Kommt es oder kommt es nicht?
Bürgerentscheid In knapp einer Woche entscheiden die Lauinger Bürger über das geplante Einkaufszentrum. Der Investor verrät nun, welches weitere Geschäft dort neben Edeka, Lidl und Dm einziehen soll. Der Gegenwind ist heftig: Einer spricht von einer „toxi
Lauingen Der Kampf um die Stimmen geht in die finale Runde: In knapp einer Woche entscheiden die Lauinger Bürger über den Bau des Einkaufszentrums im Osten der Stadt. Beide Seiten, die Investoren der Hahn-Gruppe aus Bergisch Gladbach und die Initiatoren des Bürgerbegehrens, haben in den vergangenen Wochen kräftig Werbung für ihre Sache gemacht.
Das Projekt ist derzeit wohl eines der meistdiskutierten Themen in der Stadt. Im Zuge dessen haben die Investoren nun die letzten Details zum Vorhaben bekannt gegeben. Lange war unklar, welches Geschäft neben Lidl, Edeka und Dm in das Einkaufszentrum ziehen soll. Im Gespräch mit unserer Zeitung machen Projektentwickler Kio Tindl und Pressesprecher Marc Weisener von der Hahn-Gruppe nun öffentlich, dass auch eine Filiale von Siemes Schuh-Center entstehen soll. Diese soll rund 800 Quadratmeter Verkaufsfläche bieten. Tindl ist sich sicher: „Wir konnten damit wirklich einen Mehrwert gewinnen.“In insgesamt drei Dialogveranstaltungen mit Lauinger Bürgern hätten die Investoren viele Anreize bekommen. „Einer davon war, weitere Sortimente anzusiedeln.“
Der Hahn-Gruppe zufolge, die 20 Millionen Euro investieren und später als Vermieter der Ladenflächen auftreten will, verfolgt Siemes ein ungewöhnliches Konzept: Das Unternehmen verkauft Markenschuhe von Adidas, Nike, Puma und Co. billiger als gewöhnlich. Denn die Schuhe würden zum Teil mit den Herstellern selbst entwickelt, um sie billiger als üblich zu verkaufen. „Teure Schuhe für andere Gehaltsheißt klassen“, nennt Tindl das. Der Schuhhändler reiht sich damit neben Discounter Lidl, Supermarkt Edeka und Drogeriemarkt Dm. Ursprünglich war für das Einkaufszentrum noch ein weiteres, gastronomisches Geschäft geplant. Dieses soll nun aber doch nicht entstehen. Eine Entwicklung, die sich Tindl zufolge auch aus den Bürgerdialogen ergeben hat: „Das ist ein ganz klarer Charakter der Innenstadt.“Stattdessen sollen zusätzliche E-Ladestationen für Autos entstehen.
Die Pläne für das Einkaufszentrum sehen neben den bereits genannten Geschäften auch Parkplätze und einen frei zugänglichen Bikebiet,
Park vor. Die gesamte Fläche beträgt rund 18000 Quadratmeter, 4500 davon sollen als Verkaufsfläche dienen. Zudem wir das Gelände infrastrukturell erschlossen: Eine Zufahrt, ein Kreisverkehr und eine neue Bushaltestelle sollen gebaut werden. Die Hahn-Gruppe spricht außerdem von 100 bis 150 Arbeitsplätzen in Teil- und Vollzeit, die entstehen würden, wenn das Projekt verwirklicht wird.
Die Gegner des Vorhabens haben jedoch einige Bedenken, die sich vor allem um die Innenstadt drehen. Einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens und Gegner des Einkaufszentrums ist Engelbert Kigele,
der Grünen in Lauingen. Er sagt: „Das Wesen einer Stadt ist die Altstadt.“Das Einkaufszentrum, so seine Befürchtung, schade den „jetzt noch vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten“dort. „Ich betrachte das als eine toxische Investition, das wirkt wie Arsen, ein langsames Gift. Zunächst werden viele sagen: ‚Da gehen wir nicht hin.‘ Aber auf die Dauer werden sie dann trotzdem dort einkaufen.“Wie viele andere Gegner des Einkaufszentrums befürchtet auch er, dass Geschäfte wie der Cap-Markt sterben und Drogeriemarkt Müller abwandern würden. Auf Nachfrage bei Müller vonseiten unserer Redaktion
es zu dem Thema lediglich, „dass wir uns zum Sachverhalt nicht äußern“.
Anstelle des Gewerbegebiets sieht Kigele in der Innenstadt noch einige Entwicklungsmöglichkeiten, die man nutzen könne, etwa in einigen leer stehenden Gebäuden oder im Radgarten. Um die Innenstadt geht es auch Bäckermeister Jakob Lenzer, der gemeinsam mit Peter Baumgartner eine Protestaktion von insgesamt 26 Einzelhändlern in der Innenstadt ins Leben gerufen hatte. Mit neongelben Plakaten verhängten viele ihre Schaufenster. Darauf zu lesen war: „Was wäre wenn …“– eine Anspielung auf die Befürchtung, dass viele Geschäfte in der Innenstadt schließen müssten, wenn das Einkaufszentrum in dieser Form kommt. In einigen Schaufenstern hängen die Plakate noch heute. Lenzer fürchtet, dass Schreibwarenhändler, Bäcker und Metzger durch den Vollsortimenter Edeka Probleme bekommen könnten.
„Das ist eine Konkurrenz, die künstlich erzeugt wird.“Ihm gehe es nicht darum, „dass dort gebaut wird, sondern was gebaut wird“. Die Innenstadt wiederum sei historisch und deshalb schützenswert. „Das macht Lauingen aus, das macht Lauingen besonders und unvergleichbar.“Mit einem Einkaufszentrum „im selben Aufzug wie in zig anderen Städten“gebe die Stadt „ein großes Stück Besonderheit ab.“
Aber längst nicht alle teilen diese Ängste. Zweiter Bürgermeister Dietmar Bulling (SPD) etwa sprach sich immer für das Einkaufszentrum aus. Er glaube nicht, dass sich das Kaufverhalten der Menschen nur wegen des Einkaufszentrums ändern würde. Seiner Meinung nach überwiegen die Vorteile: „Viele Supermärkte bei uns sind nicht mehr auf dem neuesten Stand. Mit dem Einkaufszentrum bekämen wir zwei moderne Märkte dazu.“Durch den Bau würde zudem das GewerbegeSprecher
das seit Jahren als solches ausgeschrieben ist, erschlossen werden.
Ähnlich sieht das Bürgermeisterin Katja Müller (CSU). Auch sie sprach sich für den Bau aus – entgegen der Meinung der CSU-Fraktion im Stadtrat. Sie sagt: „Ich glaube, dass das Einkaufszentrum die Attraktivität des Gewerbegebiets steigern wird und, dass sich auch andere Betriebe überlegen werden, dort anzusiedeln.“Außerdem würden innerstädtische Gewerbe ihrer Meinung nach dadurch nicht geschädigt. Die Anziehungskraft der Innenstadt zu steigern sei aber ebenfalls wichtig.
Über eine Alternative, was mit dem Areal passiert, wenn sich die Lauinger gegen die Pläne aussprechen, hat man sich bei der HahnGruppe offiziell noch keine Gedanken gemacht. „Wenn man mit Alternativen arbeitet, steht man nicht
18 000 Quadratmeter, 20 Millionen Euro
Kommen Lagerhallen vor die Haustür?
voll hinter seinem Konzept“, sagt Projektentwickler Tindl. Von vielen Lauingern hört man immer wieder die Befürchtung, dass dann eben Lagerhallen vor die Haustür gesetzt würden. Tindl will das nicht bestätigen – aber auch nicht kategorisch ausschließen. „Wir wollen weder mit Angst noch mit Druck werben.“Eine Lagerhalle sei zwar leicht realisierbar, aber nicht das vorrangige Ziel.
Wenn der Bürgerentscheid für das Einkaufszentrum ausfällt, heißt das aber noch nicht, dass es auch tatsächlich gebaut wird. In der Abstimmung geht es lediglich um die Einstellung des Bebauungsplanverfahrens. Dem Bau müssten in jedem Fall noch die Behörden und die Regierung von Schwaben zustimmen.
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