Wertinger Zeitung

Wie Lehrer Schüler belästigt haben sollen

Kritik Eine junge Frau verschärft ihre Vorwürfe gegen Pädagogen des Albertus-Gymnasiums in Lauingen. Weil sie mit ihrem Lehrer nicht befreundet sein wollte, seien ihre Noten schlechter geworden. Andere wurden angeblich beleidigt

- VON JONATHAN MAYER

Lauingen Die Ermittlung­en zu den Vorwürfen gegen Lehrer des Lauinger Albertus-Gymnasiums sind noch in vollem Gange. Mitte Januar wurden erstmals Anschuldig­ungen gegen Lehrer bekannt: Einige davon sollen sich gegenüber ihren Schülern unprofessi­onell verhalten haben. Von Alkoholexz­essen, körperlich­er Nähe und Kommentare­n auf sozialen Netzwerken war da die Rede. Jetzt verschärft eine ehemalige Schülerin die Vorwürfe gegen Lehrer und Schulleitu­ng. Sehr genau erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion von den Grenzübers­chreitunge­n.

Die junge Frau, deren Name zu ihrem eigenen Schutz hier nicht genannt wird, ist eine von denen, die die Vorwürfe im Januar öffentlich machte. Sie sei nach dem Realschula­bschluss auf das Gymnasium gewechselt, um das Abitur zu machen. Von Anfang an, erzählt die Schülerin, habe sie sich nicht wirklich wohl gefühlt in der neuen Umgebung. Ein Grund dafür war einer ihrer Lehrer: Der habe einigen seiner Schülerinn­en irgendwann Freundscha­ftsanfrage­n in sozialen Netzwerken wie Snapchat, einer App zum Verschicke­n von Fotos unter Freunden, geschickt. „Ich habe keine Ahnung, wie er überhaupt an unsere Nutzername­n gekommen ist“, erzählt die junge Frau. Das allein, sagt sie, war für die Schülerin „irgendwie komisch“. Trotzdem nahm sie die Freundscha­ftsanfrage an. „Auf meiner alten Schule waren wir mit unseren Lehrern auch auf Facebook befreundet“, erklärt sie. Da habe es aber keinen digitalen Kontakt zwischen Schülern und Lehrern gegeben.

Am Albertus, sagt sie, sei das anders gewesen. Der betreffend­e Lehrer habe seinen Schülerinn­en immer wieder geschriebe­n und Bilder von ihnen kommentier­t. Manchmal seien die Nachrichte­n privater Natur gewesen, ein anderes Mal ging es um Fehlverhal­ten im Unterricht. Ein Mädchen habe sich etwa über soziale Medien rechtferti­gen müssen, weil sie am Unterricht­sende zu früh aufgestand­en sei. Zum Teil, sagt die Ex-Schülerin, seien die Nachrichte­n sogar beleidigen­d gewesen, in anderen Fällen wiederum hätten Lehrer nach privaten Treffen mit Schülerinn­en gefragt. Sie selbst beendete die Facebook-Freundscha­ft irgendwann. „Ich finde, zwischen Lehrern und Schülern sollte da kein Kontakt herrschen“, erklärt sie.

In Bayern ist Lehrern die private Nutzung sozialer Netzwerke prinzipiel­l nicht untersagt. In einer Handlungse­mpfehlung des Kultusmini­steriums wird ihnen aber eine gewisse Distanzwah­rung nahegelegt: Das Verhalten der Lehrkräfte müsse „auch im privaten Umgang der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihre Stellung erfordert“, heißt es dort. Weiter ist darin zu lesen, dass auch in sozialen Medien über die „bei dienstlich­er Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenh­eiten Verschwieg­enheit zu bewahren“sei.

Dass die Schülerin des Lauinger Albertus ihren Lehrer aus ihrer Freundesli­ste entfernte, hat sie wohl zu spüren bekommen: „Meine Noten

in dem Fach wurden deutlich schlechter. Ich war zwar noch nie so gut darin, aber das war schon auffällig“, sagt die Ex-Schülerin. Irgendwann habe sie keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als die Schule zu wechseln. Dafür musste sie mit der aktuellen Schulleitu­ng ein Gespräch führen. Wie die junge Frau sagt, habe sie alles geschilder­t. Wirklich ernst genommen habe man sie aber nicht. „Die fanden das normal. Dass der Kontakt in sozialen Netzwerken irgendwie seltsam war, wurde nur zur Kenntnis genommen.“Echte Konsequenz­en habe es nicht gegeben – bis heute, wie die Schülerin sagt: „Bisher wollte niemand Beweise von uns sehen.“

Schulleite­rin Iris Eberl widerspric­ht dieser Darstellun­g jedoch: „Ich habe noch nie eine Schülerin, die mit einem Anliegen zu mir kam, nicht angehört“, teilt sie auf Nachfrage per E-Mail mit. Das werde sie auch in Zukunft tun. Den Vorwurf, die Schule habe keine Beweise sehen wollen, könne sie sich nicht erklären. „Es kann sich nur um ein Missverstä­ndnis handeln.“

Eberl bittet noch einmal jeden, der Beweise für die Anschuldig­ungen gegen Lehrer des Albertus hat, sich damit an die Schulleitu­ng oder direkt an die Kriminalpo­lizei zu wenden. „Gerade weil ermittelt wird, ist jeder Hinweis wichtig“, schreibt sie.

Für die Schülerin hat sich nach Bekanntwer­den der Anschuldig­ungen vieles verändert: Sie selbst sei immer wieder angefeinde­t worden, von Schülern, aber auch von Eltern, deren Kinder das Albertus besuchen. Das könne sie überhaupt nicht nachvollzi­ehen. „Es ist schön, dass nicht alle Schüler betroffen sind und viele sich wohlfühlen, aber dennoch gibt es eben diese andere Seite, und die ist auch bekannt.“Dass viele Schüler das enge Verhältnis zu ihren Lehrern unproblema­tisch sehen, erklärt sie sich so: „Viele waren nur auf dieser Schule und haben nie gesehen, wie es anderswo läuft.“

Ihrer Meinung nach sei vieles kleingered­et worden: „Das wird alles gar nicht ernst genommen. Viele wissen aber, dass das stimmt.“Von einem der Vorfälle in einer Lauinger Bar, als ein Lehrer mit Schülern oberkörper­frei getanzt haben soll, existiere sogar ein Video. „Das hatte die halbe Jahrgangss­tufe.“

Auf ihrer jetzigen Schule gehe es ihr besser. Auch ihre Noten hätten sich deutlich verbessert. Die Schülerin, die ihrer eigenen Aussage nach insgesamt schon drei Schulen besucht hat, ist sich sicher: „An einer anderen Schule wäre das nicht passiert.“Ziel der Veröffentl­ichungen sei gewesen, dass „so etwas nicht mehr passiert“. Wenn es Leute treffe, die schwächer sind, könnten die sich ja gar nicht wehren.

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Archivfoto: Mayer Seitdem Vorwürfe gegen Lehrer des Albertus bekannt geworden sind, sieht sich eine betroffene Schülerin Anfeindung­en ausgesetzt.

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