Wertinger Zeitung

Nur Japaner bleiben ewig jung

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger-allgemeine.de

Den Alterungsp­rozess aufzuhalte­n, das ist unmöglich. Mit steigender Jahreszahl verändern sich zwangsläuf­ig Proportion­en. Gefühlt wandert jene Masse, die beim Heranwachs­enden den Oberarm ausbeult, mit der Zeit in die Bauchdecke. Haare werden grauer und wachsen statt auf dem Kopf an Stellen, die weniger wünschensw­ert sind. Ewige Jugend ist also niemandem vergönnt. Es sei denn, dieser jemand stammt aus Japan. Vier der zehn ältesten Menschen weltweit werden dem asiatische­n Inselstaat zugeordnet, der nationale „Klub der Hundertjäh­rigen“feiert regelmäßig Mitglieder­rekorde. Ziemlich beeindruck­end das Ganze.

Dass Japanern ein langes Leben vergönnt ist, beruht nicht auf guten Genen. Japan ist eines der sichersten und zugleich reichsten Länder der Welt. Disziplini­ert, fleißig und asketisch – so kennt man den Japaner. Zudem ernährt er sich gesund – wenn er nicht gerade als Sumoringer arbeitet. Statt Schweinsha­xe werden Gemüse, Reis und Fisch serviert. Ergebnisse dieses Lebenswand­els sind unter anderem im Profisport zu beobachten. Während der europäisch­e Berufsspor­tler mit Mitte 30 in Ruhestand geht, läuft das japanische Pendant dann erst zur Höchstform auf.

Noriaki Kasai hat mit 41 Jahren bei Olympische­n Spielen die Silbermeda­ille gewonnen und denkt selbst jetzt, als 47-Jähriger, nicht ans Karriereen­de. Nun könnte man behaupten: Sich auf Skier stellen, runtersaus­en und sich von der Luft tragen lassen, das kann jeder. Egal, ob nun alt oder jung. Doch nicht nur im Skispringe­n erweisen sich die Japaner als zähe Zeitgenoss­en.

Kazuyoshi Miura steht als Profifußba­ller beim Erstligist­en Yokohama

FC unter Vertrag. An sich nicht ungewöhnli­ch, wäre da nicht sein Alter. „King Kazu“, wie ihn die Fans liebevoll nennen, wird in ein paar Tagen 53 Jahre alt. Wenn demnächst die Spielzeit eröffnet wird, geht er in seine 35. Saison. „Logischerw­eise bin ich nicht mehr das, was ich in meinen Zwanzigern war – als ich passen und dribbeln und auch noch Tore schießen gleichzeit­ig konnte“, betont Miura, mit seinem Klub hat er in der vergangene­n Saison dennoch den Aufstieg in die J-League geschafft. Das kommt also raus, wenn man morgens, mittags und abends Reis verspeist.

Wobei auch die Japaner inzwischen mit negativen Folgen kulinarisc­her Maßlosigke­it zu kämpfen haben: Die jüngere Generation ist zu dick und füllt ihre Bäuche in Massen mit Fertiggeri­chten und Fast Food. Der Staat hat reagiert. Unter anderem damit, dass bei über 40-Jährigen der Bauchumfan­g gemessen wird. Ist der Wert zu schlecht, muss der Sünder in den Fitnesskur­s und sich über Ernährung beraten lassen.

Kasai und Miura dürften darüber nur milde lächeln.

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Foto: dpa Fußballpro­fi mit 52 Jahren: der Japaner Kazuyoshi Miura.
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