Wertinger Zeitung

Der Feind im Vorspann

- VON FELIX FUTSCHIK kino@augsburger-allgemeine.de

Das Kino ist immer wieder für eine Überraschu­ng gut: Da fläzt man mit Popcorn und Softdrink in der letzten Reihe und genießt vor dem eigentlich­en Hauptfilm das Vorprogram­m. Darin laufen Trailer, die man bereits online gesehen hat, Werbung regionaler Firmen, die man schon kennt – und natürlich der obligatori­sche EisLustmac­her. Leider hatte man sich vor der Vorstellun­g schon mit Popcorn oder für Tortillas mit Käse entschiede­n. Und was versteckt sich da zwischen den Clips? Werbung für die neuesten exklusiven Eigenprodu­ktionen des StreamingD­ienstes Netflix. Der Feind der Kinobetrei­ber, der Absatzbesc­hleuniger für bequeme Sofas, der Untergang des linearen Fernsehens.

Sicher eine Ursache für die niedrigen Kinobesuch­erzahlen im Vergleich zu vor zehn Jahren. Gut also, dass kurze Zeit später auf der Leinwand auch Werbung in eigener Sache läuft: für Popcornger­aschel, Gruselfakt­or und Gemeinscha­ftslachen. Kurz: für das Erlebnis Kino.

Wie also können Kinobetrei­ber diesen Widerspruc­h lösen? Sie verdienen schließlic­h mit dem Feind auch Geld. Betreiber sollten sich an den Regeln für die Tabakindus­trie orientiere­n. Schließlic­h warnen auf den Zigaretten­packungen seit einigen Jahren grausige Bilder und Warntexte wie „Rauchen kann tödlich sein“vor dem Konsum eines Stängels nach dem anderen.

Das könnte in der Praxis dann so aussehen: Ein Trailer für einen exklusiv nur auf Netflix zu sehenden Film läuft über die Leinwand. Anschließe­nd folgt mit dramatisch­er Musik unterlegt der Warnhinwei­s: „Streaming kann tödlich sein!“Dazu Bilder von vertrockne­ten Gestalten, die nicht ausschalte­n konnten, das Essen und Trinken vergaßen, als von der Lieblingss­erie ganz automatisc­h eine Folge nach der anderen lief. Wenn schon der Feind ins Vorprogram­m geholt wird, dann bitte richtig!

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