Kurzarbeit soll Wirtschaft vor Corona-Folgen schützen
Ökonomie Die Virus-Erkrankung bereitet den deutschen Unternehmen große Sorgen. Der Augsburger CSU-Politiker Volker Ullrich fordert deshalb eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes. Immer mehr Messen werden abgesagt, die Industrie befürchtet eine Rezession
Berlin Obwohl in Deutschland derzeit erst eine überschaubare Zahl an Menschen infolge des Coronavirus erkrankt ist, hat die Infektion bereits erhebliche Folge in der Wirtschaft. Veranstaltungen werden abgesagt, Teilnehmer bleiben Kongressen fern, Dienstreisen werden eingeschränkt. Die Wirtschaft wappnet sich für eine Rezession, die Politik denkt über neue Rezepte gegen den Abschwung nach.
● Kurzarbeit Vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Coronavirus hat die Christlich Soziale Arbeitnehmerunion (CSA) der CSU eine Debatte über das Kurzarbeitergeld gefordert. Der CSA-Landesvorsitzende Volker Ullrich regte im Gespräch mit unserer Redaktion an, die Förderdauer auf 24 Monate zu verlängern. Kurzarbeitergeld wird gezahlt, wenn Betriebe aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses die Arbeitszeit vorübergehend verringern müssen. Die Förderdauer liegt regulär bei zwölf Monaten. Sie kann vom Bundesarbeitsminister durch eine Rechtsverordnung auf 24 Monate verlängert werden. „Wir müssen jetzt reagieren und nicht erst, wenn die Fälle eintreten. Dann ist es spät“, sagte der Augsburger Abgeordnete. „Kurzarbeit ist die Ultima Ratio“, betonte Ullrich und warnte davor, in Panik zu geraten. Aber die Voraussetzungen für staatliche Hilfe müssten je nach Branche „wesentlich erleichtert werden“. Es gehe dabei um Vorsorge für die mittelständische Wirtschaft aber auch für die Arbeitnehmer.
Für Augsburg und das Allgäu seien gerade im Bereich Tourismus und Messen Einbrüche denkbar, sagte Ullrich und nannte als Beispiel die Hotellerie und die Sicherheitsfirmen. Aber auch die Außenwirtschaft könne betroffen sein. „Die Konjunktur ist noch sehr stark, aber es ist denkbar, dass sich die Wirtschaftskraft doch ein Stück weit einzu trübt. Und wenn wir erst im Mai oder Juni über Gegenmaßnahmen sprechen, dann kann es zu spät sein. Wir müssen jetzt drüber sprechen, um die Instrumente dann zu haben, wenn wir sie brauchen.“
● Rezessionsangst Die Industrie sieht inzwischen die Gefahr einer Rezession in Deutschland angesichts massiver Folgen für die Wirtschaft durch den neuartigen Coronavirus erheblich gestiegen. „Das wirtschaftliche Wachstum droht fast zum Erliegen zu kommen“, heißt es im neuen Quartalsbericht des Bundesverband der Deutschen Industrie. Komme es nicht zu einer wirtschaftlichen Normalisierung in den von der Corona-Epidemie betroffenen Ländern im zweiten Quartal, erwartet der Verband für Deutschland für das Gesamtjahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung. ● Messen Nach großen Messen wie der Reisemesse ITB in Berlin oder der Hannover Messe sind weitere Schauen abgesagt oder verschoben worden. Unter anderem findet die Münchner Immobilienmesse wegen des Coronavirus später statt, nämlich statt in der zweiten Märzhälfte vom 24. bis 26. April. Das teilten die Veranstalter am Donnerstag mit. Man habe sich entschlossen, dem Rat des bayerischen Gesundheitsministeriums zu folgen, obwohl es sich nicht um eine internationale Großveranstaltung handle. Vergangenes Jahr hatte die Immobilienmesse 4200 Besucher. In Stuttgart ist die Bildungsmesse Didacta verschoben worden. Ursprünglich sollte die Messe, die sich an Lehrkräfte und Erzieher richtet, vom 24. bis 28. März stattfinden. Die Messe Stuttgart
hatte etwa 85 000 Besucher erwartet. Und die weltgrößte Fachmesse für Fernsehen, die MIPTV im französischen Cannes, fällt dieses Jahr aus. „In der jetzigen Lage haben viele unserer Kunden Bedenken geäußert, zu reisen“, teilte MesseVerantwortlicher Paul Zilk mit. Die MIPTV hätte vom 30. März bis 2. April stattfinden sollen.
● Ärger wegen Merkel-Absage Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat durch die Absage ihres Spitzentreffens mit der deutschen Wirtschaft das Handwerk verärgert. „Diese Veranstaltung hätte gerade jetzt stattfinden müssen“, sagte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Für Politik und Wirtschaft sei es wichtig, ein Stück Normalität aufrecht zu erhalten. „Da muss ein Kanzler oder eine Kanzlerin auch erkennen, dass ein Signal wichtig wäre.“Merkel trifft üblicherweise am Rande der Internationalen Handwerksmesse die Spitzen der vier großen Wirtschaftsverbände von Handwerk, Industrie, Arbeitgebern sowie Industrie- und Handelskammern. Nachdem die Handwerksmesse dieses Jahr wegen der Coronavirus-Epidemie nicht stattfindet, war auch das Spitzengespräch abgesagt worden.