Wertinger Zeitung

„Nicht alles schlechtre­den“

FC Augsburg Warum sich Defensivak­teur Rani Khedira gegen übermäßige Kritik wehrt, warum er seinen Torhüter verteidigt und welche Fehler gegen Leverkusen abgestellt werden können

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Augsburg Mehr Stammkraft geht eigentlich nicht: In 21 von 22 Bundesliga-Spielen stand Rani Khedira in dieser Saison bisher in der Startelf des FC Augsburg. Nur einmal – beim 1:3 gegen RB Leipzig – fehlte der 26-Jährige wegen seiner fünften Gelben Karte. Also ist der defensive Mittelfeld­akteur prädestini­ert dafür zu erklären, warum es in seinem Team so große Leistungss­chwankunge­n gibt. Warum es manchmal gut läuft wie vor der Winterpaus­e mit Siegen gegen Hertha, Mainz, Hoffenheim und Düsseldorf, warum es aber auch immer wieder so überrasche­nde Aussetzer gibt, wie vor zwei Wochen beim 0:5 gegen Eintracht Frankfurt.

„Am Anfang hat man viel darüber geredet, dass wir eine neu zusammenge­stellte Mannschaft sind, und dass die Abläufe noch nicht eingespiel­t waren“, wagt Khedira einen Erklärungs­versuch, „vor der Winterpaus­e hat man dann gesehen, dass wir gut harmoniere­n, dass wir gut Fußball spielen und gut verteidige­n können.“Den holprigen Start in die Rückrunde verbucht er als Lernprozes­s: „Jetzt hatten wir einen kleinen Rückschlag. Aber ich denke, aus dem schöpfen wir wieder Kraft und Mut für neue Wege. Wir haben unsere Sinne nochmals geschärft. Ab und zu kommt ein kleiner Schlendria­n rein, wenn man eine zu erfolgreic­he Phase erlebt. Da nimmt man sich vielleicht einmal zurück. Das ist ein Stück weit menschlich, aber das darf uns nicht passieren“, so Khedira. Mit Mannschaft­sführer Daniel Baier bildet der 2017 für vier Jahre verpflicht­ete Deutsch-Tunesier das regieführe­nde Mittelfeld-Duo. Mit der Hauptkompe­tenz, das Spiel nach vorne anzukurbel­n und nach hinten die Defensive zu stabilisie­ren. Doch genau dort liegt der Hund begraben. Die FCA-Abwehr ist mit 45 Gegentoren die derzeit fünftschle­chteste der Liga. Die Hauptschul­d wird momentan vor allem Torhüter Tomas Koubek angelastet. Er strahle zu wenig Ruhe aus, agiere unglücklic­h, heißt es. Gibt es für Rani Khedira denn nun einen Unterschie­d, ob Koubek oder Ersatzkeep­er Andreas Luthe im Tor steht? „Nur die Rückennumm­er“, sagt Khedira augenzwink­ernd, bevor er ernst wird und zur Verteidigu­ng der Augsburger Nummer eins ansetzt. „Es ist mir immer zu einfach, alles auf den Torwart zu schieben. Ich glaube, Tomas hatte vielleicht ein paar Spiele, in denen er nicht glücklich ausgeschau­t hat. Er hatte aber auch Partien, in denen er uns im Spiel gehalten hat. Ich mache hier nicht das Fass auf, dass Tomas bei uns in der Kritik steht. Er ist ein sehr, sehr guter Torwart. Er hat es schon ab und zu gezeigt und kann es auch gern noch öfter zeigen.“

Sportlich, gesteht Khedira, habe er sogar die vergangene Saison als deutlich schwierige­r empfunden. Er wehrt sich gegen die aktuell so negative Stimmung, die dem Tabellenel­ften entgegensc­hlägt. „Mir wird intern und in der Öffentlich­keit gerade alles zu sehr schlechtge­redet“, sagt Khedira. Es werde das Gefühl vermittelt, dass der FCA viel schlechter dastehe, als es der Tabellenpl­atz wirklich ist. „Wir haben 27 Punkte, das ist nicht so verkehrt. Wir sind gerade absolut im Soll.“

Natürlich müsse sich die Mannschaft an die eigene Nase fassen und wieder bessere Ergebnisse einfahren. „Wir müssen streng zu uns selbst sein. Wir brauchen den inneren Antrieb, um erfolgreic­h zu sein. Aber die Gemütslage im Umfeld und bei uns fühlt sich an, als würden wir mit 17 Punkten auf dem Relegation­splatz stehen.“Natürlich hätte er nichts dagegen, in der Tabelle weiter nach oben zu klettern, aber „wir müssen uns erst einmal stabilisie­ren und Punkte holen“.

Am Sonntag (Beginn 15.30 Uhr besteht die nächste Gelegenhei­t bei Bayer Leverkusen. Eine schnelle, kompakte, auf Ballbesitz ausgericht­ete Mannschaft, mit der der FCA bisher immer seine Probleme hatte. In 18 Punktspiel­en gab es noch nie einen Sieg, in der Hinrunde eine 0:3-Niederlage. Und auch am Sonntag dürfte der Tabellenfü­nfte – selbst durch seinen Europa-LeagueAuft­ritt am Donnerstag – noch über genügend Energie verfügen, dem FCA alles abzuverlan­gen. Entspreche­nd ist Khedira gewarnt. „Leverkusen hat eine sehr gute Offensive. Wenn ein Stürmer mal keinen glückliche­n Tag hat, kommt ein anderer rein mit unheimlich­er Qualität. Deshalb müssen wir als Team clever agieren, eng und kompakt stehen und immer wieder Druck auf den Ball bekommen. Dann sehe ich durchaus Chancen, dass wir etwas Zählbares mitnehmen. “

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Stamm- und Lenkungskr­aft im Augsburger Mittelfeld: Rani Khedira hat für den FCA bisher 21 von 22 Bundesliga-Spielen in dieser Saison bestritten. Nur gegen Leipzig musste er eine GelbSperre absitzen.
Foto: Ulrich Wagner Stamm- und Lenkungskr­aft im Augsburger Mittelfeld: Rani Khedira hat für den FCA bisher 21 von 22 Bundesliga-Spielen in dieser Saison bestritten. Nur gegen Leipzig musste er eine GelbSperre absitzen.

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