Schmidt sieht andere Probleme
Fußball FCA-Trainer hofft auf ein Ende des Fan-Streits. Ihm fehlt die Verhältnismäßigkeit zu wichtigeren Sorgen auf der Welt
Augsburg/Frankfurt Weitere Proteste im Stadion, neue Machtkämpfe zwischen DFB und Ultra-Szene hinter den Kulissen und deutliche Worte von der DFL. Die Deutsche Fußball Liga sprach sich am Mittwoch gegen Kollektivstrafen aus und forderte, der Drei-Stufen-Plan mit Spielunterbrechungen und -Abbrüchen müsse präzise definiert werden. Derweil sehen sich vor einem geplanten Krisentreffen gewichtige Fanverbände vom Deutschen Fußball-Bund getäuscht. „Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen“, hieß es in einer Erklärung, die von den Organisationen „Unsere Kurve“und „Queer Football Fanclubs“. Sie reagierten damit auf die Bekanntmachung des DFB zur Einberufung eines runden Tisches.
„Kollektivstrafen haben im deutschen Fußball noch nie ein Problem gelöst“, heißt es in einer ausführlichen Erklärung der DFL nach einer Präsidiumssitzung. Als „Ultima Ratio in absoluten Ausnahmefällen“könnten diese aber in sportgerichtlichen Verhandlungen zwischen DFB und Clubs nicht komplett ausgeschlossen werden. Die DFL will auf den DFB zugehen, um das grundsätzliche Gespräch unter anderem bezüglich Transparenz sowie Auslegung und damit auch Akzeptanz von Sanktionen zu suchen.
„Die Meinungsfreiheit, zu der selbstverständlich auch Protest gehört, steht nicht zur Disposition“, hieß es weiter. Genauso klar sei aber auch: „Menschen gehören auch auf Plakaten nicht ins Fadenkreuz. Diffamierungen, Hetze und Hass – gleichgültig in welcher Form – sind nicht hinnehmbar. Dies gilt unabhängig von Dietmar Hopp für alle Menschen – jedes Alters, jedes Geschlechts,
jeder Religion, sozialen Schicht, Hautfarbe, Nationalität oder sexuellen Orientierung.“Selbstkritisch erklärte die DFL auch, dass es „absolut legitim“sei, zu fragen, warum diese Haltung in dieser Deutlichkeit nicht früher zum Ausdruck gekommen sei. In Fankreisen wurde kritisiert, dass Hoffenheims Mäzen Hopp besonders geschützt werde.
Martin Schmidt, der Trainer des FC Augsburg, hofft derweil auf ein Ende des Fan-Zwists. Zumal es derzeit in der Gesellschaft ohnehin deutlich drängendere Probleme gebe. „Wir haben momentan andere Probleme in der Gesellschaft zu stemmen“, sagte der Schweizer. Den rassistischen Anschlag in Hanau nannte er, die Flüchtlingskrise und das Coronavirus. In seiner Schweizer Heimat wird damit noch deutlich strikter umgegangen als in Deutschland. In der Schweiz sind derzeit alle Großveranstaltungen abgesagt, selbst die unteren Fußball-Amateurligen spielen nicht. Der Grund für die Vorsichtsmaßnahmen in der Schweiz ist klar: „Sie wollen Zeit gewinnen, damit es sich langsamer ausdehnt“, so Schmidt.
Normalität, davon träumt Schmidt im Fußball-Alltag. Am vergangenen Wochenende sei der Fußball durch all die Nebenerscheinungen ins zweite Glied gerückt. „Ich hoffe am Sonntag auf ein ruhiges Spiel, damit der Fußball wieder in den Vordergrund geschoben wird“, sagt der Trainer des FC Augsburg. Am Sonntag (15.30 Uhr/ Sky) tritt seine Mannschaft beim FC Bayern an. „Ich hoffe auf die Einsicht von den Fußballfans und Ultras“, sagte Schmidt. Zumindest am Dienstag schien die im Pokalspiel der Münchner beim FC Schalke vorhanden gewesen zu sein. „Das ist ein gutes Zeichen, dass sie den richtigen Ton getroffen haben“, meinte der Schweizer, der im Fall der Fälle auf die DFL, den Stufenplan und das Schiedsrichterteam vertraut.
Am Wochenende ist dem Trainer die Berichterstattung über den Fußball in manchen Fällen deutlich zu kurz gekommen. „Das ist schade. Denn das ist das, was uns noch Spaß macht“, meinte der 52-Jährige. „Wenn ich am Abend die Tagesthemen oder die Tagesschau gucke, muss ich wirklich sagen: Da kommt ein Blockthema nach dem anderen, was mich bewegt. Lasst uns doch den Sport, der uns Freude und Spaß bereitet. Ohne den wird es noch ein bisschen trister.“