Wertinger Zeitung

Beckers unerbittli­cher Rivale

Porträt Ex-Tennisspie­ler Ivan Lendl belohnte seine harte Arbeit mit Triumphen. Nur in Wimbledon stand ihm der Deutsche stets im Weg

- Tom Trilges

Deutsche Tennisfans kennen ihn als unerbittli­chen Rivalen von Boris Becker mit stets ernster Miene – Ivan Lendl. Doch das ist nur eine Seite des Tschechen mit amerikanis­chem Pass. Ein Weggefährt­e schätzt vor allem Lendls trockenen Humor. Fest steht jedenfalls, dass der Mann zu den größten Helden seines Sports gehört. Nur ein wichtiger Titel blieb ihm als Aktiver verwehrt – und ein würdiger Abgang.

Der ehemalige Davis-Cup-Profi Bernd Karbacher sagt über Lendl: „Er war schon ein guter, witziger Vogel.“Gleichzeit­ig imponierte seinen Gegnern der unbändige Wille des 94-fachen Turniersie­gers. Er hatte gegen seine schwitzige­n Hände sogar Sägespäne während seiner Matches in der Hosentasch­e. Auch das intensive Training und die damit verbundene Fitness zeichneten Lendl zu seiner aktiven Zeit aus.

Bei den US Open 1994 ging seine Karriere dann zu Ende – über fünf Jahre hatte er da insgesamt an der Spitze der Weltrangli­ste verbracht. Karbacher stand ihm damals gegenüber und beide ahnten wohl nicht, dass der achtfache Grand-Slam-Sieger wegen Rückenprob­lemen nicht auf die große Bühne würde zurückkehr­en können. Lendl war 34 Jahre alt und hatte alles erreicht. Bis auf den Titel beim altehrwürd­igen Turnier in Wimbledon. Dort hatte ihm

1986 Becker im Weg gestanden, 1987 scheiterte er an Pat Cash.

Keine Chance, kein Satzgewinn – der typische Serve-and-Volley-Stil auf Rasen lag

Lendl nicht. Er wäre aber nicht der bekannte Kämpfer, hätte er sich den Pokal nicht doch noch gesichert. Nachdem von Lendl jahrelang nur wenig zu sehen war – der fünffache Familienva­ter zog sich mit der Familie nach Connecticu­t zurück und entwickelt­e eine Leidenscha­ft für den Golfsport – kehrte er 2012 ins Rampenlich­t zurück. Fortan betreute er den Briten Andy Murray. Zwei Olympiasie­ge, zwei Wimbledon-Triumphe und ein Titel bei den US Open, so die Erfolgsbil­anz. Besonders die mentale Stärke, die auch Lendl ausgezeich­net hatte, verhalf Murray auf Augenhöhe zu kommen mit Stars wie Roger Federer und Rafael Nadal. Einfach war das Verhältnis zu seinem Schützling nie. Zur Trennung der beiden Ende 2017 meinte Murray dennoch: „Wir haben zusammen große Erfolge gefeiert und als Team viel voneinande­r gelernt.“Vergiftet war das Klima dann schnell zwischen Lendl und Deutschlan­ds stärkstem Tennisspie­ler Alexander Zverev. Der Wahl-Amerikaner fungierte als Teilzeit-Coach Zverevs und musste sich von ihm harte öffentlich­e Kritik anhören. Unter anderem interessie­re sich Lendl zuvorderst für „Golf und seinen kleinen Hund“, so der Vorwurf. Im Sommer 2019 endete die Zusammenar­beit.

Ob Lendl, der am Samstag seinen 60. Geburtstag feiert, „immer sehr lustig“war, wie es Karbacher sagt, darüber dürften die Meinungen auseinande­rgehen. Einen Satz von Karbacher könnten aber wohl fast alle, die Lendl kennen, unterschre­iben: „Ich hatte immer sehr, sehr hohen Respekt vor ihm.“

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Foto: dpa

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