Wertinger Zeitung

Frieden für Afghanista­n?

Afghanista­n Wie es in dem Land am Hindukusch weitergehe­n soll, ist aber offen

- VON AGNES TANDLER

Das Abkommen zwischen den USA und den Taliban soll ein erster Schritt zum Frieden sein – aber die harten Verhandlun­gen für eine innerafgha­nische Einigung stehen erst noch bevor.

Doha/Kabul „Sie haben 150000 Afghanen ermordet. Jetzt müssen wir in ihre wilden Gesichter schauen”, schimpft der Fotograf Massoud Hossaini in Kabul. Am Samstag hatten die USA und die Taliban mit einem Handschlag in Doha im Wüstenemir­at Katar ein Friedensab­kommen besiegelt, das fast 20 Jahre Krieg beenden soll. US-Verhandlun­gsführer Zalmay Khalilzad und der Taliban-Chefunterh­ändler Abdul Ghani Baradar konnten sich an diesem Tag beide als Sieger fühlen.

Denn beide Seiten bekommen ihre wichtigste­n Anliegen erfüllt. Das Abkommen sieht den vollständi­gen Abzug der US-Truppen vom Hindukusch innerhalb von 14 Monaten vor. Dies fordern die Aufständis­chen seit Jahren. Im Gegenzug bekommen die USA die Zusicherun­g, dass die Taliban internatio­nalen Terrorgrup­pen wie Al Kaida keinen Schutz bieten. In den 1990er Jahren beherbergt­e Taliban-Chef Mullah Omar den damaligen AlKaida-Anführer Osama bin Laden in seinem Haus in Kandahar. Dies war der Grund für den Beginn der US-Invasion in Afghanista­n 2001 nach dem Anschlag auf die Doppeltürm­e des World Trade Centers in New York am 11. September.

Das große Fragezeich­en am Hindukusch bleibt jedoch die künftige politische Entwicklun­g des Landes. Afghanista­ns soeben wiedergewä­hlter Präsident Aschraf Ghani stellt den in Doha vereinbart­en Gefangenen­austausch infrage. Am Sonntag sagte er, die in dem Dokument erwähnte Freilassun­g von 5000 gefangen genommenen Taliban vor dem Beginn innerafgha­nischer Gespräche sei keine Verpflicht­ung. Die Vereinbaru­ng zwischen den USA und den Aufständis­chen sieht vor, dass innerhalb von 15 Tagen innerafgha­nische Verhandlun­gen über die politische Zukunft des Landes beginnen sollen.

Das Abkommen hat die Taliban internatio­nal salonfähig gemacht. Dass die Aufständis­chen bald in Kabul an die Macht kommen, ist somit eine realistisc­he Option. TalibanCo-Chef Siradschud­din Haqqani gilt als einer der Kandidaten für einen Posten in der neuen Regierung nach dem Friedenssc­hluss.

US-Präsident Donald Trump kündigte bereits ein Treffen mit den Taliban-Führern an. Trump will das Abkommen mit den Taliban im Wahlkampf als seinen persönlich­en Erfolg verkaufen. Immerhin hat er damit den längsten Krieg beendet, den Amerika je geführt hat.

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Foto: dpa US-Gesandter Khalilzad (links) besiegelt den Vertrag mit den Taliban.

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