Wertinger Zeitung

Kommt es oder kommt es nicht?

Bürgerents­cheid In knapp einer Woche entscheide­n die Lauinger Bürger über das geplante Einkaufsze­ntrum. Der Investor verrät nun, welches weitere Geschäft dort neben Edeka, Lidl und Dm einziehen soll. Der Gegenwind ist heftig: Einer spricht von einer „toxi

- VON JONATHAN MAYER

Lauingen Der Kampf um die Stimmen geht in die finale Runde: In knapp einer Woche entscheide­n die Lauinger Bürger über den Bau des Einkaufsze­ntrums im Osten der Stadt. Beide Seiten, die Investoren der Hahn-Gruppe aus Bergisch Gladbach und die Initiatore­n des Bürgerbege­hrens, haben in den vergangene­n Wochen kräftig Werbung für ihre Sache gemacht.

Das Projekt ist derzeit wohl eines der meistdisku­tierten Themen in der Stadt. Im Zuge dessen haben die Investoren nun die letzten Details zum Vorhaben bekannt gegeben. Lange war unklar, welches Geschäft neben Lidl, Edeka und Dm in das Einkaufsze­ntrum ziehen soll. Im Gespräch mit unserer Zeitung machen Projektent­wickler Kio Tindl und Pressespre­cher Marc Weisener von der Hahn-Gruppe nun öffentlich, dass auch eine Filiale von Siemes Schuh-Center entstehen soll. Diese soll rund 800 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche bieten. Tindl ist sich sicher: „Wir konnten damit wirklich einen Mehrwert gewinnen.“In insgesamt drei Dialogvera­nstaltunge­n mit Lauinger Bürgern hätten die Investoren viele Anreize bekommen. „Einer davon war, weitere Sortimente anzusiedel­n.“

Der Hahn-Gruppe zufolge, die 20 Millionen Euro investiere­n und später als Vermieter der Ladenfläch­en auftreten will, verfolgt Siemes ein ungewöhnli­ches Konzept: Das Unternehme­n verkauft Markenschu­he von Adidas, Nike, Puma und Co. billiger als gewöhnlich. Denn die Schuhe würden zum Teil mit den Hersteller­n selbst entwickelt, um sie billiger als üblich zu verkaufen. „Teure Schuhe für andere Gehaltshei­ßt klassen“, nennt Tindl das. Der Schuhhändl­er reiht sich damit neben Discounter Lidl, Supermarkt Edeka und Drogeriema­rkt Dm. Ursprüngli­ch war für das Einkaufsze­ntrum noch ein weiteres, gastronomi­sches Geschäft geplant. Dieses soll nun aber doch nicht entstehen. Eine Entwicklun­g, die sich Tindl zufolge auch aus den Bürgerdial­ogen ergeben hat: „Das ist ein ganz klarer Charakter der Innenstadt.“Stattdesse­n sollen zusätzlich­e E-Ladestatio­nen für Autos entstehen.

Die Pläne für das Einkaufsze­ntrum sehen neben den bereits genannten Geschäften auch Parkplätze und einen frei zugänglich­en Bikebiet,

Park vor. Die gesamte Fläche beträgt rund 18000 Quadratmet­er, 4500 davon sollen als Verkaufsfl­äche dienen. Zudem wir das Gelände infrastruk­turell erschlosse­n: Eine Zufahrt, ein Kreisverke­hr und eine neue Bushaltest­elle sollen gebaut werden. Die Hahn-Gruppe spricht außerdem von 100 bis 150 Arbeitsplä­tzen in Teil- und Vollzeit, die entstehen würden, wenn das Projekt verwirklic­ht wird.

Die Gegner des Vorhabens haben jedoch einige Bedenken, die sich vor allem um die Innenstadt drehen. Einer der Initiatore­n des Bürgerbege­hrens und Gegner des Einkaufsze­ntrums ist Engelbert Kigele,

der Grünen in Lauingen. Er sagt: „Das Wesen einer Stadt ist die Altstadt.“Das Einkaufsze­ntrum, so seine Befürchtun­g, schade den „jetzt noch vorhandene­n Einkaufsmö­glichkeite­n“dort. „Ich betrachte das als eine toxische Investitio­n, das wirkt wie Arsen, ein langsames Gift. Zunächst werden viele sagen: ‚Da gehen wir nicht hin.‘ Aber auf die Dauer werden sie dann trotzdem dort einkaufen.“Wie viele andere Gegner des Einkaufsze­ntrums befürchtet auch er, dass Geschäfte wie der Cap-Markt sterben und Drogeriema­rkt Müller abwandern würden. Auf Nachfrage bei Müller vonseiten unserer Redaktion

es zu dem Thema lediglich, „dass wir uns zum Sachverhal­t nicht äußern“.

Anstelle des Gewerbegeb­iets sieht Kigele in der Innenstadt noch einige Entwicklun­gsmöglichk­eiten, die man nutzen könne, etwa in einigen leer stehenden Gebäuden oder im Radgarten. Um die Innenstadt geht es auch Bäckermeis­ter Jakob Lenzer, der gemeinsam mit Peter Baumgartne­r eine Protestakt­ion von insgesamt 26 Einzelhänd­lern in der Innenstadt ins Leben gerufen hatte. Mit neongelben Plakaten verhängten viele ihre Schaufenst­er. Darauf zu lesen war: „Was wäre wenn …“– eine Anspielung auf die Befürchtun­g, dass viele Geschäfte in der Innenstadt schließen müssten, wenn das Einkaufsze­ntrum in dieser Form kommt. In einigen Schaufenst­ern hängen die Plakate noch heute. Lenzer fürchtet, dass Schreibwar­enhändler, Bäcker und Metzger durch den Vollsortim­enter Edeka Probleme bekommen könnten.

„Das ist eine Konkurrenz, die künstlich erzeugt wird.“Ihm gehe es nicht darum, „dass dort gebaut wird, sondern was gebaut wird“. Die Innenstadt wiederum sei historisch und deshalb schützensw­ert. „Das macht Lauingen aus, das macht Lauingen besonders und unvergleic­hbar.“Mit einem Einkaufsze­ntrum „im selben Aufzug wie in zig anderen Städten“gebe die Stadt „ein großes Stück Besonderhe­it ab.“

Aber längst nicht alle teilen diese Ängste. Zweiter Bürgermeis­ter Dietmar Bulling (SPD) etwa sprach sich immer für das Einkaufsze­ntrum aus. Er glaube nicht, dass sich das Kaufverhal­ten der Menschen nur wegen des Einkaufsze­ntrums ändern würde. Seiner Meinung nach überwiegen die Vorteile: „Viele Supermärkt­e bei uns sind nicht mehr auf dem neuesten Stand. Mit dem Einkaufsze­ntrum bekämen wir zwei moderne Märkte dazu.“Durch den Bau würde zudem das GewerbegeS­precher

das seit Jahren als solches ausgeschri­eben ist, erschlosse­n werden.

Ähnlich sieht das Bürgermeis­terin Katja Müller (CSU). Auch sie sprach sich für den Bau aus – entgegen der Meinung der CSU-Fraktion im Stadtrat. Sie sagt: „Ich glaube, dass das Einkaufsze­ntrum die Attraktivi­tät des Gewerbegeb­iets steigern wird und, dass sich auch andere Betriebe überlegen werden, dort anzusiedel­n.“Außerdem würden innerstädt­ische Gewerbe ihrer Meinung nach dadurch nicht geschädigt. Die Anziehungs­kraft der Innenstadt zu steigern sei aber ebenfalls wichtig.

Über eine Alternativ­e, was mit dem Areal passiert, wenn sich die Lauinger gegen die Pläne ausspreche­n, hat man sich bei der HahnGruppe offiziell noch keine Gedanken gemacht. „Wenn man mit Alternativ­en arbeitet, steht man nicht

18 000 Quadratmet­er, 20 Millionen Euro

Kommen Lagerhalle­n vor die Haustür?

voll hinter seinem Konzept“, sagt Projektent­wickler Tindl. Von vielen Lauingern hört man immer wieder die Befürchtun­g, dass dann eben Lagerhalle­n vor die Haustür gesetzt würden. Tindl will das nicht bestätigen – aber auch nicht kategorisc­h ausschließ­en. „Wir wollen weder mit Angst noch mit Druck werben.“Eine Lagerhalle sei zwar leicht realisierb­ar, aber nicht das vorrangige Ziel.

Wenn der Bürgerents­cheid für das Einkaufsze­ntrum ausfällt, heißt das aber noch nicht, dass es auch tatsächlic­h gebaut wird. In der Abstimmung geht es lediglich um die Einstellun­g des Bebauungsp­lanverfahr­ens. Dem Bau müssten in jedem Fall noch die Behörden und die Regierung von Schwaben zustimmen.

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 ?? Foto: Hahn-Gruppe ?? So soll das Einkaufsze­ntrum im Lauinger Osten einmal aussehen – zumindest, wenn der Bürgerents­cheid dementspre­chend ausfällt. Investor Hahn-Gruppe hat jetzt das komplette Konzept veröffentl­icht.
Foto: Hahn-Gruppe So soll das Einkaufsze­ntrum im Lauinger Osten einmal aussehen – zumindest, wenn der Bürgerents­cheid dementspre­chend ausfällt. Investor Hahn-Gruppe hat jetzt das komplette Konzept veröffentl­icht.

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