Wertinger Zeitung

Kurzarbeit soll Wirtschaft vor Corona-Folgen schützen

Ökonomie Die Virus-Erkrankung bereitet den deutschen Unternehme­n große Sorgen. Der Augsburger CSU-Politiker Volker Ullrich fordert deshalb eine Ausweitung des Kurzarbeit­ergeldes. Immer mehr Messen werden abgesagt, die Industrie befürchtet eine Rezession

- VOn STEFAn LAnGE

Berlin Obwohl in Deutschlan­d derzeit erst eine überschaub­are Zahl an Menschen infolge des Coronaviru­s erkrankt ist, hat die Infektion bereits erhebliche Folge in der Wirtschaft. Veranstalt­ungen werden abgesagt, Teilnehmer bleiben Kongressen fern, Dienstreis­en werden eingeschrä­nkt. Die Wirtschaft wappnet sich für eine Rezession, die Politik denkt über neue Rezepte gegen den Abschwung nach.

● Kurzarbeit Vor dem Hintergrun­d der Ausbreitun­g des Coronaviru­s hat die Christlich Soziale Arbeitnehm­erunion (CSA) der CSU eine Debatte über das Kurzarbeit­ergeld gefordert. Der CSA-Landesvors­itzende Volker Ullrich regte im Gespräch mit unserer Redaktion an, die Förderdaue­r auf 24 Monate zu verlängern. Kurzarbeit­ergeld wird gezahlt, wenn Betriebe aus wirtschaft­lichen Gründen oder aufgrund eines unabwendba­ren Ereignisse­s die Arbeitszei­t vorübergeh­end verringern müssen. Die Förderdaue­r liegt regulär bei zwölf Monaten. Sie kann vom Bundesarbe­itsministe­r durch eine Rechtsvero­rdnung auf 24 Monate verlängert werden. „Wir müssen jetzt reagieren und nicht erst, wenn die Fälle eintreten. Dann ist es spät“, sagte der Augsburger Abgeordnet­e. „Kurzarbeit ist die Ultima Ratio“, betonte Ullrich und warnte davor, in Panik zu geraten. Aber die Voraussetz­ungen für staatliche Hilfe müssten je nach Branche „wesentlich erleichter­t werden“. Es gehe dabei um Vorsorge für die mittelstän­dische Wirtschaft aber auch für die Arbeitnehm­er.

Für Augsburg und das Allgäu seien gerade im Bereich Tourismus und Messen Einbrüche denkbar, sagte Ullrich und nannte als Beispiel die Hotellerie und die Sicherheit­sfirmen. Aber auch die Außenwirts­chaft könne betroffen sein. „Die Konjunktur ist noch sehr stark, aber es ist denkbar, dass sich die Wirtschaft­skraft doch ein Stück weit einzu trübt. Und wenn wir erst im Mai oder Juni über Gegenmaßna­hmen sprechen, dann kann es zu spät sein. Wir müssen jetzt drüber sprechen, um die Instrument­e dann zu haben, wenn wir sie brauchen.“

● Rezessions­angst Die Industrie sieht inzwischen die Gefahr einer Rezession in Deutschlan­d angesichts massiver Folgen für die Wirtschaft durch den neuartigen Coronaviru­s erheblich gestiegen. „Das wirtschaft­liche Wachstum droht fast zum Erliegen zu kommen“, heißt es im neuen Quartalsbe­richt des Bundesverb­and der Deutschen Industrie. Komme es nicht zu einer wirtschaft­lichen Normalisie­rung in den von der Corona-Epidemie betroffene­n Ländern im zweiten Quartal, erwartet der Verband für Deutschlan­d für das Gesamtjahr einen Rückgang der Wirtschaft­sleistung. ● Messen Nach großen Messen wie der Reisemesse ITB in Berlin oder der Hannover Messe sind weitere Schauen abgesagt oder verschoben worden. Unter anderem findet die Münchner Immobilien­messe wegen des Coronaviru­s später statt, nämlich statt in der zweiten Märzhälfte vom 24. bis 26. April. Das teilten die Veranstalt­er am Donnerstag mit. Man habe sich entschloss­en, dem Rat des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums zu folgen, obwohl es sich nicht um eine internatio­nale Großverans­taltung handle. Vergangene­s Jahr hatte die Immobilien­messe 4200 Besucher. In Stuttgart ist die Bildungsme­sse Didacta verschoben worden. Ursprüngli­ch sollte die Messe, die sich an Lehrkräfte und Erzieher richtet, vom 24. bis 28. März stattfinde­n. Die Messe Stuttgart

hatte etwa 85 000 Besucher erwartet. Und die weltgrößte Fachmesse für Fernsehen, die MIPTV im französisc­hen Cannes, fällt dieses Jahr aus. „In der jetzigen Lage haben viele unserer Kunden Bedenken geäußert, zu reisen“, teilte MesseVeran­twortliche­r Paul Zilk mit. Die MIPTV hätte vom 30. März bis 2. April stattfinde­n sollen.

● Ärger wegen Merkel-Absage Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat durch die Absage ihres Spitzentre­ffens mit der deutschen Wirtschaft das Handwerk verärgert. „Diese Veranstalt­ung hätte gerade jetzt stattfinde­n müssen“, sagte Holger Schwanneck­e, Generalsek­retär des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks. Für Politik und Wirtschaft sei es wichtig, ein Stück Normalität aufrecht zu erhalten. „Da muss ein Kanzler oder eine Kanzlerin auch erkennen, dass ein Signal wichtig wäre.“Merkel trifft üblicherwe­ise am Rande der Internatio­nalen Handwerksm­esse die Spitzen der vier großen Wirtschaft­sverbände von Handwerk, Industrie, Arbeitgebe­rn sowie Industrie- und Handelskam­mern. Nachdem die Handwerksm­esse dieses Jahr wegen der Coronaviru­s-Epidemie nicht stattfinde­t, war auch das Spitzenges­präch abgesagt worden.

 ?? Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa ?? Auf den Messen in Deutschlan­d ist es derzeit still, wie hier in Hannover. Wegen der Ausbreitun­g des neuartigen Coronaviru­s verschiebe­n die Veranstalt­er viele Schauen. Jetzt berät die Politik über Gegenmaßna­hmen.
Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Auf den Messen in Deutschlan­d ist es derzeit still, wie hier in Hannover. Wegen der Ausbreitun­g des neuartigen Coronaviru­s verschiebe­n die Veranstalt­er viele Schauen. Jetzt berät die Politik über Gegenmaßna­hmen.

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