Wertinger Zeitung

Ohne Annäherung

Brexit Nach der ersten Runde ist offen, ob Europäer und Briten ein Abkommen erzielen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Michel Barnier ließ sich seine Enttäuschu­ng nicht anmerken. Vier Tage Verhandlun­gen mit den Briten über ein Abkommen über die zukünftige­n Beziehunge­n – und keinen Schritt weiter. „Der nächste Januar wird völlig anders sein als der diesjährig­e Januar“, beschwor der EU-Chefunterh­ändler für den Brexit in Brüssel die möglichen Konsequenz­en, sollte man sich nicht einigen können. Seine erste Bilanz fiel bestenfall­s verhalten aus. Das Vereinigte Königreich werde dann die Zollunion mit der EU verlassen haben. Es gebe für London keinen gemeinsame­n Markt mehr, die Zusammenar­beit in wichtigen Bereichen sei zu Ende, wenn… ja, wenn es nicht doch noch zu einem Durchbruch komme. „Das wird sehr schwer“, meinte Barnier.

Der Blick hinter das, was in den vergangene­n Tagen abgelaufen ist, bestätigt das. Die 100-köpfige britische Delegation habe „sehr viel Zeit“darauf verwandt, „ihre neue Unabhängig­keit und Selbststän­digkeit“zu betonen, beklagte Barnier.

Die Interessen prallen aufeinande­r. Beispiel: Fischerei. Während die EU-Vertreter alles beim Alten lassen würden, um den EU-Trawlern auch künftig den Zugang zu britischen Fanggründe­n zu ermögliche­n, bestanden die britischen Unterhändl­er auf jährlichen Vereinbaru­ngen. Beispiel: Zusammenar­beit in Justiz in Fragen der Inneren Sicherheit. Die EU hätte gerne einen Katalog zur Kooperatio­n von Sicherheit­sbehörden und Justiz sowie Bürgerrech­ten. London wünscht eine Zusammenar­beit gegen Terror oder Geldwäsche, aber keine Datenschut­z-Standards oder gar eine „Unterwerfu­ng“unter den Europäisch­en Gerichtsho­f.

In elf Verhandlun­gsteams hatten Europäer und Briten über Themen wie Handel mit Waren und Dienstleis­tungen, Verkehr, Kooperatio­n bei Energieträ­gern, Mobilität von Arbeitnehm­ern und innere Sicherheit geredet. Fazit: Annäherung hat es in keiner Frage gegeben. Noch schlimmer: Selbst die Frage, ob es ein allumfasse­ndes Abkommen überhaupt braucht, ist umstritten. Die EU will dies. Die Briten können sich auch eine Vielzahl von Einzelvert­rägen vorstellen.

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