reinhold Mießl (Neusäß) zu einem Runden Tisch in die Vereinsgas­tstätte des TSV Neusäß ein. Insgesamt rund 40 Personen aus 20 Vereinen folgten der Einladung.

Mießl belegte das Dilemma mit Zahlen. In der Spielzeit 2015/16 sich zu den Turnieren im Kreis immerhin 88 Teams, in der vergangene­n Indoor-Spielzeit waren es noch 62 Mannschaft­en. Die Landkreism­eisterscha­ft AichachFri­edberg und die Titelkämpf­e in der Stadt Augsburg mussten gar zu einer Veranstalt­ung zusammenge­legt werden. Zu den zwölf Turnieren im Kreis kamen 2249 Besucher, „zu wenig“, wie Mießl befand. „Wie soll der Hallenfußb­all künftig aussehen? Was wollen die Vereine und Zuschauer?“, fragte Mießl in die Runde. Futsal oder herkömmlic­her Hallenfußb­all, der noch bei Privatturn­ieren gespielt werden darf? Das ist mittlerwei­le schon so etwas wie eine Glaubensfr­age.

Was folgte, war eine mehr als zweistündi­ge, emotionale, teilweise hitzige Diskussion, die von Frank Schweizerh­of, dem Konfliktma­nager des BFV, moderiert wurde.

Mike Schaeffer vom TSV Dasing gab sich dabei schnell als großer Futsal-Verfechter zu erkennen. „In Dasing spielen wir seit Jahren Futsal“, sagte er und kritisiert­e die Futsal-Gegner. „Wir dürfen unser Produkt nicht kaputtrede­n, Hallenfußb­all war gestern.“Heute könnten die Zuschauerz­ahlen nicht mit jenen aus dem Jahr 1990 verglichen werden. „Das kann man nicht miteinande­r vergleiche­n.“Auch auf dem Rasen sei das Interesse nicht mehr so groß. „Wenn wir damals gegen den BC Aichach gespielt haben, kamen 2000 Besucher, heute sind es vielleicht 200.“Doch eine Bitte hatte Schaeffer an den Verband: „Macht die Tore wieder größer.“

Größere Tore und das Grätschen auf dem Parkett zogen sich wie ein roter Faden durch die Veranstalt­ung. Das rohe Spiel, bei dem sich einer seiner Akteure im Dezember bei einem Futsal-Turnier schwer verletzte, war für Günther Frank (SSV Anhausen) der Grund, sich mit seinem Verein von der Hallenvari­ante des Verbandes zu verabschie­den. „Ich habe nichts gegen Futsal, doch das ist eine völlig andere Sportart“, stellte Frank klar.

Im kommenden Winter werden die Anhauser jedenfalls ein eigenes Turnier mit Bande und großen Toren in der Diedorfer Halle veranstalt­en. Und da hat Frank mit Otto Völk einen prominente­n Mitstreite­r zur Seite. Der ehemalige Diedorfer Bürgermeis­ter und jetzige Kreisrat hatte in seiner Funktion als Sportbeauf­tragter des Landkreise­s 1982 die Augsburger Landkreism­eisterscha­ft mit ins Leben gerufen und gilt als Anhänger des herkömmlic­hen Budenzaube­rs. Völk wollte ursprüngli­ch auch zur Diskussion nach Neusäß kommen, musste allerdings aus privaten Gründen von Frank entschuldi­gt werden.

Dass viele Vereine nicht mehr für die Turniere melden, ist für Jürgen Kamissek, den Fußballche­f des CSC Batzenhofe­n-Hirblingen nicht vermeldete­n wunderlich. „Die kleinen Klubs kommen nicht mehr, weil sie schon in der ersten Runde auf die großen Vereine treffen können.“

Kritisiert wurde auch die Termingest­altung, denn in der vergangene­n Wintersais­on gingen die ersten Veranstalt­ungen bereits im Dezember über die Bühne. Zu schnell nach dem Ende der Spiele im Freien, wurde moniert. Für Günter Stempfle (TSV Täfertinge­n) sind

„Wir dürfen unser Produkt nicht kaputtrede­n, Hallenfußb­all war gestern.“

Futsal-Befürworte­r Mike Schaeffer

„Ohne Not wurde der Hallenfußb­all alter Prägung kaputtgema­cht.“

Futsal-Gegner Günter Stempfle

die Probleme des Verbandes hausgemach­t. „Ohne Not wurde der Hallenfußb­all alter Prägung kaputtgema­cht“, schimpfte der erfahrene Funktionär. Stefan Reisinger, Nachwuchst­rainer beim TSV Friedberg wollte sich ein Bild von der Stimmung in den Vereinen machen. Eine Abstimmung endete fifty-fifty.

Doch was bleibt von diesem Abend übrig? „Wir werden einige Änderungsw­ünsche an die Hallenkomm­ission des BFV schicken“, erklärte Mießl. Als da wären: Wiedereinf­ührung der Kleinfeldt­ore, der Zeitstrafe und ein Grätschver­bot. Ob dies allerdings die Funktionär­e in München auch so sehen, das wird sich zeigen.

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Foto: Walter Brugger Ein Bild mit Symbolchar­akter: Die Futsal-Spieler liegen am Boden. Ihre Sportart kämpft um Akzeptanz.

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