„Nicht alles schlechtreden“
FC Augsburg Warum sich Defensivakteur Rani Khedira gegen übermäßige Kritik wehrt, warum er seinen Torhüter verteidigt und welche Fehler gegen Leverkusen abgestellt werden können
Augsburg Mehr Stammkraft geht eigentlich nicht: In 21 von 22 Bundesliga-Spielen stand Rani Khedira in dieser Saison bisher in der Startelf des FC Augsburg. Nur einmal – beim 1:3 gegen RB Leipzig – fehlte der 26-Jährige wegen seiner fünften Gelben Karte. Also ist der defensive Mittelfeldakteur prädestiniert dafür zu erklären, warum es in seinem Team so große Leistungsschwankungen gibt. Warum es manchmal gut läuft wie vor der Winterpause mit Siegen gegen Hertha, Mainz, Hoffenheim und Düsseldorf, warum es aber auch immer wieder so überraschende Aussetzer gibt, wie vor zwei Wochen beim 0:5 gegen Eintracht Frankfurt.
„Am Anfang hat man viel darüber geredet, dass wir eine neu zusammengestellte Mannschaft sind, und dass die Abläufe noch nicht eingespielt waren“, wagt Khedira einen Erklärungsversuch, „vor der Winterpause hat man dann gesehen, dass wir gut harmonieren, dass wir gut Fußball spielen und gut verteidigen können.“Den holprigen Start in die Rückrunde verbucht er als Lernprozess: „Jetzt hatten wir einen kleinen Rückschlag. Aber ich denke, aus dem schöpfen wir wieder Kraft und Mut für neue Wege. Wir haben unsere Sinne nochmals geschärft. Ab und zu kommt ein kleiner Schlendrian rein, wenn man eine zu erfolgreiche Phase erlebt. Da nimmt man sich vielleicht einmal zurück. Das ist ein Stück weit menschlich, aber das darf uns nicht passieren“, so Khedira. Mit Mannschaftsführer Daniel Baier bildet der 2017 für vier Jahre verpflichtete Deutsch-Tunesier das regieführende Mittelfeld-Duo. Mit der Hauptkompetenz, das Spiel nach vorne anzukurbeln und nach hinten die Defensive zu stabilisieren. Doch genau dort liegt der Hund begraben. Die FCA-Abwehr ist mit 45 Gegentoren die derzeit fünftschlechteste der Liga. Die Hauptschuld wird momentan vor allem Torhüter Tomas Koubek angelastet. Er strahle zu wenig Ruhe aus, agiere unglücklich, heißt es. Gibt es für Rani Khedira denn nun einen Unterschied, ob Koubek oder Ersatzkeeper Andreas Luthe im Tor steht? „Nur die Rückennummer“, sagt Khedira augenzwinkernd, bevor er ernst wird und zur Verteidigung der Augsburger Nummer eins ansetzt. „Es ist mir immer zu einfach, alles auf den Torwart zu schieben. Ich glaube, Tomas hatte vielleicht ein paar Spiele, in denen er nicht glücklich ausgeschaut hat. Er hatte aber auch Partien, in denen er uns im Spiel gehalten hat. Ich mache hier nicht das Fass auf, dass Tomas bei uns in der Kritik steht. Er ist ein sehr, sehr guter Torwart. Er hat es schon ab und zu gezeigt und kann es auch gern noch öfter zeigen.“
Sportlich, gesteht Khedira, habe er sogar die vergangene Saison als deutlich schwieriger empfunden. Er wehrt sich gegen die aktuell so negative Stimmung, die dem Tabellenelften entgegenschlägt. „Mir wird intern und in der Öffentlichkeit gerade alles zu sehr schlechtgeredet“, sagt Khedira. Es werde das Gefühl vermittelt, dass der FCA viel schlechter dastehe, als es der Tabellenplatz wirklich ist. „Wir haben 27 Punkte, das ist nicht so verkehrt. Wir sind gerade absolut im Soll.“
Natürlich müsse sich die Mannschaft an die eigene Nase fassen und wieder bessere Ergebnisse einfahren. „Wir müssen streng zu uns selbst sein. Wir brauchen den inneren Antrieb, um erfolgreich zu sein. Aber die Gemütslage im Umfeld und bei uns fühlt sich an, als würden wir mit 17 Punkten auf dem Relegationsplatz stehen.“Natürlich hätte er nichts dagegen, in der Tabelle weiter nach oben zu klettern, aber „wir müssen uns erst einmal stabilisieren und Punkte holen“.
Am Sonntag (Beginn 15.30 Uhr besteht die nächste Gelegenheit bei Bayer Leverkusen. Eine schnelle, kompakte, auf Ballbesitz ausgerichtete Mannschaft, mit der der FCA bisher immer seine Probleme hatte. In 18 Punktspielen gab es noch nie einen Sieg, in der Hinrunde eine 0:3-Niederlage. Und auch am Sonntag dürfte der Tabellenfünfte – selbst durch seinen Europa-LeagueAuftritt am Donnerstag – noch über genügend Energie verfügen, dem FCA alles abzuverlangen. Entsprechend ist Khedira gewarnt. „Leverkusen hat eine sehr gute Offensive. Wenn ein Stürmer mal keinen glücklichen Tag hat, kommt ein anderer rein mit unheimlicher Qualität. Deshalb müssen wir als Team clever agieren, eng und kompakt stehen und immer wieder Druck auf den Ball bekommen. Dann sehe ich durchaus Chancen, dass wir etwas Zählbares mitnehmen. “