Steht vor der Tür und quasselt sofort los
Die Känguru-Chroniken Die Zwiegespräche eines vorlauten Beuteltiers waren in der Buchform ein Bestseller. Auf der Kinoleinwand tut sich der Regisseur Dani Levy mit dem satirischen Stoff jetzt wesentlich schwerer
Als das Känguru an der Wohnungstür klingelte, um Eier und Mehl auszuleihen und schließlich auch Herd, Küche sowie die ganze Wohnung in Beschlag zu nehmen, war das der Beginn einer langen, tiefen Freundschaft. Nicht nur für den überraschend wenig überraschten Nachbarn, dem der Kabarettist MarcUwe Kling seine Erzählerstimme verlieh, sondern auch für zahllose Leser und Hörbuchfans, die dem animalisch-satirischen Werk schon bald Kultstatus zusprachen.
Die „Känguru-Chroniken“begannen als Radio-Podcast und weiteten sich zwischen 2009 und 2018 zu einem vierbändigen Gesamtwerk aus, dessen erster Teil mittlerweile in 21 Auflagen erschienen ist. In den Zwiegesprächen zwischen dem vorlauten kommunistischen Känguru und dem etwas antriebsarmen Kabarettisten, der keinesfalls Kleinkünstler genannt werden will, werden Gesellschaftskritik, Sozialphilosophie, popkulturelle Referenzen munter mit flapsigem Humor und einem ausgeprägten Sinn fürs Groteske vermischt. Die pointierten Episoden unterhalten ergraute Altlinke genauso wie Studenten-WGs und Kinder, die sich dem Charme des schlagfertigen Beuteltiers nicht entziehen können, auch wenn sie vielleicht nicht jede Anspielung verstehen. Das gilt besonders für die schon mehrfach ausgezeichneten Hörspielversionen, die Kling allesamt selbst eingesprochen hat.
Nun bringt Dani Levy, der an seinen Komödienerfolg „Alles auf Zucker“nie wieder so richtig anknüpfen konnte, die „KänguruChroniken“auf die Leinwand. Das ist eigentlich eine naheliegende Idee. Nicht nur weil im deutschen Kino – wie man schon bei „Das geheime Leben der Bäume“sehen konnte – kein Bestseller ungeschoren davonkommt, sondern auch, weil Marc
Uwe Kling sich in seinen KänguruEpisoden immer wieder im KinoDiskurs verortet hat. Verweise auf Star Wars und Spitzen gegen epische Superheldenwerke oder die Omnipräsenz eines gewissen Daniel Brühl im heimischen Filmschaffen gehörten seit jeher zu Klings satirischem Fundus.
Aber Levys Adaption zeigt, dass eine naheliegende nicht zwingend eine gute Idee sein muss. Die Vorlage lebt von der Spannung zwischen dem allzu tiefenentspannten, selbstironischen Erzähler und dem schlagfertigen, linksradikalen Känguru. Natürlich muss Levy den Erzähler Mark-Uwe in eine Filmfigur (Dimitrij Schaad) verwandeln, wobei dessen lakonische Gedankenwelt auf der Strecke bleibt und nur unvollständig in Dialoge übersetzt werden kann. Schaad gibt sich Mühe als indifferentes Alter Ego mit Dackelblick und SchlabberLook, aber die spezifische Ironie der
Erzählung lässt sich eben nur bedingt mimisch darstellen.
Aber auch das animalische Gegenüber macht Probleme. Der Einfall, ein Känguru völlig selbstverständlich als neuen Mitbewohner aufzunehmen, ist in Schriftform wunderbar schräg. Aber die Materialisierung auf der Leinwand will in genau dieser Selbstverständlichkeit nicht funktionieren. Die Sichtbarkeit des holprig animierten Beuteltiers lenkt hier eher ab und bricht den eigentlichen Charme des vorlauten Mitbewohners mit Vietkong- und Hausbesetzer-Erfahrung.
Auch die Story, die vom Kampf der Kreuzberger Hausgemeinschaft gegen einen rechtspopulistischen Immobilienmogul (Henry Hübchen) und seine Neonazi-Schläger erzählt, wirkt eher bemüht als lustig. Obwohl Kling selbst das Drehbuch verfasst hat, kann der Film unter Levys wenig subtiler Regie mit der genial mäandernden Qualität der Buchepisoden nicht mithalten.