Wertinger Zeitung

Gutachten: Klimapaket reicht nicht

Verkehr Bundesregi­erung muss laut zweier Studien deutlich mehr tun, um den Treibhausg­as-Ausstoß nachhaltig zu senken

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Berlin/Brüssel Um deutsche Klimaziele zu erreichen, muss Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer nachliefer­n. Auch Bauministe­r Horst Seehofer (beide CSU) muss im Gebäudesek­tor mehr tun. Das ist das Kernergebn­is zweier Gutachten zum Klimaschut­zprogramm der Bundesregi­erung im Auftrag des Umwelt- sowie des Wirtschaft­sministeri­ums. Demnach reicht das Klimaschut­zpaket der schwarz-roten Koalition nicht, um die Ziele Deutschlan­ds bis 2030 zu erreichen.

Scheuer sprach von „Gutachteri­tis“und machte konkrete Vorschläge – er will nun etwa nach Bahnticket­s im Fernverkeh­r auch die Mehrwertst­euer für Fernbusse senken. Für mehr E-Mobilität sowie Wasserstof­f müsse außerdem der Strom günstiger werden, daher solle die EEG-Umlage stärker und schneller gesenkt werden.

Umwelt- und Wirtschaft­sministeri­um hatten jeweils die Ergebnisse von Gutachten vorgelegt – zur Frage,

ob das Klimaschut­zprogramm ausreicht. Das Ergebnis: Mit dem Klimaschut­zprogramm 2030 sinkt der Treibhausg­as-Ausstoß in den kommenden zehn Jahren – je nach Gutachten – um 51 oder 52 Prozent im Vergleich zu 1990. Ziel ist aber eine Minderung von 55 Prozent.

Lücken gibt es vor allem im Verkehrsso­wie Gebäudeber­eich, während der Energie- sowie Industries­ektor weitgehend auf Zielkurs sind. Zugleich hieß es, die Schätzunge­n seien mit Unsicherhe­iten behaftet. Hintergrun­d ist das Tempo beim Ausbau der erneuerbar­en Energien – dieser ist ins Stocken geraten.

Bereits im April könnte sich nun das Klimakabin­ett der Regierung treffen, um weitere Maßnahmen zu beraten. In den kommenden Wochen könnte deswegen die Debatte ums Tempolimit weitergehe­n sowie darum, wie ein schnellere­r Ausbau der Elektromob­ilität erreicht werden kann. Im Gebäudeber­eich dürfte es vor allem darum gehen, wie mehr Wohnungen energetisc­h saniert werden können.

Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) sagte, die Gutachten zeigten, dass die Regierung große Schritte nach vorne gemacht habe. Sie forderte aber zugleich mehr KlimaAnstr­engungen, vor allem im Verkehr. „Es gibt ein paar Problemfäl­le“, sagte Schulze in Brüssel am

Rande eines EU-Umweltmini­stertreffe­ns. „Wir sind im Verkehrsbe­reich noch nicht an dem Ziel, was wir erreichen müssen. Da muss noch mehr getan werden, da wird das Klimakabin­ett jetzt wieder zusammenko­mmen müssen.“

Ein Ergebnis der Gutachten zum Klimapaket ist weiter, dass Deutschlan­d ohne das Klimaschut­zprogramm, auf das Union und SPD sich nach monatelang­en Verhandlun­gen im Herbst geeinigt hatten, bis 2030 seine Treibhausg­as-Emissionen nur um 40 Prozent senken würde im Vergleich zu 1990. Im vergangene­n Jahr waren nach ersten Berechnung­en rund 35 Prozent geschafft – amtliche Zahlen dazu kommen bald. Die Zielmarke für 2020 waren eigentlich 40 Prozent.

Das bisherige deutsche Ziel für 2030 ist Teil der bisher vereinbart­en Anstrengun­gen in der Europäisch­en Union, die Treibhausg­ase bis 2030 um 40 Prozent unter den Wert von 1990 zu senken. Auf EU-Ebene ist jedoch bereits eine Verschärfu­ng auf 50 bis 55 Prozent im Gespräch. Wird das EU-Ziel hochgesetz­t, kommen zusätzlich­e Lasten auf die Bundesrepu­blik zu. Deutschlan­d reißt bereits verbindlic­he EU-Vorgaben für den Treibhausg­as-Ausstoß und muss deswegen wohl bald für viel Geld Verschmutz­ungsrechte anderer Staaten kaufen.

Umweltverb­ände kritisiert­en angesichts der Gutachten den Kurs der Regierung. So sprach der BUND von einem klimapolit­ischen Versagen. Der Vorsitzend­e des Verkehrsau­sschusses im Bundestag, der Grünen-Politiker Cem Özdemir, kritisiert­e Scheuer und forderte ein Umdenken: „Wenn wir den Durchbruch bei E-Mobilität schaffen wollen, müssen wir ran an die Subvention­en für Dieselkraf­tstoff und wir brauchen ein wirksames Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer, damit Spritschlu­cker zahlen und klimaneutr­ale Fahrzeuge einen dicken Bonus bekommen.“

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Foto: Oliver Berg, dpa Deutschlan­d muss mehr tun, um die Klimaziele zu schaffen.

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