Bedrohte Tochter
Für Sama Eine syrische Filmemacherin zeigt ungeschminkt das Grauen von Aleppo
Menschen sind Meister im Verdrängen und das ist auch gut so. Würde man sich jeden Tag den ganzen Schmerz und das Leid dieser Welt auf die Schultern laden, könnte man in diesem Leben wohl nicht bestehen. Genauso gesund ist es, hin und wieder daran erinnert zu werden, dass andernorts vieles im Argen liegt. Wenn Menschen, die in den Nachrichten in anonymen Opferzahlen untergehen, Namen und Gesichter bekommen, kann man sich nicht länger verschließen. Waad alKateab hat die Dokumentation „Für Sama“in erster Linie für ihre kleine
Tochter gemacht. Gleichzeitig gelingt es der Syrerin, dafür zu sensibilisieren, was Familienleben in einem Kriegsgebiet bedeutet.
Sama bedeutet Himmel. Im Aleppo des Bürgerkrieges ist dieser Himmel kein verheißungsvoller oder romantischer Ort, hier kommt der Tod oft von oben. Als Waad und ihre Kommilitonen 2012 gegen Assad demonstrieren, Christen und Muslime zusammen, schwemmt der Fluss viele Leichen an – gefesselt, gefoltert, ermordet. Eine unmissverständliche Warnung.
Wenig später werden die Panzer durch Aleppo rollen und Flugzeuge ihre tödliche Last abwerfen. Waad hat den Arzt Hamza kennengelernt, der unter einfachsten Bedingungen und bis zur Selbstaufgabe die vielen Verwundeten versorgt. Die beiden verlieben sich und heiraten. Sama lässt nicht lange auf sich warten. Die Eltern könnten die umkämpfte Stadt verlassen. Sie bleiben und sind weiterhin für ihre Mitmenschen da. „Was für ein Leben mute ich dir zu?“, fragt Waad ihre Tochter. „Kannst du mir je verzeihen?“Es sind schlimme Bilder, die Waad alKateab uns zumutet. Tote und sterbende Kinder sind für die Kamera kein Tabu. Die schreckliche Realität darf dieser Film nicht ausblenden. Erstaunlich ist, wie oft gelacht wird, wie Quatsch beim Überleben hilft. » Für Sama (1 Std. 35 Min.), Dokumentarfilm, Großbritannien/Syrien 2019 Wertung ★★★★✩