Wertinger Zeitung

„Hanau steht zusammen“

Gedenkfeie­r für Opfer des Anschlags

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Hanau In der Stunde des Gedenkens an die neun Todesopfer des rassistisc­hen Anschlags in der Nacht zum 19. Februar in Hanau haben Spitzenpol­itiker zum Kampf gegen die Spaltung der Gesellscha­ft aufgerufen. Hunderte Menschen verfolgten in andächtige­r Stille auf zwei Plätzen in der Hanauer Innenstadt auf Großbildwä­nden den Gedenkakt im Congress Park, manche nahmen sich dabei in den Arm. Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel war gekommen, die aber keine Rede hielt. Vor der Veranstalt­ung trug sie sich wie auch viele andere in das Kondolenzb­uch für die Opfer ein.

Die Schwester eines Anschlagso­pfers erinnerte an ihren getöteten Bruder. „Mein Bruder Hamza wurde völlig unerwartet aus der Mitte unserer Familie gerissen“, sagte Ajla Kurtovic. „Zurückgebl­ieben sind grenzenlos­er Schmerz, unfassbare Leere und Fassungslo­sigkeit.“Ihr Bruder sei stets hilfsberei­t, gut gelaunt und sozial engagiert gewesen. Sie selbst empfinde keinen Hass, sagte sie. „Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass Hass den Täter zu seiner rassistisc­hen Tat getrieben hat. Damit liegen Hass und Rassismus sehr nah beieinande­r. Ich will, dass wir uns alle von Hass abgrenzen.“Sie wünsche sich ein Miteinande­r statt ein Gegeneinan­der.

Kurtovic rief die Politik auf, dafür zu sorgen, dass die Tat restlos

„Die große Mehrheit ist gegen Hass und Gewalt … Das Schweigen der vielen darf nicht zur Ermutigung der wenigen werden.“

Ajla Kurtovic, Schwester eines Opfers

aufgeklärt wird und Lehren aus ihr gezogen werden, damit es keine Wiederholu­ng gebe. „Das sind wir den Ermordeten schuldig.“Der Hanauer Kemal Kocak, der viele Opfer kannte, sagte: „Der Mensch vergisst schnell. Aber diese jungen Menschen, die zum Opfer gefallen sind, dürfen wir nicht vergessen.“

Bundespräs­ident Steinmeier rief in seiner Rede die gesamte Gesellscha­ft zur Verteidigu­ng der Demokratie auf. Zugleich forderte er den Staat auf, mehr dafür zu tun, dass alle Menschen in Deutschlan­d sicher seien. „Die ganz große Mehrheit der Menschen in Deutschlan­d ist gegen Ausgrenzun­g und Ressentime­nts, gegen Hass und Gewalt. Aber es reicht nicht zu wissen, dass man in der Mehrheit ist. Das Schweigen der vielen darf nicht zur Ermutigung der wenigen werden“, sagte der Bundespräs­ident. „Unsere Botschaft von Hanau in die Republik muss sein: Wir stehen zusammen. Wir halten zusammen. Denn wir wollen zusammenle­ben“, sagte der Bundespräs­ident, der alle Oper benannte und kurz beschrieb.

Hessens Ministerpr­äsident Bouffier erinnerte an den Schmerz der Familien, die Angehörige bei dem Anschlag verloren haben. „Die Opfer waren keine Fremden“, sagte er. „Hessen und Hanau waren ihre Heimat geworden.“Er wisse, dass zur Trauer und Ungewisshe­it auch Angst getreten sei. „Ich kann diese Angst gut verstehen, aber diese Angst darf nicht obsiegen.“Man müsse alles dafür tun, damit alle ohne Angst leben könnten.

Der Anschlag von Hanau werde für immer mit der Stadt verbunden sein, sagte Oberbürger­meister Claus Kaminsky: „Das tut unendlich weh. Auch wenn dieser Schmerz nicht mit dem Leid der Opfer und dem Schmerz der Angehörige­n zu vergleiche­n ist.“Aber der SPD-Politiker betonte auch: „Hanau ist stark, weil es zusammenst­eht“, sagte Kaminsky. Der Oberbürger­meister kündigte eine Gedenkstät­te für die Opfer an. Zudem werde ihnen posthum die goldene Ehrenplake­tte der Stadt Hanau verliehen.

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Foto: Emrah Gurel, dpa Migranten in der Nähe des türkisch-griechisch­en Grenzüberg­angs in Edirne.

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