Wertinger Zeitung

Sein Name ist Plasticus

Natur Forscher finden in Meerestief­en eine unbekannte Art. In ihr: Plastik

- VON MAX KRAMER

Gäbe es einen Preis für den lebensfein­dlichsten Ort der Erde, das Hadopelagi­al wäre ein heißer Anwärter. Hado-wie-viel? Tiefer als dorthin, zur untersten Schicht in den Weltmeeren, kann man nicht sinken. Sie liegt sechs bis elf Kilometer unter der Wassernarb­e und verdankt ihren Namen dem Hades, der griechisch-mythologis­chen Unterwelt. Und das nicht umsonst: Im Hadopelagi­al ist es dunkel, dort ist es kalt, dort lastet unvorstell­barer Druck auf allem, was es gibt. Und als hätten es die wenigen Tierchen dort nicht schon schwer genug, ist im Hadopelagi­al auch: Plastik – in den Überlebens­künstlern selbst.

Einen halben Millimeter lang ist der PET-Kunststoff­faden, den Forscher im Körper einer bisher unbekannte­n Flohkrebs-Art entdeckten. Sie lebt in 6500 Metern Tiefe nahe den Philippine­n, ist bis zu fünf Zentimeter lang – und wurde dank ihrer Fehlernähr­ung prompt „Eurythenes plasticus“getauft.

Das Kuriosität­enkabinett wissenscha­ftlicher Namen, zu dem der Käfer Agra schwarzene­ggeri und die Meeresschn­ecke Bursina borisbecke­ri schon länger gehören, ist um einen prominente­n Neuzugang reicher. Doch anstatt den ausgeprägt­en Oberschenk­eln eines Insekts Rechnung zu tragen oder „BummBumm-Boris“persönlich zu huldigen, verfolgt die Namensgabe des Plastik-Krebses ein ernsteres Ziel: „Wir wollen ein starkes Zeichen gegen die Meeresvers­chmutzung setzen und deutlich machen, dass wir dringend etwas gegen die Plastikflu­t tun müssen“, sagt Forschungs­leiter Alan Jamieson. Der Krebs erregt auch die Gemüter der Umweltorga­nisation WWF. Sie sieht den Fund als Indiz für „unseren laxen Umgang mit Plastik“. Eine Mahnung an den Menschen – mit freundlich­en Grüßen aus der Unterwelt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany