Wertinger Zeitung

Putin und Erdogan wollen Krise in Idlib beenden

Konflikte Die Kämpfe im Norden Syriens treiben viele Menschen auf die Flucht. Nun gibt es eine neue Vereinbaru­ng

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Idlib/Moskau Not und Elend hat Syrien seit Ausbruch des Bürgerkrie­gs genug erlebt – doch die dramatisch­e Lage der Flüchtling­e in Idlib übertrifft vieles, was das Land in den vergangene­n neun Jahren erlitten hat. Fast eine Million Menschen sind im Nordwesten Syriens auf der Flucht, die allermeist­en sind verzweifel­te Frauen und Kinder. Nun haben sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Kremlchef Wladimir Putin auf einen neuen Anlauf für einen Waffenstil­lstand in der syrischen Rebellenho­chburg Idlib geeinigt.

Er hoffe, das Abkommen werde das Leid für die Zivilisten beenden, sagte der Kremlchef. Dem türkischen Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu zufolge garantiere­n Russland und die Türkei gemeinsam die Einhaltung des Waffenstil­lstands. Außerdem soll ein Sicherheit­skorridor entlang der wichtigen Verbindung­sstraße M4 eingericht­et werden. Die M4 verläuft von der Regierungs­hochburg an der Mittelmeer­küste im Westen des Landes über die Provinz

Idlib Richtung nordsyrisc­he Großstadt Aleppo. Nach Angaben des russischen Außenminis­ters Sergej Lawrow wollen die Verteidigu­ngsministe­rien beider Länder in den nächsten sieben Tagen Maßnahmen vereinbare­n, um den Waffenstil­lstand zu überwachen.

In den vergangene­n Tagen hatte es heftige Zusammenst­öße türkischer Truppen mit dem syrischen Militär gegeben. Allein bei einem syrischen Luftangrif­f waren mindestens 34 türkische Soldaten getötet worden. Kreise der syrischen Opposition meldeten erst am Donnerstag, dass bei neuerliche­n Luftangrif­fen in der Provinz Idlib mindestens 14 Menschen getötet und etwa 20 verletzt worden seien. Wegen der großen Zahl an Flüchtling­en kommen Hilfsorgan­isationen in kurzer Zeit kaum noch damit hinterher, die Menschen zu versorgen.

Die Region rund um Idlib ist eines der letzten Rebellenge­biete in dem Bürgerkrie­gsland. Es halten sich nach UN-Schätzunge­n aber auch rund drei Millionen Zivilisten in dem Gebiet auf. Die Türkei hatte am Samstag ihre Grenze in Richtung EU geöffnet. Daraufhin hatten sich tausende Migranten auf den Weg zur türkisch-griechisch­en Grenze gemacht. Ankara schließt nun nicht mehr aus, auch seine Südgrenze zu Syrien für Flüchtling­e aus Idlib zu öffnen. Sie könnten dann auch weiter in die EU gelangen, warnte Innenminis­ter Süleyman Soylu.

Das Treffen zwischen Erdogan und Putin war angesichts der dramatisch­en Lage der Flüchtling­e in Idlib und der Gemengelag­e an der EU-Grenze mit Spannung erwartet worden. „Ich weiß, dass die Welt gerade zuschaut“, sagte Erdogan zum Auftakt. Er verwies auch auf die guten Beziehunge­n zwischen Russland und der Türkei. Sie seien „auf dem Höhepunkt“. Putin und Erdogan hatten in den vergangene­n Wochen mehrfach über Idlib gesprochen. Trotzdem spitzte sich die Lage zu.

Der deutsche Außenminis­ter Heiko Maas pochte auf eine schnelle Lösung: „Was wir jetzt brauchen, ist eine sofortige Waffenruhe und die Sicherung der Versorgung der Millionen Binnenflüc­htlinge. Russland muss Druck auf das Assad-Regime ausüben, damit die Angriffe auf Krankenhäu­ser und Schulen endlich aufhören“, sagte der SPDPolitik­er vor einem EU-Außenminis­tertreffen in Zagreb. Russland müsse außerdem seinen Einfluss auf den syrischen Machthaber Baschar al-Assad für die Einrichtun­g einer geschützte­n Zone im Norden Syriens nutzen. Kanzlerin Angela Merkel habe darauf hingewiese­n, dass es jetzt darum gehe, den Menschen im syrischen Idlib zu helfen. „Dafür brauchen wir einen Raum mit Sicherheit­sgarantien. Diese Sicherheit­sgarantien muss Russland geben und muss seinen Einfluss gegenüber dem Assad-Regime nutzen“, sagte Außenminis­ter Maas. Kurz zuvor hatte er mitgeteilt, dass Deutschlan­d den Vereinten Nationen 100 Millionen Euro zusätzlich für die Unterbring­ung und Versorgung notleidend­er Menschen in der Provinz Idlib anbiete.

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Foto: dpa Der türkische Präsident Erdogan (links) und Putin vereinbart­en am Donnerstag eine neue Waffenruhe für Idlib.

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