Der Feind im Vorspann
Das Kino ist immer wieder für eine Überraschung gut: Da fläzt man mit Popcorn und Softdrink in der letzten Reihe und genießt vor dem eigentlichen Hauptfilm das Vorprogramm. Darin laufen Trailer, die man bereits online gesehen hat, Werbung regionaler Firmen, die man schon kennt – und natürlich der obligatorische EisLustmacher. Leider hatte man sich vor der Vorstellung schon mit Popcorn oder für Tortillas mit Käse entschieden. Und was versteckt sich da zwischen den Clips? Werbung für die neuesten exklusiven Eigenproduktionen des StreamingDienstes Netflix. Der Feind der Kinobetreiber, der Absatzbeschleuniger für bequeme Sofas, der Untergang des linearen Fernsehens.
Sicher eine Ursache für die niedrigen Kinobesucherzahlen im Vergleich zu vor zehn Jahren. Gut also, dass kurze Zeit später auf der Leinwand auch Werbung in eigener Sache läuft: für Popcorngeraschel, Gruselfaktor und Gemeinschaftslachen. Kurz: für das Erlebnis Kino.
Wie also können Kinobetreiber diesen Widerspruch lösen? Sie verdienen schließlich mit dem Feind auch Geld. Betreiber sollten sich an den Regeln für die Tabakindustrie orientieren. Schließlich warnen auf den Zigarettenpackungen seit einigen Jahren grausige Bilder und Warntexte wie „Rauchen kann tödlich sein“vor dem Konsum eines Stängels nach dem anderen.
Das könnte in der Praxis dann so aussehen: Ein Trailer für einen exklusiv nur auf Netflix zu sehenden Film läuft über die Leinwand. Anschließend folgt mit dramatischer Musik unterlegt der Warnhinweis: „Streaming kann tödlich sein!“Dazu Bilder von vertrockneten Gestalten, die nicht ausschalten konnten, das Essen und Trinken vergaßen, als von der Lieblingsserie ganz automatisch eine Folge nach der anderen lief. Wenn schon der Feind ins Vorprogramm geholt wird, dann bitte richtig!