Was wird aus dem Reiter von Nordendorf?
Archäologie Kreisheimatpflegerin Gisela Mahnkopf beklagt ein fehlendes Museum für die spektakulären Funde: „Mir blutet das Herz“. Bis jetzt gibt es Überblicke nur online
Nordendorf/Landkreis Augsburg Grab eins war eine Enttäuschung zunächst. Schon Jahrhunderte vor den Forschern war jemand anders da gewesen und hatte der letzten Ruhestätte eines reichen Mannes fast alles Wertvolle entnommen. Nur ein Zaumzeug zu Füßen des Leichnams war offenbar übersehen worden. Und doch stand am Ende ein wissenschaftlich wertvoller Fund.
Die Grabgrube wurde vor mehr als 1300 Jahren verfüllt mit dem Bauschutt römischer Gebäude. Das lässt aus Sicht der Archäologen auf die Existenz einer in der Nähe gelegenen römischen Siedlung schließen, von der man bislang nichts wusste. Nordendorf bleibt also hoch interessant für die Archäologen.
Erst im August stießen sie dort auf die Gräber zweier hochstehenden Personen aus dem frühen Mittelalter. Für Aufsehen sorgte vor allem der Inhalt eines ungeöffneten Grabes eines 20 bis 40 Jahre alten Mannes, der bewaffnet und mit Grabbeigaben bestattet worden war. Anfang der Woche war ein Teil des spektakulären Fundes in München vorgestellt worden. Vom Reiter von Nordendorf erhofft sich die Wissenschaft weitere Erkenntnisse über das Leben der frühen Bayern (wir berichteten).
Die Ausgrabung an der Augsburger Straße in Nordendorf ist abgeschlossen, am Ende sind die Forscher mit ihrer Arbeit aber noch lange nicht. So lagern in der Außenstelle des Landesamtes für Denkmalschutz in Thierhaupten Blöcke von Erdreich, die aus den Gräbern in Nordendorf geholt wurden. Sie werden nun in aller Ruhe untersucht. Die bereits geborgenen Funde bleiben zunächst im Landesamt und werden in den dortigen Werkstätten präpariert. Die Skelette und das Gerippe eines Pferdes, das neben seinem Reiter in einem separaten Grab bestattet war, kommen in die anthropologische Staatssammlung.
Wo aber werden die Funde, die der Gemeinde gehören, künftig zu sehen sein? Das ist eine Frage, die Kreisheimatpflegerin Gisela Mahnkopf schon seit Jahren umtreibt und die sie bei der Präsentation in München wieder aufwarf: „Mir blutet das Herz“, sagte Mahnkopf. Im Augsburger Land gebe es so viele sehenswerte archäologische Funde, aber kein richtiges Museum, wo diese einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden könnten. Adressat von Mahnkopfs Klage war Wissenschaftsminister Bernd Sibler. Der CSU-Politiker spielte den Ball gleich weiter: Er werde Landrat und Bezirkstagspräsident Martin Sailer darauf ansprechen.
Derzeit gibt es im Augsburger Land zwei kleine archäologische Museen in Königsbrunn und Gablingen. Sie haben jeweils an einem Sonntag im Monat geöffnet. Ein Fenster in die Vergangenheit öffnen zudem Ausgrabungen wie das Mithrasheiligtum von Königsbrunn oder das Diedorfer Tuffsteingrab aus dem frühen Mittelalter. Bedeutende Funde aus dem frühen Mittelater, die im 19. Jahrhundert gemacht wurden, liegen in den Magazinen des römischen Museums in Augsburg. Dieses ist seit Jahren wegen statischer Probleme geschlossen, derzeit gibt es nur eine Not-Ausstellung im Zeughaus auf nicht einmal 1000 Quadratmetern.
Den besten Überblick über die Erfolge der Archäologie im Augsburger Land gibt es online. Unter der Bezeichnung „Omfala“hat der Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte im Heimatverein für den
Landkreis Augsburg ein virtuelles Museum ins Internet gestellt. Dessen Besucher können 7000 Jahre Besiedlungsgeschichte im Landkreis Augsburg und die Arbeit der ehrenamtlichen Archäologen nachvollziehen.
Dabei ist die zeitliche Spannbreite der Funde enorm: Sie reicht vom Faustkeil beim Zusmarshauser Ortsteil Wörleschwang über ein Schwert aus der Bronzezeit, zahlreiche Hinterlassenschaften der alten Römer bis hin zu einer Pistole aus napoleonischer Zeit, die bei Horgau entdeckt wurde. Der MittelalterReiter von Nordendorf und seine Schätze würden in dieser Sammlung sicher einen Ehrenplatz einnehmen. Zumal in den kommenden Jahren ja noch was dazukommen kann.