Bücher statt Nudeln hamstern!
Coronavirus Nach der Leipziger Buchmesse haben nun weitere Messeveranstalter auf dem kulturellen Sektor abgesagt. Besonders hart trifft die Maßnahme die kleineren Verlage. Wie Mixtvision und Hanser in München reagieren
Leipzig/München Nachdem am Dienstag bereits wegen des Coronavirus die Leipziger Buchmesse 2020 abgesagt worden war, haben gestern weitere Veranstalter von Messen mit kulturellem Bezug nachgezogen: Sowohl die Londoner Buchmesse, die vom 10. bis 12. März hätte stattfinden sollen, ist abgeblasen worden als auch die Frankfurter Musikmesse, die auf Anfang April anberaumt war. Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen der Buch- und Musikbranche bangen deshalb um ihre Existenz.
Im Internet haben deshalb auch Bücherfans eine Soli-Aktion für kleinere Verlage ins Leben gerufen. Unter dem Hashtag werden auf Twitter eifrig Lesetipps für Angebote vor allem aus unabhängigen Verlagen ausgetauscht. Verbreitet wurde der Hashtag vom Phantastik Autoren Netzwerk (PAN). „Kleinverlage machen einen erheblichen Umsatz auf der Leipziger Buchmesse“, erklärte die PANVorstandsvorsitzende Diana Menschig gestern. Einen großen Verlag und einen bekannten Autor störe es nicht, wenn ihm eine BuchmesseLesung mit 50 verkauften Büchern entgehe. „Aber Kleinverlage haben dreistellige Auflagen, sagen wir 500. Und da sind 50 nicht verkaufte Bücher eben zehn Prozent des Umsatzes“, so Menschig. Neben diesen Einnahmen gehe durch die Buchmesse-Absage auch die Aufmerksamkeit für die Autoren verloren. Im Netzwerk sei darum überlegt worden, was man machen könne, und dabei sei das aufgekommen. Der Hashtag laufe extrem gut, erklärte Menschig.
Einer dieser kleinen Verlage ist der Münchner Kinder- und Jugendbuch-Verlag Es sei bedauerlich, aber man habe damit gerechnet, sagt Elisabeth Braune, die für Presse und Programm zuständig ist. Mixtvision bringt seine Geschichten nicht nur im gedruckten Buch, sondern auch auf anderen Plattformen, beispielsweise mittels Apps, heraus. „Die Leipziger Buchmesse ist für uns wahnsinnig wichtig, dort kommen wir in Kontakt mit unserer jungen Zielgruppe. Das ist bei keiner anderen Messe so möglich“, schildert Braune die Bedeutung der Veranstaltung.
Mixtvision.
Das Programm mit Aktionen zum Mitmachen war schon geplant, Autoren waren eingeladen, Termine mit Jugend-Leseklubs waren vereinbart und die Gestaltung des Stands war auf das Frühjahrsprogramm abgestimmt. Wie hoch der wirtschaftliche Schaden ist, lasse sich noch gar nicht sagen.
Gewisse Sachen ließen sich noch stornieren, doch es gebe noch einen weiteren Aspekt: der nun fehlende Kontakt mit den Lesern vor Ort. „Wir können unser Programm nicht persönlich präsentieren, wichtige Begegnungen mit Multiplikatoren und der Zielgruppe finden nicht statt“, sagt Elisabeth Braune. Nicht zuletzt treffen uns auch die Ausfälle durch den ausbleibenden Buchverkauf vor Ort, der in Leipzig möglich ist.
Besonders um ein Buch tut es Braune leid: „Code: Orestes – Das auserwählte Kind“. Dies sei ein „wahnsinnig spannendes Buch, in dem zwei Kinder das Geheimnis um einen Wissenschaftler aus dem vorigen Jahrhundert lösen. Das hat viel mit Wissenschaft, aber auch deren Grenzen zu tun“, erzählt Braune. Man habe dafür ein Veranstaltungsformat entwickelt, bei dem Kinder hätten mitmachen können. „Das in
Leipzig vorzustellen, wäre super gewesen.“
Christina Knecht vom Münchner Hanser Verlag findet die Messe-Absage nachvollziehbar und richtig. Dennoch bedauert sie sie, denn: „Das ist ein Verlust für das Buch im Allgemeinen. Die Leipziger Buchmesse ist ein richtiges Lesefest, es sind enorm viele Autoren da, die jetzt auch keine Auftritte dort haben“, so Christina Knecht. Radiointerviews, die vor Ort hätten stattfinden sollen, sollen nun in Studios verlegt werden. Auch die Reisen der eigenen Mitarbeiter sind zu stornieren.
Wie hoch der finanzielle Schaden ist, sei noch nicht zu beziffern, man müsse abwarten, wie das gebuchte Hotel reagiere. Die Standkosten würden immerhin erstattet, doch bei allem, was Dienstleistungen rund um die Messe betreffe, müsse man abwarten. Das hänge auch ab von den Geschäftsbedingungen in den Verträgen.
Einen Tipp hat Knecht noch: Sie verweist auf das Social-MediaTeam ihres Verlags, das am Dienstag auf seinen Kanälen nicht ohne Humor verbreitete: „Die Leipziger Buchmesse ist nur verlegt worden. Und zwar in eure Buchhandlung. Jeden Montag bis Samstag, das ganze Jahr über.“
Unterdessen will die Buchmesse Leipzig bis Ende der Woche Klarheit über die Vergabe des Preises der Leipziger Buchmesse schaffen. Derzeit liefen noch Abstimmungen mit den Partnern, sagte BuchmesseSprecherin Ruth Justen am Mittwoch. Klar ist, dass die Auszeichnung vergeben wird, unklar sind vorerst aber der Ort und die Form der Übergabe.