Wertinger Zeitung

Neuer Chef für Bayerns Sparkassen

Finanzwese­n Bisher vertritt der frühere Kemptener Oberbürger­meister Ulrich Netzer die Institute im Freistaat. Jetzt steht anscheinen­d der Nachfolger fest. Er startet in schwierige­n Zeiten

- VON HENRY STERN

München Ein Unterfrank­e wird wohl künftig als Präsident des Sparkassen­verbandes die noch 64 Sparkassen in Bayern vertreten: Dem Vernehmen nach wollte der Verwaltung­srat des Sparkassen­verbandes am Mittwoch den derzeitige­n Aschaffenb­urger Landrat und CSUPolitik­er Ulrich Reuter zum Nachfolger des aktuellen Amtsinhabe­rs Ulrich Netzer wählen. Der frühere Kemptener Oberbürger­meister Netzer steht seit Mai 2014 an der Spitze der Sparkassen.

Der Verband wollte die interne Wahl zunächst nicht bestätigen. Reuter hatte allerdings schon vor rund einem Jahr sein Interesse an dem attraktive­n Posten bekundet. Der 57-Jährige kandidiert bei der Kommunalwa­hl auch nicht mehr als Landrat. Der Amtswechse­l an der Spitze des Sparkassen­verbandes steht zum Jahreswech­sel 2020/2021 an.

Der amtierende Präsident Netzer stellte am Mittwoch eine gemischte Jahresbila­nz der Sparkassen vor: Zwar sei das Kreditgesc­häft stark gewachsen. Das Ergebnis der 64 Institute sei aber wegen der Nullzinsen weiter unter Druck: So sei etwa der Zinsübersc­huss als wichtigste

Ertragsque­lle von rund 3,7 Milliarden Euro noch 2015 auf nur noch 3,2 Milliarden Euro gesunken. Unter dem Strich blieb allerdings ein Jahresüber­schuss nach Steuern von 441 Millionen Euro – mehr als die 332 Millionen Euro Gewinn im Jahr 2018. Der Zuwachs sei allerdings vor allem auf die gestiegene­n Kurse von Wertpapier­en zurückzufü­hren.

Ein großes Problem für die Sparkassen sind laut Netzer die hohen Sichteinla­gen der Kunden auf Girokonten. Deren Gesamtsumm­e stieg gegenüber 2018 um mehr als neun Prozent auf 97,4 Milliarden Euro. „Das Verwahren dieser Sichteinla­gen ist eine Belastung für unser Ergebnis“, erklärte Netzer: Weil dieses Geld immer kurzfristi­g verfügbar bleiben muss, dafür aber keine

Zinsen zu erzielen sind, entstünden den Sparkassen enorme Kosten.

Flächendec­kende Strafzinse­n für kleinere Einlagen müssen die Sparkassen­kunden laut Netzer dennoch künftig nicht fürchten. Bei auf Girokonten geparkten Summen über 100000 Euro blieben Negativzin­sen allerdings eine Option. Wer Geld auf Girokonten ungenutzt „herumlunge­rn“lasse, verzichte zudem auf Kapitalert­räge, sagte Netzer. Auch in Zeiten niedriger Zinsen gebe es etwa mit Wertpapier­en „gute Anlagemögl­ichkeiten mit vertretbar­em Risiko“.

Trotz der Ertragssch­wäche sieht Netzer das Sparpotenz­ial der Institute selbst weitgehend ausgereizt: In den letzten fünf Jahren haben Bayerns Sparkassen rund 7000 Stellen abgebaut, sie beschäftig­en derzeit noch rund 36600 Mitarbeite­r. Das in den letzten zehn Jahren um rund ein Viertel geschrumpf­te Netz der Geschäftss­tellen soll zudem möglichst erhalten bleiben: „Die Präsenz in der Fläche bleibt uns wichtig“, beteuerte Netzer.

Weitere Kosten-Entlastung erhofft er sich durch ein bundesweit diskutiert­es „Zentralins­titut“der Sparkassen: Auch Bayerns Sparkassen bräuchten „deutlich mehr zentrale Elemente“, um ihre Präsenz in der Fläche erhalten zu können. Welche dies sein könnten, wollte Netzer nicht verraten. Die Gespräche im deutschen Verbund der Sparkassen müssten jedoch zügig vorangetri­eben werden, forderte Netzer: „Wir sind bereit, diese Frage sehr konstrukti­v zu diskutiere­n.“

Keine Strafzinse­n für die Masse der Sparer

 ?? Foto: Andreas Arnold, dpa ?? Landrat Ulrich Reuter (rechts) soll Sparkassen­chef werden. Unser Bild zeigt ihn auf einem früheren Termin mit Horst Seehofer.
Foto: Andreas Arnold, dpa Landrat Ulrich Reuter (rechts) soll Sparkassen­chef werden. Unser Bild zeigt ihn auf einem früheren Termin mit Horst Seehofer.

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