Bodo Ramelow schafft es im dritten Anlauf
Thüringen Der Linken-Politiker wird nach einem Wahlkrimi wieder Ministerpräsident
Erfurt Zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen hat Thüringen einen Krimi um die Wahl des Ministerpräsidenten erlebt. Die Hauptfiguren: der Linke Bodo Ramelow und AfD-Rechtsaußen Björn Höcke. Das Drehbuch: Der frühere Ministerpräsident Ramelow wollte als Chef einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung zurück ins Amt, Höcke wollte das verhindern und trat gegen ihn an. In den ersten zwei Wahlgängen erhielt keiner von beiden die nötige absolute Mehrheit. Die entscheidende Nebenrolle spielten dabei CDU und FDP, die weder Ramelow noch Höcke als Mehrheitsbeschaffer dienen wollten. Im dritten Anlauf wurden sie nicht mehr gebraucht. Ramelow reichten die 42 Stimmen seines eigenen Lagers für die einfache Mehrheit.
Vor dem entscheidenden Wahlgang hatten Spekulationen die Runde gemacht, AfD-Abgeordnete könnten aus strategischen Gründen für Ramelow votieren, um ihn damit in die Enge zu treiben. Der LinkenPolitiker hatte schließlich stets betont, nicht mit AfD-Stimmen Ministerpräsident werden zu wollen. Alexander Gauland, Chef der AfDBundestagsfraktion, hatte ein solches Manöver kürzlich angedeutet und auch Höcke wollte das auf Nachfrage unserer Redaktion nicht ausschließen. Tatsächlich trat er im dritten Wahlgang nicht mehr an. Doch die 22 AfD-Abgeordneten widerstanden der Versuchung und stimmten in der geheimen Wahl offenbar geschlossen gegen Ramelow.
Die FDP-Abgeordneten blieben während der Abstimmungen einfach sitzen, die CDU-Parlamentarier enthielten sich. Sie wollten nicht in die gleiche Falle tappen wie am 5.
Februar, als der FDP-Politiker Thomas Kemmerich überraschend zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden war – mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD. Die Empörung darüber, dass ein Politiker der Mitte sich von Rechtspopulisten ins Amt hieven ließ, zwang ihn schon einen Tag später zum Rückzug. Seither amtierte er nur noch geschäftsführend, während – mal in Hinterzimmern, mal auf offener Bühne – versucht wurde, das Chaos zu beenden. Vergeblich.
Der Umgang mit der Linken stellt vor allem die CDU vor eine Zerreißprobe. Die Bundespartei schließt jede Form der Zusammenarbeit aus. In Ostdeutschland gehen der CDU damit allerdings immer öfter die Machtoptionen aus. In Thüringen machte sie nun zumindest indirekt den Weg frei für den linken Ministerpräsidenten Ramelow. „Die CDU steht sicherlich bundesweit vor schwierigen Diskussionen, denn mit der heutigen Enthaltung weiter Teile der CDU-Fraktion wird Generalsekretär Paul Ziemiaks Forderung, die Linkspartei auf keinen Fall zu tolerieren, konterkariert“, kommentierte FDP-Vize Wolfgang Kubicki das Ergebnis in Thüringen. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth wiederum erhob schwere Vorwürfe gegen die FDP. „Wer sich in einer derart entscheidenden Situation einer Wahl schlichtweg entzieht, beweist eine eklatante Haltungslosigkeit, die letztlich nur den Demokratieverächtern in die Hände spielt“, sagte die Bundestagsvizepräsidentin. Sie beglückwünschte Ramelow und wünschte „allen Beteiligten die nötige Ruhe und Weitsicht, die es in den kommenden Monaten brauchen wird“.
Tatsächlich geht das Tauziehen in einem Jahr von vorne los. Linke, SPD, Grüne und CDU haben sich auf Neuwahlen im April 2021 geeinigt. Im Kommentar lesen Sie, wer der große Verlierer der Thüringer Posse ist. Auf der Dritten Seite erzählt Christian Grimm den Krimi.
Union und FDP halten sich dieses Mal komplett raus