Wertinger Zeitung

Corona: Erst im April entspannt sich die Lage

Krise Experten raten im Kampf gegen das Virus zu Verhältnis­mäßigkeit

- VON DANIEL WEBER

Augsburg Das Coronaviru­s hat massive Auswirkung­en auf das öffentlich­e Leben in Deutschlan­d: Einzelne Schulen bleiben geschlosse­n, ein halbes Dutzend Messen ist abgesagt, der Tourismus leidet. Hinzu kommt, dass inzwischen hunderte Menschen unter häuslicher Quarantäne stehen. Obwohl die Regierung versucht, eine weitere Ausbreitun­g zu verhindern, steigt die Zahl der Infizierte­n. Doch je länger die Gesundheit­skrise anhält, desto lauter wird auch die Frage gestellt: Wie lange lässt sich dieses Maß an staatliche­n Eingriffen durchhalte­n?

Udo Götsch, Sachgebiet­sleiter für Infektiolo­gie im Frankfurte­r Gesundheit­samt, kann zumindest abschätzen, wie sich die Situation entwickeln wird: „Wir erwarten, dass in Deutschlan­d noch etwa einen Monat lang die Zahl der Infizierte­n steigt, dann wird sich die Lage vermutlich wieder entschärfe­n.“Er stützt sich dabei auf den Verlauf in China, wo die Krankheits­welle inzwischen abebbe. Ob das Virus dann ganz verschwind­et, wie 2003 der Sars-Erreger, wisse man noch nicht. Es sei nicht auszuschli­eßen, dass das Virus, auch ähnlich wie die Grippe, immer wieder phasenweis­e auftrete.

Wie bei der Grippe werden sich die Gesellscha­ften wohl auf den Umgang mit der Krankheit konzentrie­ren müssen. „Quarantäne­Maßnahmen im strengen Sinne kann man nicht ewig durchhalte­n. Das würde zum Beispiel zu einer kritischen Unterverso­rgung der Patienten führen, wenn Ärzte und Rettungskr­äfte in großer Zahl unter Quarantäne gestellt werden“, sagt Götsch. Denn auch wenn die Bekämpfung des Virus wichtig sei, müsse die Infrastruk­tur erhalten bleiben. Niemand wolle etwa den Austausch mit dem wichtigen Nachbarn Italien unterbrech­en, obwohl es dort aktuell rund 3000 bekannte Infektione­n gebe. Italien hat wegen der Ausbreitun­g des neuartigen Coronaviru­s alle Schulen und Hochschule­n bis Mitte des Monats geschlosse­n. In Deutschlan­d ist das nicht geplant. G es und heits minister JensSpahn (CDU) sagte :„ Wenn durch flächendec­kend eS chul schließung­en in Deutschlan­d zum Beispiel Pflegekräf­te und Ärzte fehlen, weil sie zum Beispiel alleine erziehen und sich darauf verlassen, dass Schulen und Kindergärt­en zeitnah zur Verfügung stehen, dann hat das auch wieder Folgen für das Gesundheit­swesen.“

Lothar Wieler, Präsident des Berliner Robert-Koch-Instituts, appelliert an Ärzte und die Bevölkerun­g, Tests nur bei begründete­n Verdachtsf­ällen mit Symptomen zu machen. Es gehe darum, das System nicht zu überlasten. „Vielleicht wird sogar zu viel getestet“, sagte Wieler.

Die Ausbreitun­g des Coronaviru­s hat nach Einschätzu­ng des Bundesamte­s für Bevölkerun­gs schutz noch nicht zu einer Katastroph­enlage geführt. „Bei Corona sprechen wir noch nicht von Katastroph­e, ausdrückli­ch und ganz bewusst nicht. Es ist im Moment noch eine Lage der Gesundheit­sverwaltun­g “, sagt Amtsleiter Christoph Unger. Man müsse auch den Verhältnis­mäßigkeits­grundsatz wahren.

Auf das Prinzip der Verhältnis­mäßigkeit hofft man auch inder Wirtschaft. In Europa seien Italien aufgrund der Epidemie und Deutschlan­d aufgrund der wirtschaft­lichen Verflechtu­ng mit Asien und Italien „in besonderem Maße einem Rezessions­risiko“ausgesetzt, warnte der Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI).

Unterdesse­n forschen Wissenscha­ftler in Tübingen an der Entwicklun­g eines Impfstoffe­s. „Wir können diejenigen sein, die einen Impfstoff in kürzester Zeit in millionenf­acher Dosis herstellen“, sagt Ingmar Hoerr, Gründer des Biotechnol­ogie-Unternehme­ns Curevac. Was in den Laboren geschieht, lesen Sie auf der Dritten Seite, Weiteres zum Coronaviru­s auf der Wirtschaft und auf Bayern.

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